Bei mir wohnt der Narr
Fritz Mühlemann erzählt in Traumbildern und Traumtexten vom Winter in Wien, schreibt seine Bildsprache in die Zeitgeschichte ein, erzählt von der Ankunft der Saatkrähen aus Russland, von der Einweisung Rookes auf den Steinhof und von ihren Liedern aus dem Land anderswo Rabenblühn…
Im Wien des angehenden 20. Jahrhunderts wird mit dem Steinhof
eine neue Anstalt für Geisteskranke auf die grüne Wiese gestellt
und eingefriedet mit einer vier Kilometer langen Backsteinmauer
zuoberst auf dem Hügel krönt Otto Wagners Kirche die Anlage
ein Abgeordneter meint im Landtag
die goldene Kuppel der Kirche werde weithin glänzen
so dass die Ungarn sagen können
dort wohnen die Narren
Rooke aber schreibt in der Klinik an ihrer eigenen Poesie
bei mir wohnt der Narr
aha sagt dieser
mit seinen zwei Hörnern
im Heiligenschein
Jahr für Jahr beziehen Zehntausende von Saatkrähen in den Wäldchen des Anstaltsgeländes
für das Winterhalbjahr ihr Schlafquartier
bringen Nachrichten von draussen weither von Mütterchen Russland
jagen tagsüber mit dem sarmatischen Wind durch die Strassen und Pärke von Wien
Proiectum stellt Bilder und Texte aus diesem Wienerprojekt aus. An der Vernissage wird die Schauspielerin und Sprecherin Michaela Wendt Texte von Fritz Mühlemann vorlesen.
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