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355  19.3.2018       
      
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 KOMMENTAR

 

Hassliebe

Wir haben an dieser Stelle in der Vergangenheit schon mehrfach unserem Befremden über Aktivitäten der Oberaufsichtskommission Ausdruck verliehen – um es möglichst elegant zu formulieren. Da wir uns mit diesem Befremden wenigstens medial in aller Regel allein auf weiter Flur befinden, ist es höchst willkommen, für einmal Sukkurs aus anderer Quelle zu erhalten.

Wenn nun der Politkommentator Kappeler in der NZZ am Sonntag von der OAK als seinem «liebsten Hassbüro» spricht, ist das fast schon ein Schock. «Aus dem Nichts vor ein paar Jahren eingerichtet, nach keinem einzigen Skandal oder Bedürfnis, kontrolliert sie die 26 Kantone und deren Aufsicht noch einmal,» schreibt Kappeler und formuliert damit die nach seiner Meinung fehlende Existenzberechtigung der Behörde.

Was bei Kappeler den Hass auslöst, wird aus seinem Kommentar nicht unbedingt ersichtlich. Anlass zu derlei Emotionen hätten wohl vor allem die Angehörigen der Direktaufsicht, die über eine stete Flut von Mengen an Papier zu Belanglosigkeiten klagen, aber monate- wenn nicht jahrlange auf die Klärung dringender Fragen warten. Sein Unbehagen ist hingegen durchaus nachvollziehbar.

Die nach aussen sichtbaren Aktivitäten der OAK erschöpfen sich neben der jährlichen Umfrage bei den Pensionskassen in der Produktion von Weisungen, die im Kern bereits auf höherer Stufe (Gesetz, Verordnung) Geregeltes nochmals regeln und dabei beträchtlichen Ermessensspielraum ausschöpfen. Gelegentlich wird sie harsch auf fehlende gesetzliche Grundlagen verwiesen.

Wie es sich anhört, wenn aus einem vagen Reglementierungsbedürfnis weiteres Reglementieren erfolgt, lässt sich an beliebigen Beispielen von OAK-Weisungen aufzeigen. Die Verfasser der Weisungen scheinen dabei aus einem Schatz an Lebenserfahrung und Fachwissen zu schöpfen, der den Adressaten offenbar fehlt. So wird in der Weisung zur Unabhängigkeit des Experten diesen ans Herz gelegt: «Der Experte für berufliche Vorsorge achtet bei der Ausgestaltung seiner persönlichen, geschäftlichen und finanziellen Beziehungen zum Auftraggeber darauf, dass seine Objektivität und Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt ist.» Man ahnt, was gemeint ist und weiss es doch nicht. Jedenfalls können die Experten nicht mit der Bemerkung kommen, das habe ihnen niemand gesagt.

Da mit solchen Vorschriften wenig erreicht wird und man auch nicht davon ausgehen kann, dass sie konkrete Folgen haben, muss die OAK in ihren eigenen Weisungen gelegentlich darauf hinweisen, dass sie in der Tat wichtig seien. Bei den Weisungen zur Prüfung durch die Revisionsstelle ist entsprechend festgehalten: «Sie tragen zu einer verbesserten Vergleichbarkeit und Auswertbarkeit der Revisionsstellenberichte bei und stellen eine wichtige Grundlage für die Qualitätssicherung dar.» Vielleicht, vielleicht auch nicht. Hat die Vergleichbarkeit oder gar die Qualität deshalb zugenommen? Niemand hat eine Ahnung, aber man soll die Hoffnung nicht aufgeben.

Hin und wieder wissen die Oberaufseher auch, wie eine Tätigkeit konkret auszuführen ist, und das offenbar besser als die Adressaten, bei denen das entsprechende Wissen offenbar angezweifelt wird. So heisst es bei den Zulassungsbestimmungen für Vermögensverwalter: «Unter Berücksichtigung der Erfahrungen und Kenntnisse der Einrichtungen der beruflichen Vorsorge ist ein Risikoprofil zu erstellen, das deren Risikobereitschaft und Risikofähigkeit festhält. Gestützt auf das Risikoprofil, die Vermögensverhältnisse und die Anlagebeschränkungen ist mit den Einrichtungen der beruflichen Vorsorge die Anlagestrategie zu definieren.» Genau so ist vorzugehen. Das Rezept hätte Betty Bossi nicht besser formulieren können.

Ganz unbefangen bewegt sich die OAK im Grenzbereich von Quantität und Qualität. Da ersteres leichter zu definieren ist, konzentriert sie sich bei den Anforderungen an die Revisoren auch allein darauf: «Der leitende Revisor muss pro Kalenderjahr im Minimum 50 verrechenbare Prüfstunden für vom Geltungsbereich erfasste Einrichtungen nachweisen. Weiter muss er den Nachweis erbringen, dass er während mindestens vier Stunden pro Kalenderjahr an fachspezifischen Weiterbildungen teilgenommen hat.» Und wer nicht aufgepasst hat, muss nachsitzen. Und schummeln beim Stundenaufschreiben geht gar nicht.

Natürlich bildet die OAK mit ihren Weisungen keine Ausnahme im eidgenössischen Behördendschungel. Man fragt sich bloss, weshalb tut sich unser Land das an? Dieses Korrelat zum grassierenden Compliance-Zwang, auf dessen Humus die Reglementiererei so prächtig gedeiht. Dass das letztlich auf Kosten von Kreativität und damit Wohlstand geht, ist nicht zu bestreiten. Kappeler ist einer der wenigen, die sich noch darüber aufregen können. Die Mehrheit scheint es offenbar längst nicht mehr zu bemerken. Weil, so ist das halt heute. Schicksal.

Peter Wirth, E-Mail


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