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Liebe Vereinsmitglieder, Freundinnen und Freunde des Schweizerischen Sozialarchivs

Der aktuelle Sommer hält uns mit ungewöhnlichen Spitzentemperaturen im Schwitzkasten. Der Sommer 1968 war politisch heiss - vor einem halben Jahrhundert bildete der Globuskrawall den Höhepunkt der Schweizer 68-er Bewegung. Christian Koller zeichnet die damaligen Geschehnisse anhand von vielfältigen Quellen aus dem Fundus des Sozialarchivs nach und zeigt welche Auswirkungen die damaligen Auseinandersetzungen heute noch haben.

Unsere Bild und Ton Abteilung freut sich über die Vervollständigung des WWF-Audioarchivs. Einzigartige musikalische Produktionen des WWF-Labels Panda-Records und Der Gesang der Wale, zeigen wie meisterlich der WWF agiert, wenn es darum geht Aufmerksamkeit für die eigenen Anliegen zu generieren.  

Wir päsentieren Ihnen auch einen Einblick in das Projekt "SLSP", dass die Schweizerische Bibliothekslandschaft im Hinblick auf Service revolutionieren möchte und natürlich finden Sie wieder wie gewohnt viele weitere nützliche und interessante Informationen und Neuigkeiten aus allen Bereichen des Schweizerischen Sozialarchivs - Veranstaltungen, Kooperationen, Hintergrundeinblicke, überraschende Buchtipps und mehr. Selbstverständlich erhalten Sie auch dieses Mal unsere Zuwachslisten für die Monate Mai und Juni 2018.

Wir freuen uns über Ihr Feedback und wünschen wie immer viel Spass beim Erkunden des Newsletters.
 
Vassil Vassilev, Leiter Benutzung
 
 

Vor 50 Jahren: Der Globuskrawall und sein Umfeld


Beginn der Demonstration vor dem Globusprovisorium am 29. Juni 1968 (SozArch F Na-0001-098)

In der Nacht vom 29. auf den 30. Juni 1968 lieferten sich in Zürich jugendliche DemonstrantInnen und die Polizei eine stundenlange Strassenschlacht. Das als „Globuskrawall“ in die Annalen eingegangene Ereignis gilt gemeinhin als Schlüsselmoment von „68“ in der Schweiz. Weltweit gab es um 1968 eine grosse Zahl von Protestbewegungen, die in vielen, aber durchaus nicht allen Fällen stark von der studentischen Jugend getragen waren. Sie reichten von der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung und Protesten gegen den Vietnam-Krieg in den USA über die westdeutsche Studentenbewegung, die mit dem Anschlag auf Rudi Dutschke am 11. April 1968 einen Wendepunkt erreichte, den französischen „Mai 68“ mit massiven studentischen Protesten und einem „wilden“ Generalstreik sowie grossen Demonstrationen in so unterschiedlichen Ländern wie Grossbritannien, Italien, Japan, den Niederlanden, Mexiko und der Volksrepublik Polen bis hin zur reformkommunistischen Bewegung des Prager Frühlings in der Tschechoslowakei (vgl. SozialarchivInfo 1/2018). Diese und weitere Bewegungen waren, wie es die Historikerin Brigitte Studer 2009 treffend formuliert hat, gekennzeichnet von einer Wechselbeziehung „transnationaler Muster“ und „lokaler Aneignungen“: Grenz- und teilweise kontinentübergreifende Themen (wie der Vietnam-Krieg) und Stossrichtungen, unkonventionelle Aktionsformen, ein rebellischer Habitus sowie die Verwendung gemeinsamer Ikonen (die teilweise zum Aufbegehren gegen Autoritäten und Autoritäres in krassem Widerspruch standen) verbanden sich mit Anliegen und konkreten Forderungen, die den je spezifischen lokalen Verhältnissen geschuldet waren.


Polizisten errichten eine Absperrung (SozArch F Na-0001-076)


Sitzblockade auf den Tramgleisen (SozArch F Na-0001-108)


Demonstrationsbeteiligung aus der Rockerszene (SozArch F Na-0001-122)


Räumungsversuch mit Knüppeln und Feuerwehrschläuchen (SozArch F Na-0001-158)

Dies trifft auch auf die Vorgänge in Zürich zu: Dem Globuskrawall waren Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und der Polizei anlässlich der Konzerte der Rolling Stones am 14. April 1967 und von Jimi Hendrix am 31. Mai 1968 im Hallenstadion vorangegangen. Im Juni konstituierte sich ein „Provisorisches Aktionskomitee für ein autonomes Jugendzentrum“, das ein jahrzehntealtes Postulat wieder aufgriff. Am 29. Juni versammelten sich vor dem heute wieder in Diskussion stehenden Globusprovisorium, das damals erst acht Jahre alt war, rund 2'000 Personen und forderten die Einrichtung eines autonomen Jugendzentrums in dem Gebäude. Nach einem polizeilichen Versuch, das verkehrstechnisch wichtige Gelände mittels Abspritzen aus Feuerwehrschläuchen von DemonstrantInnen zu räumen, eskalierte die Situation. Aus der Menge wurden Flaschen und Steine geworfen. Die Polizei ging mit Knüppeln gegen die DemonstrantInnen vor und verhaftete insgesamt 169 Personen. Die Auseinandersetzungen weiteten sich auf verschiedene Schauplätze in der Innenstadt aus und dauerten bis in die frühen Morgenstunden. Die Verhafteten wurden im Keller des Globusprovisoriums festgehalten und teilweise von der Polizei schwer misshandelt. Insgesamt wurden bei den Krawallen 19 DemonstrantInnen sowie 22 Polizisten und Feuerwehrleute verletzt.

Die Schweizer Öffentlichkeit reagierte auf die Ausschreitungen und den Polizeieinsatz gespalten. Dies widerspiegelt sich im einschlägigen Pressedossier des Sozialarchivs: Der „Blick“ schrieb von einer „Blut-Nacht“. Bürgerliche Blätter gingen mit den DemonstrantInnen harsch ins Gericht, während auf der Linken der Polizeieinsatz scharf kritisiert wurde. Am 5. Juli erschien im „Volksrecht“ ein Aufruf, der von 21 Personen aus Politik, Kultur und Wissenschaft, unter anderem Max Frisch, unterzeichnet war: das Zürcher Manifest. In dem „Aufruf zur Besinnung“ wurden die Unruhen als Folge „unzulänglicher Gesellschaftsstrukturen“ und der „Unbeweglichkeit unserer Institutionen“ gedeutet, die sich nicht den veränderten Bedürfnissen der Menschen anpassten und die Entfaltung schöpferischer Minderheiten verhinderten. Die Gruppe der Unterzeichner entwickelte sich rasch zu einer mitgliederstarken Arbeitsgemeinschaft, deren Akten heute im Sozialarchiv greifbar sind. Sie forderte einen öffentlichen Dialog und die Wiederherstellung des Demonstrationsrechts.


Verletzter Demonstrant (SozArch F Na-0001-179)

Vom 4. bis 9. September 1968 fand im Centre Le Corbusier im Seefeld die Veranstaltung „6 Tage Zürcher Manifest“ statt. In ihrem Rahmen hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich anhand einer Wandzeitung zu unterschiedlichen Themen zu äussern. Rund 400 handbeschriebene und 50 gedruckte Plakate gelangten nach Abschluss der Veranstaltung ins Sozialarchiv. Die Themenvielfalt widerspiegelt die damals zur Diskussion stehenden Inhalte. So wurde scharf gegen Polizeigewalt protestiert und ein autonomes Jugendzentrum gefordert. Neben diesen lokalen Belangen fanden sich auch die Themen der internationalen 68er-Bewegung: Vietnam, Pazifismus, sexuelle Befreiung, Prager Frühling, die Diktaturen in Spanien und Griechenland, Frauenrechte, Schul- und Universitätsreformen.


Diskussionsprogramm des "Zürcher Manifests" im September 1968 (SozArch F 5093-Pb-009)

Letztere waren gerade auch an der Uni Zürich ein zentraler Diskussionspunkt. Neben und teilweise in eigentümlicher Verknüpfung mit Utopien einer allgemeinen Weltverbesserung engagierten sich verschiedene studentische Gruppierungen für ganz konkrete und wenig revolutionäre Anliegen wie bessere Betreuungsverhältnisse, mehr Räumlichkeiten, bessere Gliederung des Studiums, moderne Lehrformen und gegen das obligatorische Lizenziat und den Numerus Clausus. Daneben standen Forderungen nach Demokratisierung des Hochschulwesens, studentischer Mitbestimmung und Autonomie der Universität. Im Juli 1968 legte die Universitätsleitung den Entwurf für ein neues Universitätsgesetz vor (das schliesslich erst 1998 nach drei Jahrzehnten Debatten Realität werden sollte!), im November veranstalteten die Studierenden ein Teach-in zur Uni-Reform. 1969 startete eine sogenannte Experimentierphase zur Sammlung von Erfahrungen mit der Mitbestimmung. Eine Änderung der Universitätsordnung erlaubte die Einsitznahme von Ständevertretungen in den Fakultätsversammlungen und in verschiedenen Instituten (etwa im Historischen Seminar) wurden drittelsparitätische Entscheidungsgremien geschaffen, die bis in die frühen 70er Jahre bestanden. Erst im Sommer 1971 kam es zu Vorgängen, die entfernt an den Pariser Mai erinnerten: Während einer „antifaschistischen und antikapitalistischen Informationswoche“, bei der im Lichthof des Uni-Hauptgebäudes grosse Porträts von Marx und Engels, Lenin und Mao prangten, liess der seit wenigen Tagen im Amt befindliche Erziehungsdirektor Alfred Gilgen die Uni für eine Woche schliessen. Gilgen sollte dann für fast ein Vierteljahrhundert zum Feindbild mehr oder weniger rebellischer SchülerInnen und StudentInnen werden.


Freie Liebe statt korrektes Latein: Aus der Wandzeitung im Centre Le Corbusier (SozArch F 5093-Za-009)


Und ewig lockt die Studienreform: Diskussionsrunde der "Fortschrittlichen Studentenschaft Zürich" (SozArch F 5093-Zc-012)

Die Forderung nach einem autonomen Jugendzentrum, die den Ausgangspunkt des Globuskrawalls gebildet hatte, wurde von der Stadt Zürich nach langwierigen Verhandlungen Ende 1970 mit der Öffnung des Lindenhofbunkers erfüllt. Schon nach zwei Monaten aber wurde der Raum, wo sich zwischenzeitlich eine „Autonome Republik“ konstituiert hatte, wegen zunehmender Drogenfälle polizeilich geräumt und wieder geschlossen. Das Thema Autonomes Jugendzentrum blieb indessen auf dem Tapet und sollte zu Beginn der 80er Jahre nochmals zum Katalysator einer Zürcher Jugendbewegung werden, die die Schweiz jahrelang in Atem hielt.


"Satisfaction ist möglich, Rebellion ist berechtigt!": Flyer der Jungen Sektion der PdA nach dem Rolling-Stones-Konzert von 1967
(SozArch F Fd-0002-16)

„68“ in der Schweiz bestand indessen keineswegs nur aus dem Globuskrawall in Zürich. In anderen Städten kam es ebenfalls zu zahlreichen Protestaktionen und Demonstrationen. Betroffen waren Universitätsstädte wie Genf, Lausanne, Neuchâtel, Bern und Basel, aber zum Beispiel auch das Lehrerseminar Locarno, wo Studierende bereits am 8. März 1968 die Aula besetzten. Im Kanton Waadt setzte der Staatsrat im Herbst 1968 eine geheime „Commission des troubles estudiantins“ ein, die aus dem kantonalen Polizeikommandanten, Schul- und Hochschulrektoren sowie Vertretern der Kantonsverwaltung bestand und bis 1976 existierte.

Waren diese Ereignisse Katalysatoren der Neuen Linken und zahlreicher von ihr inspirierter sozialer Bewegungen, so hatten sich schon in den Jahren zuvor verschiedene Organisationen gebildet, die dann auch 1968 eine Rolle spielen sollten. Erwähnt seien hier einige Gruppierungen, deren Akten sich im Sozialarchiv befinden: Die Fortschrittliche Studentenschaft Zürich (FSZ) war im Sommer 1963 mit dem Ziel entstanden, „den Kampf aus den Mauern der Universität hinaus in die Stadt zu tragen“. Ein zentrales Thema wurde dabei der Vietnam-Krieg. Am traditionellen Fackelzug des Dies academicus 1968 veranstaltete die FSZ eine (angekündigte) Störaktion in Gestalt des Mitführens von Transparenten, am 1. Juni organisierte sie ein Teach-in zu den Mai-Ereignissen in Paris und kurz darauf gehörte sie zu den Organisatorinnen der Demonstration, die in den Globus-Krawall münden sollte. Gegenspielerin der FSZ an der Uni Zürich war die Liberale Studentenschaft (LSZ), die sich für Hochschulreformen stark machte, aber jegliche revolutionären Aktivitäten ablehnte.


Der Kampf gegen James Schwarzenbachs Anti-Immigrationsbewegung gehörte zu den Schwerpunkten der "Fortschrittlichen Arbeiter, Schüler und Studenten" (SozArch F 5093-Pb-002)

In Lausanne entstanden 1963/64 erste maoistische Gruppierungen, die sich im Gefolge von 1968 zur Kommunistischen Partei der Schweiz/Marxisten-Leninisten (KPS/ML) konstituierten und als von der Volksrepublik China anerkannte Vertretung des helvetischen Maoismus auch in die Deutschschweiz expandierten. In Zürich bildete sich 1964 die Junge Sektion der Partei der Arbeit, die mit der Mutterpartei bald in ideologische, sachpolitische und organisationstheoretische Konflikte geriet und 1969 aufgelöst wurde. Sie arbeitete mit anderen neulinken Gruppierungen zusammen, so mit der FSZ und der 1967 entstandenen FASS (Fortschrittliche Arbeiter, Schüler und Studenten). FSZ und FASS zerfielen um 1970, bildeten aber eine Rekrutierungsbasis für verschiedene „spät-68er“ Neugründungen wie die Revolutionäre Aufbauorganisation Zürich (RAZ), die Revolutionäre Marxistische Liga (RML), die den helvetischen Trotzkismus auf eine breitere Basis stellte als die Vorläufergrüppchen seit den 30er Jahren, oder die von Basel ausgehenden Progressiven Organisationen (POCH), die sich bald auch parlamentarisch etablierten.

Weit über solche Gruppierungen, die teilweise sektenhafte Züge annehmen sollten, hinaus beeinflusste „68“ aber auch die „neuen“ sozialen Bewegungen ab den 70er Jahren, deren sehr breites thematisches Spektrum etwa die Ökologie, Geschlechterpolitik, die „Dritte Welt“ oder die Abrüstung umfasste, sowie die politische Kultur generell und das gesellschaftliche und kulturelle Klima. Die Interpretationen und Deutungen gehen allerdings nach wie vor auseinander. Brigitte Studer hat dazu grob vier Positionen skizziert: Eine erste verwirft „68“ als Ursprung zahlreicher Missstände der Gegenwart – vom Drogenproblem (vgl. SozialarchivInfo 5/2017) über Jugendgewalt bis hin zu einem allgemeinen „Wertezerfall“. Zugleich haben VertreterInnen solcher Positionen aber teilweise Aktionsformen und habituelle Muster der „68er“ kopiert und an ihre weltanschaulichen Bedürfnisse angepasst. Eine zweite Deutung tendiert dazu, den Einfluss von „68“ zu minimieren. „68“ erscheint in dieser Sichtweise weniger als Katalysator denn als Beiprodukt eines generellen gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Wandels am Ende der Nachkriegsperiode. Eine dritte Position reduziert den Einfluss von „68“ weitgehend auf den kulturellen Bereich, von neuen musikalischen Praxen über alternative Wohnformen und sexuelle Befreiung bis zum Rauschgiftkonsum, misst ihm dagegen eine geringe politische Wirkung zu. Eine vierte Position dagegen sieht „68“ als Ausgangspunkt einer (in der Regel als positiv betrachteten) Repolitisierung der Gesellschaft, die im Zeichen von Hochkonjunktur und Massenkonsum seit etwa 1950 träge geworden und dann ab den späten 60ern neu aufgemischt worden sei. Der Umstand, dass die Deutungen von „68“ auch heute, nach dem Eintritt seiner ProtagonistInnen ins Rentenalter, kein rein fachhistorisches Thema sind, sondern weiterhin Gegenstand politischer und kultureller Kontroversen, verweist auf dessen Charakter als Epochenjahr.

Christian Koller

Material zum Thema im Sozialarchiv (Auswahl):

Archiv
  • Ar 4 Liberale Studentenschaft Zürich (LSZ)
  • Ar 10 Verband der Schweizerischen Studentenschaften (VSS)
  • Ar 13 Verband Schweizer Medizinstudenten
  • Ar 26 Revolutionäre Aufbauorganisation Zürich (RAZ)
  • Ar 56 POCH Zürich
  • Ar 59 RML/SAP Zug
  • Ar 61 RML/SAP Schaffhausen
  • Ar 65 Revolutionäre Marxistische Liga (RML)
  • Ar 66 POCH Bern
  • Ar 75 Bresche Hochschulgruppe Zürich
  • Ar 79 RML/SAP Zürich
  • Ar 169 Vorlass Jochi Peter Weil
  • Ar 201.35 Fortschrittliche Studentenschaft Zürich (FSZ)
  • Ar 201.36 Fortschrittliche Arbeiter, Schüler und Studenten (FASS)
  • Ar 201.76 Autonome Republik Bunker
  • Ar 201.89 Dokumentation Umberto Blumati
  • Ar 201.101 Verein Zürcher Jugendhaus
  • Ar 201.207 Kommunistische Partei der Schweiz/Marxisten-Leninisten
  • Ar 201.216 Ausstellung „A walk on the wild side“
  • Ar 201.218 Arbeitsgemeinschaft Zürcher Manifest
  • Ar 455 Dokumentation Wo-Wo-Wonige! Stadt- und wohnpolitische Bewegungen in Zürich nach 1968
  • Ar 465 Frauenbefreiungsbewegung Zürich (FBB) / Autonomes Frauenzentrum Zürich
  • Ar 493 ROPRESS – Sammlung von Auftrags-Lauftaschen mit Belegexemplaren
  • Ar 608 Dokumentation H. Schenkel: Neue Linke nach 1968
  • Ar 638.10.12 Sammlung Markus Bürgi: Studentenpolitik und Geschichte der Arbeiterbewegung


Archiv Bild+Ton
  • F 5038 Wo-Wo-Wonige! Stadt- und wohnpolitische Bewegungen in Zürich nach 1968
  • F 5063 Häuserbesetzung Venedigstrasse 1971
  • F 5093 Zürcher Manifest


Sachdokumentation
  • KS 335/40b Kommunistische Jugend
  • KS 335/41a-d Jugendunruhen; Studentenbewegung; 1968er Bewegung: Schweiz
  • QS 15.4 Hochschulen, Universitäten; Hochschulpolitik        
  • QS 36.3 C Demonstrationen, Krawalle; Protest: Schweiz         
  • QS 38.61 Progressive Organisationen der Schweiz
  • QS 38.62 Revolutionäre Marxistische Liga (RML); Sozialistische Arbeiterpartei der Schweiz (SAP)
  • QS 57.6 C Neue Linke; Ausserparlamentarische Opposition (APO): Schweiz
  • QS 68.6 Jugendhäuser; Jugendtreffs; Jugendherbergen
  • ZA 15.4 *22 Universität Zürich
  • ZA 36.3 C *1 Jugendunruhen, Krawalle in Zürich: Globuskrawall 1968 & seine Folgen
  • ZA 38.62 Revolutionäre Marxistische Liga (RML); Sozialistische Arbeiterpartei der Schweiz (SAP)
  • ZA 57.6 C Neue Linke; Ausserparlamentarische Opposition (APO): Schweiz
  • ZA 58.02 C Vierte Internationale; Trotzkismus: Schweiz
  • ZA 68.6 *1 Jugendhäuser; Jugendtreffs

Bibliothek
  • Behre, Silja: Bewegte Erinnerung: Deutungskämpfe um „1968“ in deutsch-französischer Perspektive. Tübingen 2016, 134484
  • Billeter, Fritz und Peter Killer (Hg.): 68 – Zürich steht Kopf: Rebellion, Verweigerung, Utopie. Zürich 2008, Gr 11987
  • Brown, Timothy Scott: The global sixties in sound and vision: Media, counterculture, revolt. New York 2014, 133049
  • Bude, Heinz: Adorno für Ruinenkinder: Eine Geschichte von 1968. München 2018, 138246
  • Caviezel, Werner: 68er-Bewegung in Graubünden: Erinnerungen und Erlebnisse. Chur 2017, 138312
  • Challand, Benoît: La Ligue marxiste révolutionnaire en Suisse romande (1969–1980). Fribourg 2000, 114644
  • Ebbinghaus, Angelika: Die 68er: Schlüsseltexte der globalen Revolte. Wien 2008, 119094
  • Frei, Norbert: 1968: Jugendrevolte und globaler Protest. München 2008, 119000
  • Fuhrer, Armin: 1968: Ein Jahr verändert Deutschland. Berlin 2017, Gr 14473
  • Geiser, Samuel et al.: Revolte, Rausch und Razzien: Neunzehn 68er blicken zurück. Bern 2018, 138311
  • Gilcher-Holtey, Ingrid: 1968 – vom Ereignis zum Mythos. Frankfurt/M 2008, 119144
  • Gilcher-Holtey, Ingrid: A revolution of perception? Consequences and echoes of 1968. New York 2014, 130850
  • Hattstein, Markus und Christoph Marx: Imagine: Die 68er und die Weltrevolution. Stuttgart 2018, in Bearbeitung
  • Hebeisen, Erika et al. (Hg.): Zürich 68: Kollektive Aufbrüche ins Ungewisse. Baden 2008, Gr 11993
  • Heinen, Jacqueline: 1968... des années d'espoir: Regards sur la ligue marxiste révolutionnaire/parti socialiste ouvrier. Lausanne 2018, 138936
  • Hodenberg, Christina von: Das andere Achtundsechzig: Gesellschaftsgeschichte einer Revolte. München 2018, 138405
  • Klimke, Martin: 1968 in Europe: A history of protest and activism, 1956–1977. New York 2008, 119337
  • Klotter, Christoph: Männergruppen – Politsex – Entgrenzung: Zu den Folgen der 68er Revolte. Lengerich 2015, 132099
  • Kraushaar, Wolfgang: 1968: 100 Seiten. Ditzingen 2018, 138709
  • Linke, Angelika und Joachim Scharloth (Hg.): Der Zürcher Sommer 1968: Zwischen Krawall, Utopie und Bürgersinn. Zürich 2008, Gr 12109
  • Mäder, Ueli: 68 – was bleibt? Zürich 2018, 138865
  • Nigg, Heinz: Wir sind wenige, aber wir sind alle: Biografien aus der 68er-Generation in der Schweiz. Zürich 2008, 119184
  • Rathkolb, Oliver: Das Jahr 1968 – Ereignis, Symbol, Chiffre. Göttingen 2010, 124479
  • Regli, Daniel: Die 68er-Falle: Fluchtwege aus dem Desaster der neuen Linken. Zürich 2005, 116355
  • Rentsch, Lena: Die Junge Sektion der PdA Zürich und die PdA: Ein exemplarischer Konflikt zwischen der Neuen und der Alten Linken. Lizentiatsarbeit Universität Zürich 2014, Gr 13295
  • Rueb, Franz: Rübezahl spielte links aussen: Erinnerungen eines Politischen. Zürich 2009, 121519
  • Schär, Bernhard C. et al.: Bern 68: Lokalgeschichte eines globalen Aufbruchs – Ereignisse und Erinnerungen. Baden 2008, Gr 11992
  • Schaufelbuehl, Janick Marina: 1968–1978, ein bewegtes Jahrzehnt in der Schweiz. Zürich 2009, 121873
  • Schulz, Kristina et al.: Frauenbewegung – Die Schweiz seit 1968: Analysen, Dokumente, Archive. Baden 2014, 130444
  • Seitenbecher, Manuel: Mahler, Maschke & Co.: Rechtes Denken in der 68er-Bewegung? Paderborn 2013, 128226
  • Siegfried, Detlef: 1968: Protest, Revolte, Gegenkultur. Ditzingen 2018, Gr 14492
  • Skenderovic, Damir: 1968 – Revolution und Gegenrevolution: Neue Linke und Neue Rechte in Frankreich, der BRD und der Schweiz. Basel 2008, 120056
  • Skenderovic, Damir und Christina Späti: Die 1968er-Jahre in der Schweiz: Aufbruch in Politik und Kultur. Baden 2012, 127097
  • Sorg, Eugen und Res Strehle: Mein Leben als 68er. Basel 2008, 119576
  • Spori, Melanie: Die 68er an der Universität Bern: Die Professorenschaft und ihre Herausforderungen während den studentischen Unruhen von 1968–1975. Saarbrücken 2012, 134449
  • Studer, Brigitte: Neue politische Prinzipien und Praktiken: Transnationale Muster und lokale Aneignungen in der 68er Bewegung, in: Schaufelbuehl, Janick Marina: 1968–1978, ein bewegtes Jahrzehnt in der Schweiz. Zürich 2009. S. 37-52, 121873
  • Weber, Georg et al.: Rebellion unter Laubenbögen: Die Berner 1968er Bewegung. Basel 2017, 137685
  • Weibel, Benedikt: Das Jahr der Träume: 1968 und die Welt von heute. Zürich 2017, 137468
  • Wir sind, was wir erinnern: Zur Geschichte der Studierenden der Uni Zürich von 1968 bis 2008. Hg. Studierendenrat der Universität Zürich. Zürich 2008, 119267
  • Wisler, Dominique: Drei Gruppen der Neuen Linken auf der Suche nach der Revolution. Zürich 1996, 99487

Periodika
  • Agitation: Zeitschrift der fortschrittlichen Arbeiter, Angestellten, Schüler und Studenten, 1969-73, N 1256
  • Alternative: Die andere Urner Zeitung, 1973-2000, N 3206
  • Anarchistische Blätter, 1971-73, D 4378
  • Betriebskampf, 1971-75, D 3098
  • Bresche: Organ der Revolutionären Marxistischen Liga, 1971-94, Z 562             
  • La Brèche: Organ bimensuel de la Ligue marxiste révolutionnaire, 1969-94, Z 560        
  • Diskussions-Dokumente, 1965-68, D 4221 
  • Hochschul-Bresche, 1973-79, D 4141
  • Maiglöggli: Zeitschrift der fortschrittlichen Jugend, 1973, D 4426            
  • Maulwurf: Zeitung der Revolutionären Sozialistischen Jugendorganisation, 1972-86, D 3104
  • Oktober, 1966-87, D 2009                
  • Revolutionäre Politik: Organ der Revolutionären Aufbauorganisation Zürich, 1972-76, D 4560            
  • Rosso: Organo della Lega Marxista Rivoluzionaria, 1973-94, Z 464
  • Die Rote Anneliese: Kritisches Oberwallis, 1973-, D 3066
  • Rote Fahne: Zentralorgan der Kommunistischen Partei der Schweiz (KPS), 1973-80, D 2030
  • Roter Leu: POCH-Lokalzeitung, 1974-79, D 3203             
  • Uni brèche: Journal d'information et d'action étudiante du Comité Uni-Brèche et des étudiants de la Ligue Marxiste Révolutionnaire, 1970-74, N 4440           
  • Uni-Bresche: Zeitung der Bresche-Uni-Gruppe-Bern, 1976-78, N 4441   
  • Viva: Sozialistische Bündner Zeitung, 1972-88, D 3058

Digitales Sozialarchiv: SLSP ante portas


Die elektronische Erfassung der Bibliothekskataloge und ihre Zusammenführung in Verbünden ist seit drei Jahrzehnten ein wesentlicher Trend in der digitalen Umgestaltung wissenschaftlicher Infrastrukturen. Das Schweizerische Sozialarchiv war dabei stets vorne mit dabei. Bereits 1992 ist es als erste geisteswissenschaftliche Institution dem damaligen Bibliothekskatalog der ETH Zürich beigetreten, aus dem im Laufe der Zeit durch das Hinzukommen immer neuer Institutionen der heutige NEBIS-Verbund entstanden ist. Dessen gemeinsamer Katalog ging 1999 im World Wide Web online (vgl. SozialarchivInfo 1/2018). Für die nächsten Jahre steht nun ein weiterer Quantensprung an: der Übergang zur Swiss Library Service Platform (SLSP), die sämtliche wissenschaftlichen Bibliotheken der Schweiz umfassen soll. Damit werden bis 2020/21 die Daten des heutigen NEBIS-Verbundes und fünf weiterer Verbünde, total von über 500 Bibliotheken, in einem Katalog zusammengeführt. In einem zweiten Schritt sollen dann noch weitere Institutionen hinzukommen. Die Vorarbeiten an der neuen Plattform laufen seit drei Jahren. Letztes Jahr wurde als betriebliche und finanzielle Trägerschaft von SLSP eine Aktiengesellschaft gegründet. Die Plattform soll nicht nur die heutigen Verbünde ablösen und dadurch Synergien nutzen, sondern auch den Einstieg in die neue Generation von cloud-basierten Bibliothekssystemen ermöglichen.
 
Mehr Informationen unter: https://blogs.ethz.ch/slsp/

Veranstaltungen und Kooperationen des Schweizerischen Sozialarchivs

Veranstaltungen im Sozialarchiv

Veranstaltungsreihe «50 Jahre Prager Frühling»:

6. September 2018, 19 Uhr, Schweizerisches Sozialarchiv, Medienraum
Quellen zum Prager Frühling im Schweizerischen Sozialarchiv
Mit Christian Koller und Tomáš Glanc (Universität Zürich)

20. September 2018, 19 Uhr, Schweizerisches Sozialarchiv, Medienraum
Ota Šik – Prager Wirtschaftsreformer, Exilant in der Schweiz
Präsentation des Nachlasses von Ota Šik durch Christian Koller und Referat des Historikers Jakub Rákosník (Karls-Universität Prag)

27. September 2018, 19 Uhr, Schweizerisches Sozialarchiv, Medienraum
Der Heilige Wenzel - Geschichtskultur in der frühen Tschechoslowakei
Vorführung des Historien-Stummfilms «Svatý Václav» (1930) mit Einführung von Tomáš Glanc (Universität Zürich)
 
Weitere Veranstaltungen:

Montag, 1. Oktober 2018, 19 Uhr, Schweizerisches Sozialarchiv, Medienraum
Wenn Dein starker Arm es will
Präsentation des historischen Romans zum Landesstreik mit der Autorin Nicole Billeter
 
Donnerstag, 25. Oktober 2018, Schweizerisches Sozialarchiv, Medienraum
Der Landesstreik – Zentralereignis und Zankapfel der modernen Schweizer Geschichte
Weiterbildungskurs der Universität Zürich für Lehrerinnen und Lehrer an Maturitätsschulen
Anmeldung unter www.weiterbildung.uzh.ch/programme/wbmat_index.php
 
Freitag, 26. Oktober 2018, 19 Uhr, Schweizerisches Sozialarchiv, Medienraum
Lebenslänglich. Briefwechsel zweier Heimkinder
Buchpräsentation im Rahmen von «Zürich liest» mit der Autorin Lisbeth Herger

Veranstaltungen in Kooperation mit dem Sozialarchiv

Mittwoch, 10. Oktober 2018, 18:15-19:45 Uhr, Universität Zürich, Hauptgebäude, KOL-F-104
Christian Koller: Irrtum, Erkenntnis und Interessen: Die Erinnerung an den schweizerischen Landesstreik zwischen Geschichtswissenschaft und Memorialpolitik
Öffentlicher Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung «Irrtum und Erkenntnis»

Vernissagen

Roman Rossfeld/Christian Koller/Brigitte Studer (Hg.): Der Landesstreik. Die Schweiz im November 1918
Mittwoch, 17. Oktober 2018, Universität Bern, UniS (Schanzeneckstrasse 1, 3001 Bern)
Donnerstag, 25. Oktober 2018, Theater Neumarkt (Neumarkt 5, 8001 Zürich)
 
26.-28. Oktober 2018, Landesmuseum Zürich
Swiss Open Cultural Data Hackathon
Gemeinsame Veranstaltung von OpenGLAM CH Working Group, ETH-Bibliothek, Zentralbibliothek Zürich, Schweizerischem Sozialarchiv, Staatsarchiv Zürich, Historischem Museum Basel, Wikimedia CH und infoclio.ch
 
2. November 2018 – 20. Januar 2019, Landesmuseum Zürich
Ausstellung «Landesstreik 1918»

Freitag, 2. November 2018, 18 Uhr, Landesmuseum Zürich
Vernissage
Mit Bundespräsident Alain Berset, Brigitte Studer (Universität Bern), Andreas Spillmann (Direktor Schweizerisches Nationalmuseum) und Christian Koller (Direktor Schweizerisches Sozialarchiv)

Mittwoch, 7. November 2018, Landesmuseum Zürich
Bedeutung und Deutung des Landesstreiks von 1918
Podiumsdiskussion mit Expertinnen und Experten

ExpertInnenführungen durch die Ausstellung
Donnerstag, 8. November 2018, 18 Uhr, mit Christian Koller (Schweizerisches Sozialarchiv)
Donnerstag, 22. November 2018, 18 Uhr, mit Hans-Rudolf Fuhrer (Militärakademie ETH Zürich)
Donnerstag, 29. November 2018, 18 Uhr, mit Jakob Tanner (Universität Zürich)
Donnerstag, 13. Dezember 2018, 18 Uhr, mit Katharina Hermann (Universität Bern)
Donnerstag, 3. Januar 2019, 18 Uhr, mit Bernard Degen (Universität Basel)
Donnerstag, 17. Januar 2019, 18 Uhr, mit Rudolf Jaun (Militärakademie ETH Zürich)

Anmeldung unter reservationen@nationalmuseum.ch | T. +41 58 466 66 00

Führung der Volkshochschule Zürich durch die Ausstellung
Freitag, 11. Januar 2019, 16 Uhr, mit Christian Koller (Schweizerisches Sozialarchiv)
Buchung unter www.vhszh.ch/kursangebot

Filmvorführengen
Generalstreik 1918 - Die Schweiz am Rande eines Bürgerkriegs: Doku-Fiction von Hansjürg Zumstein (SRF 2018)
Jeden Sonntag um 14 Uhr

Einführung in die Ausstellung für Lehrpersonen
Mittwoch, 14. November 2018, 17-18 Uhr, mit Magdalena Rühl (Landesmuseum) und Christian Koller (Schweizerisches Sozialarchiv)

 
 

Across the Universe zum Walgesang - das Audioarchiv des WWF
 

Die letzten Nachzügler sind im audiovisuellen Bestand des WWF integriert. Es handelt sich vor allem um Tonträger aus den 1970er und 1980er Jahren.

Der WWF versteht es bekanntlich meisterlich, seine Anliegen einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Das Logo mit dem Pandabären gehört zu den weltweit bekanntesten Brands. Die intensive Öffentlichkeitsarbeit mit Sammelaktionen, eigenen Zeitschriften, Kinowerbung, Briefmarken etc. spricht vor allem Kinder und Jugendliche an. Bis vor wenigen Jahren existierten in der Schweiz in mehreren Städten Panda-Boutiquen, die Plüschtiere, Kleider und Gadgets mit dem Panda-Logo verkauften. Etwas weniger bekannt und massenwirksam waren die Bemühungen des WWF, akustisch auf sich aufmerksam zu machen. Immerhin gelang es aber bis in die 1980er Jahre immer wieder, mehr oder weniger bekannte Künstlerinnen und Künstler an Bord zu holen, die sich mit ihren Tonträgern in den Dienst des WWF stellten.

Bereits 1969 erschien die LP „No one’s gonna change our world“. Angestossen hatte das Projekt der britische Komiker Spike Milligan. Die LP vereinigt Songs von bekannten Bands wie den Hollies, den Bee Gees oder Cliff Richard. Besonders aufsehenerregend war, dass es Milligan gelungen war, einen bislang unveröffentlichten Song der Beatles als Opener zu präsentieren. Die Lennon-Komposition „Across the Universe“ sollte im Jahr darauf in einer etwas süsslichen Version auf dem letzten Beatles-Album „Let it be“ erneut erscheinen. Der für den US-amerikanischen und europäischen Markt konzipierte Sampler steht am Anfang einer neuen Ära von Benefizanlässen und Charity-Plattenveröffentlichungen. Allgemein gilt das von George Harrison initiierte Concert for Bangla Desh (1971 im Madison Square Garden in New York) als Auftakt für eine Reihe von ähnlichen Veranstaltungen, bei denen sich Musikstars auf die Bühne stellen, um den Hunger in Afrika oder AIDS zu bekämpfen.

Auch der WWF Schweiz sprang – in bescheidenem Ausmass – auf diesen Zug auf. 1970 veröffentlichten die Minstrels eine Single namens „Dodo“, und zwar auf dem neuen, WWF-eigenen Label Panda-Records. Die Minstrels waren die Shooting Stars der Schweizer Pop- und Folkszene, die 1969 mit „Grüezi wohl, Frau Stirnimaa“ ihren ersten und grössten Hit hatten. Die Jazzfreunde bediente der WWF Schweiz mit drei Tonträgern von Roland Fisch’s Wild Life Jazz Band. Zwischen 1970 und 1975 erschienen die drei Platten „Listen to the Tigers“ (Panda Records), „Swinging Dixieland Evergreens“ (Tell Records) und „Roland Fisch’s Wild Life Jazz Band plays for the World Wild Life Found“ (Panda Records). Als Support für die WWF-Kampagne „Das Meer muss leben“ veröffentliche der Bündner Liedermacher Walter Lietha 1977 die Single „Delphin“. Und 1979 nahm der ex-Sauterelles Toni Vescoli die fortschrittskritische Single „s’chunt immer druf aa“ auf. Damit war das Popmusik-aktive Jahrzehnt des WWF aber auch schon wieder vorbei, diesen Schluss legt zumindest die aktuelle Archivsituation nahe. Als Ausklang erschienen 1983 noch der Schlager „Lasst die Tiere Tiere sein“ der mässig populären Sängerin Bea Abrecht und 1986 die LP „Special Session für WWF“ einer Formation namens d’Wöschbrätt Band.


Hülle der Minstrels-Single "Dodo"

Inhaltlich geben die wenigsten Beiträge etwas her. Wer griffige Parolen, kluge Reflexionen oder eine substanzielle Auseinandersetzung mit ökologischen Themen der 1970er Jahre sucht, wird enttäuscht. Beim Sampler „No one’s gonna change our world“ reichten offenbar Titelreizworte wie „Universe“, „Tiger“ oder „Wings“, damit das Stück berücksichtigt wurde. Die Minstrels setzen sich immerhin mit dem Thema von aussterbenden Tierarten auseinander. Mit dem titelgebenden „Dodo“ fokussieren sie allerdings auf ein Tier, das bereits im 17. Jahrhundert ausgestorben war, und kleiden das Ganze in einen munteren Folksong. Die B-Seite („That Hippo Feeling“) ist ein Instrumental. Die Musik des Jazzers Roland Fisch (mit Unterstützung der Sängerin Sonja Salvis) ist ohne jeden Bezug zu Ökologie; Fisch will nach eigenen Aussagen mit seinen Werken nicht Jazzgeschichte schreiben, sondern „erhalten – durch unterhalten“. Dafür warten die Linernotes mit einem ideellen Bekenntnis auf: „Die Wild Life Jazz Band sind die akustischen Mitstreiter des WWF.“ Umweltschutz sei das Gebot der Stunde, der Einsatz für aussterbende Tierarten dringend nötig. Die Band unternahm sogar eine Tour in Afrika, bei der auch die Unterweisung lokaler Machthaber nicht zu kurz kam: „Auf einer Ostafrika-Tournee erläuterten die weissen Musiker mit den schwarzen Rhythmen Staatspräsident Kenyatta und den Eingeborenen der Tierreservate, was die Erhaltung der natürlichen Umwelt und der Tiere wert ist.“


Kassettenhülle "Gesang der Wale"

Walter Liethas Loblied auf die Delphine war perfekt auf die Kampagne „Das Meer muss leben“ abgestimmt. Die Meeressäuger sind „guet und gschied“ und haben gar eine eigene Sprache, um unter Wasser zu kommunizieren. Merkwürdigerweise erschien die Single nicht bei Panda Records, sondern beim Label des Trio Eugster. Toni Vescolis „s’chunt immer druf aa“ vermittelt noch am ehesten die zeitgenössische Öko-Moral: Die Umwelt kann nur genesen, die Tiere nur überleben, wenn alle ihr Verhalten ändern.

Eine der letzten akustischen Veröffentlichungen des WWF Schweiz gelangte 1987 auf den Markt. Kurz vor der Lancierung der Zweitauflage der Kampagne „Das Meer muss leben“ entstand die Kassette „Der Gesang der Wale“. Ursprünglich als Prämie für die Neuanwerbung von Mitgliedern gedacht, konnte die Kassette während der Kampagne im Herbst 1987 auch käuflich erworben werden, als der WWF (wie bereits 1977) wieder zu Ausstellungszwecken mit einem präparierten Finnwal durch die Lande zog. Die Kassette vereint Aufnahmen von Buckelwalen, Pottwalen und Delphinen. Der WWF versuchte damit an den kommerziellen Erfolg anderer Walgesangskonserven anzuknüpfen. Vorbild war insbesondere die LP „Songs of the Humpback Whales“, mit der dem US-amerikanischen Zoologen Roger Payne 1970 ein Bestseller gelungen war: Innert kurzer Zeit wurden über 100‘000 Tonträger verkauft. 2010 wurde die LP sogar ins National Recording Registry der Library of Congress aufgenommen. Die Faszination für die akustischen Äusserungen von Walen und Delphinen riss auch nach Paynes Grosserfolg nicht ab. Die Gründe dafür sind vielfältig. Paynes Aufnahmen waren eine Sensation, weil man erst seit wenigen Jahren überhaupt Kenntnis von diesen Lauten hatte. Die Walstimmen konnten isoliert aufgenommen werden, es gab keine anderen störenden Laute. Daraus entstanden tatsächlich liedähnliche Strukturen mit einem gewissen Wohlklang, der auch den tiefen Tonfrequenzen geschuldet ist. In den 1970er Jahren lancierte der WWF mehrere grosse Kampagnen zum Schutz von Tierarten, die vom Aussterben bedroht waren. Die Wale standen im Zentrum der Kampagne „Rettet die Meere“ (1977). Im Zuge dieser Aktion wurden neue biologische Erkenntnisse popularisiert: Die grossen Meeressäuger erhielten das Image von klugen, in matriarchalen Familienverbänden lebenden Tieren. Mit ihren Lautäusserungen waren sie ganz offensichtlich fähig, untereinander zu kommunizieren. Ihre Friedfertigkeit zeigte sich auch darin, dass sich die meisten Wale ausschliesslich von Krill ernährten. Früher gebräuchliche Zuschreibungen wie „Killerwal“ für diejenigen Wale, die sich nicht an diesen Speiseplan hielten, wurden mit einem Bann belegt. Akustischer Ausdruck all dieser positiven Attribute war der Walgesang. Dass seine Entzifferung nicht bis in Detail möglich war, tat der Faszination keinen Abbruch, sondern verlieh dem Phänomen noch eine zusätzliche, geheimnisvolle Aura. Der Walgesang gehört bis heute zu den wenigen tierischen Stimmen, die ausschliesslich positiv konnotiert sind.

Der kurze Einblick ins Tonarchiv des WWF Schweiz zeigt, dass populäre Musik offenbar nur bedingt geeignet ist, tierschützerische Anliegen zu transportieren. Was bis heute von den Anstrengungen des WWF auf dem Gebiet bekannt ist, deutet nicht darauf hin, dass man dem Medium (im Gegensatz zu anderen audiovisuellen Propagandamitteln) allzu grosses Entwicklungspotenzial zugestanden hätte. Das eigene Label Panda Records wurde offenbar in den 1980er Jahren wieder eingestellt.

Das Tonarchiv des WWF Schweiz ist online: https://www.bild-video-ton.ch/bestand/signatur/F_1023

Digitalisiert wurden alle Eigen- oder Fremdproduktionen im Auftrag des WWF Schweiz. Auf die Digitalisierung von Eigenproduktionen wurde in den wenigen Fällen verzichtet, wo die Tonträger in den Findmitteln der Fonoteca Nazionale nachgewiesen sind.
Stefan Länzlinger
 
Anspieltipps:
Der Gesang der Wale: https://www.bild-video-ton.ch/bestand/objekt/Sozarch_F_1023-032
Toni Vescoli: S’chunt immer druf aa: https://www.bild-video-ton.ch/bestand/objekt/Sozarch_F_1023-010a

Stefan Länzlinger

 

Neuzugänge in der Abteilung Archiv seit dem 30.4.2018:
 
Bestand Stichworte zum Inhalt Umfang
Vorlass Claude Meier Unterlagen RAF (Bändlistrasse), Heimkampagne, Theater und Musical/Operette (Paul Burkhard)
Laufzeit: ca. 1964-1990
2,2 Lfm
ÄrztInnen für soziale Verantwortung und zur Verhütung eines Atomkrieges PSR/IPPNW Schweiz, Nachlieferung Nachlieferung: Gremienunterlagen, Zirkulare, Drucksachen
Laufzeit: 2014-2016
0,1 Lfm
SAH Solidar Suisse, Nachlieferung Nachlieferung: Gremienunterlagen, Akten der Auslandabteilung (Protokolle, Verträge, (Reise-)Berichte, Korrespondenz, Strategie- und Planungspapiere, Projektunterlagen), Drucksachen (Mailings, Zeitschriften)
Laufzeit: ca. 1960-2012
30,0 Lfm
Vorlass Willi Wottreng Dokumentationen zu den Buchpublikationen von Willi Wottreng (u.a.: Lady Shiva, Tino – König des Untergrundes, Deubelbeiss & Co., Das Schicksal des Robert Huber, Ein einzig Volk von Immigranten): Interview-Transkripte, Kopien und Abschriften von Archivalien, Diverses
Laufzeit: ca. 2000-2017
4,0 Lfm
Revolutionäre Marxistische Liga Aargau/Solothurn (Sozialistische Arbeiterpartei SAP) Protokolle, Unterlagen zu Kampagnen, Aktionen, Wahlen und Abstimmungen, Drucksachen, Unterlagen RML Schweiz
Laufzeit: ca. 1970-1995
2,2 Lfm
Nachlass Elsa Rutgers-Fausch Korrespondenz zwischen E. Rutgers-Fausch und Jakob Fausch, tagebuchartige Aufzeichnungen von E. Rutgers-Fausch und weitere Korrespondenz
Laufzeit: 1939-1990
0,3 Lfm
WWF Schweiz, Nachlieferung Nachlieferung: Unterlagen zu Rechtsfällen, kantonalen Sektionen, Marketing und Fundraising; Akten der Ressorts Jugend und Internationales, Vernehmlassungen, audiovisuelle Dokumente
Laufzeit: ca. 1990-2012
14,0 Lfm
Equiterre, vor 2001: Schweizerische Gesellschaft für Umweltschutz, Nachlieferung Nachlieferung: Projektunterlagen, thematische Akten, Dokumentationen, Drucksachen, Handakten R. Longet
Laufzeit: ca. 1970-2018
7,0 Lfm
Alternative Liste AL Wahlunterlagen 2018: Plakate, Kleinplakate, Flyer, Sticker, Postkarten, Flugblätter
Laufzeit: 2018
0,2 Lfm
 

Buchempfehlungen der Bibliothek:


Auch im Bildarchiv des Sozialarchivs sind Graffiti aus den 1970er/80er Jahren zu finden, beispielsweise diese bekannte Sprayerei, die auch im besprochenen Buch abgebildet ist: "Züri brännt", Predigerkirche/Staatsarchiv am Predigerplatz, Dezember 1980 (SozArch F 5111-031-006)

Philipp Anz, Jules Spinatsch, Viola Zimmermann (Hrsg.): Schmieren/Kleben. Bilder: Stadtarchiv Zürich. Zürich, 2018
(Signatur Gr 14525)

1976 begann das Kriminalkommissariat III, die Staatsschutz-Abteilung der Stadtpolizei Zürich, eine Kartei «Schmieren/Kleben» anzulegen. Darin wurden politische Parolen, Farbmalereien oder illegale Kunstaktionen, unter anderem von Harald Naegeli, erfasst, die alle den Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllten. In der Kartei finden sich gegen 2’000 Schwarzweiss-Fotos aus den Jahren 1976 bis 1981 und die dazugehörigen Karten; weitergeführt wurde sie noch bis 1989, als das Kriminalkommissariat III im Zuge der Fichenaffäre aufgelöst wurde.

700 dieser Fotos und sämtliche Karteikarten mit den fein säuberlich dokumentierten «Sprayereien» sind im Buch abgebildet. Ein Glossar erklärt die Zusammenhänge von Parolen, Symbolen und Personen. In zwei Textbeiträgen setzen die Herausgeber die Fotografien in den Kontext der damaligen Zeit; das Vorwort stammt von Stadtrat Richard Wolff.

Silvano Longhi: Exil und Identität – Die italienischen Juden in der Schweiz (1943–1945). Berlin, 2017
(Signatur 138769)

Der Historiker Silvano Longhi beschäftigt sich in seiner Dissertation mit den italienischen jüdischen Flüchtlingen, die ab dem Jahr 1943 – nach Bekanntgabe des Waffenstillstandes zwischen Italien und den Alliierten im September und der darauffolgenden Besetzung des Landes – vor den Deutschen flüchten mussten. Auswanderungen hatte es zwar schon vorher gegeben, jedoch nicht viele davon in die Schweiz. Nun versuchten Tausende – Juden, politische Flüchtlinge, Soldaten – in die Schweiz zu gelangen.

Das Buch beleuchtet die zahlreichen Abweisungen, die an den Schweizer Grenzen stattfanden, die schwierige Situation in den Flüchtlingslagern, aber auch das aktive Leben der Flüchtlinge, die sich oft intensiv mit den politischen Verhältnissen beschäftigten, sich kulturell betätigten oder die Juden unterstützten, die im von Deutschland besetzten Italien verblieben.

Seine Recherchen tätigte der Autor u.a. auch im Sozialarchiv, wo er die Korrespondenz der Sektion Lugano des Schweizerischen Arbeiterhilfswerks (SAH) untersuchte, das sich für die Flüchtlinge einsetzte (Schweizerisches Arbeiterhilfswerk SAH, Sektion Lugano: SozArch Ar 20.704).

Umberto Eco: Pape Satàn. Chroniken einer flüssigen Gesellschaft oder Die Kunst, die Welt zu verstehen. München, 2017
(Signatur 138772)

Der im Februar 2016 verstorbene Schriftsteller, Semiotiker, Philosoph und Medienwissenschaftler Umberto Eco hat ab 1985 in der römischen Wochenzeitschrift «L’Espresso» eine Kolumne verfasst – «Streichholzbriefe», wie er selber sie nannte, da er die Ideen dafür jeweils auf einem Streichholzheftchen festhielt. Eine Auswahl derselben ist nun posthum unter dem Titel «Pape Satàn» (ein Zitat aus Dantes «Göttlicher Komödie») erschienen.

Eco denkt darin beispielsweise über ein verschlucktes Handy nach und vergleicht dieses mit der Strafpraxis der Mafia, die einem (notabene ermordeten) Verräter einen Stein in den Mund legt. Oder er widmet sich in einem anderen Beitrag den Verschwörungstheorien nach 9/11 und vertritt die Meinung – da er an das Prinzip des Zufalls glaubt –, «dass meinesgleichen zu dumm ist, auch nur eine einzige [Verschwörung] tatsächlich zustande zu bringen».

Susanne Brügger
 
 

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