Jemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten. Sein Name: Ilya Khrzhanovsky. Sein Beruf: Filmregisseur. „Dau Freiheit“ lautet der Titel eines gigantischen Kunstprojekts, das mitten im Zentrum Berlins ein 35 000 Quadratmeter großes Arial bespielen sollte. Geplant war, vom 12. Oktober bis zum 9. November im Bereich um das Berliner Kronprinzenpalais eine Stadt in der Stadt zu errichten, umschlossen von einer Mauer. Basieren sollte dieser neue Kunstraum auf einem ebenso monumentalen Filmprojekt Khrzhanovskys über den russischen Physiker und Nobelpreisträger Lew Landau, das zwischen 2009 bis 2011 in Charkiw in der Ukraine entstand. Film und Stadtinstallation sollten in Berlin nun zusammenkommen, doch die Berliner Senatsverkehrsverwaltung machte den Plänen Ende September zunächst einen Strich durch die Rechnung. Der Genehmigungsantrag, der bis zum Andruck der Oktoberausgabe von Theater der Zeit noch in Bearbeitung war, wurde negativ beschieden. In einem Interview berichtet Thomas Oberender, Leiter der Berliner Festspiele und Veranstalter dieses Projektes, wie „Dau Freiheit“ hätte aussehen sollen. Oder aussehen wird. Denn wer weiß, was hinter den Kulissen noch geschieht.
„Was die Kunst braucht, einzig und allein, ist Material – Freiheit braucht sie nicht, sie ist Freiheit; es kann ihr einer die Freiheit nehmen, sich zu zeigen – Freiheit geben kann ihr keiner.“ Mit diesem Heinrich-Böll-Zitat eröffnet TdZ-Kolumnistin Kathrin Röggla unseren Schwerpunkt „Wie frei ist die Kunst?“. Wir haben die Diskussionen um die diesjährige Ruhrtriennale unter der Leitung von Stefanie Carp zum Anlass genommen, um gemeinsam mit Kathrin Röggla, Jakob Hayner und Martin Krumbholz über das Thema der Kunstfreiheit nachzudenken. Was sind dies für Zeiten, fragt sich Röggla, in denen „Menschen aus Chemnitz oder dem Umland … Hitlergrüße zeigend über die Straße“ rennen, „während Alexander Gauland von dem ‚normalen Ausrasten‘ spricht“? Zerrissene Zeiten, in denen man, so Nino Haratischwili, auch im Theater wieder zurückkehren müsse zum Geschichtenerzählen. „Heute …, in einer Zeit, in der … das Fremde Angst macht und der Andere wieder einen feindlichen Charakter bekommen hat, scheint mir ‚Einfühlung‘ ein wichtiges Wort zu sein“, schreibt die georgische Autorin in unserer Oktoberausgabe.
Außerdem: Die Lehren aus Chemnitz / Tänzerin im Sturm: Jette Steckel / Sebastian Schwarz über die Sammlungsbewegung „Aufstehen“ / Das Stück der Stunde: „Die Rundköpfe und die Spitzköpfe oder Reich und reich gesellt sich gern“ von Bertolt Brecht (Auszug)
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