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Digitale Notizen 05/2018

Das Ende der Schlusskonferenz

Hören Sie das, liebe Leserinnen und Leser?

Die Fußball-WM kündigt sich schon recht lautstark an. Aber keine Sorge: Auch wenn Sie sich nicht fürs Hören (Podcast) und für den Sport (Fußball) interessieren, gibt es in dieser Folge etwas zu entdecken. Denn beides hat meiner Einschätzung nach viel mit dem Oberthema dieses Newsletters zu tun: mit dem digitalen Wandel und der gesellschaftlichen Transformation.

Bemerkt habe ich dies beim Fußball-Hören in der abgelaufenen Spielzeit. Und merken kann man dies auch an dem kleinen Podcast-Projekt, das Yannic Hannebohn und ich gestartet haben: Wir wollen aus "Was würde der Shruggie tun?" ein Zehn-Jahres-Projekt machen. Sind Sie dabei? Haben Sie soviel Ausdauer?

Ich wünsche Ihnen einen sportlichen Juni* und viel Freude bei der Lektüre zur Schlusskonferenz

Dirk von Gehlen
PS: Das leere Fußball-Tor stammt von Unsplash - mehr über Fußball und Digitalisierung in meiner Buchbesprechnung von Matchplan
* PPS: Zum Thema Zufriedenheit sollte man diesen Text lesen, der Erkenntnisse aus dem Verhältnis von Sport machen und Sport konsumieren zieht.
IN EIGENER SACHE:
Kann man in der kurzlebigen Podcast-Welt ein Zehn-Jahres-Abo abschließen? Genau das wollen wir rausfinden: mit dem längsten Podcast-Abo der Welt für den Podcast "Was würde der Shruggie tun?" Wollen Sie dabei sein? Dann unterstützen Sie unser Crowdfunding-Projekt und sichern sich tolle Shruggie-Produkte!
Was Radio-Fußball mit der Digitalisierung zu tun hat

Das Ende der Schlusskonferenz ist der Anfang der Spielkonferenz


Seit ich mich für Fußball interessiere, höre ich die Bundesliga-Schlusskonferenz im Radio. Die Art, wie live, aber einzig akustisch aus Stadien berichtet wird, fasziniert mich - auch und gerade in Zeiten von Live-Tickern und TV-Streams. Alle Vorteile des Mediums Radio sind in der Live-Übertragung vom Fußball gebündelt. Aber eben weil ich davon begeistert bin, habe ich mich in dieser Saison von der Bundesliga-Schlusskonferenz im öffentlich-rechtlichen Radio verabschiedet.

Das ist traurig (weil ich Radio-, Fußball- und Öffentlich-Rechtlicher-Rundfunk-Fan bin), aber auch bemerkenswert, so sehr, dass ich die abgelaufene Spielzeit festhalten muss - als die Saison, in der die Schlusskonferenz für mich zuende ging (dass dieses Ende mit dem Abstieg eines anderen Dinos einher geht, ist vermutlich eher Zufall).

Aus Gründen, die ich nicht einordnen kann, berichten die ARD-Radiosender, die die Schlusskonferenz übertragen, lediglich die letzten zwanzig Minuten kontinuierlich aus den Stadien. Den weit überwiegenden Teil des Spiels übertragen sie nicht. Sie schalten dann und wann mal zu einem Verein, aber eine durchgängige Berichterstattung bieten sie bei Bundesliga-Spielen nicht. Das ist schade, aber es gibt bestimmt Menschen, die darin eine Tradition sehen. Denn so war es ja schon immer - auch in dieser Saison.

Dass ich mich in dieser Spielzeit dennoch von der ARD-Schlusskonferenz verabschiedete, liegt höchstens indirekt am öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dessen Schlusskonferenz ist weiterhin toll, aber in dieser Saison habe ich etwas entdeckt, was (für mich) noch toller ist: das ganze Spiel! Das klingt nicht sonderlich innovativ, aber aus Perspektive der Schlusskonferenz ist es ein Innovations-Durchbruch: Man kann nicht nur die letzten 20 Minuten in Konferenz übertragen, sondern das ganze Spiel! Internet-Radios machen das schon seit einer Weile, und wenn man den Satz von Radiomachern hört, schwingt darin immer einer gewisse Geringschätzung mit: Ganz so als seien "Internet-Radios" (siehe dazu die Digitalen April-Notizen) keine echten, vollwertigen Radios.

Vielleicht war das früher mal so, in dieser Saison jedenfalls habe ich davon nichts gemerkt. Im Gegenteil: Als ich irgendwann zu Beginn der Saison (die Älteren erinnern sich: Dortmung legte fulminant los, die Bayern dümpelten vor sich hin) in diesem Internet-Radio erkannte, welcher Zauber in 90 Minuten Konferenz liegt, starb die Schlusskonferenz für mich. Denn obwohl ich mir aus öffentlich-rechtlicher Verbundenheit (allein zu den gewohnten Stimmen) stets vornahm, zur Schlussphase auf einen der ARD-Sender zu wechseln: ich vergass es jedes Mal und blieb im Internet-Radio.

Es machte Spaß. Ich hörte 90 Minuten am Stück Konferenz-Fußball, beim Joggen (manchmal), beim Aufräumen (selten) oder einfach nur so (meistens). Das Problem mit der Bandbreite, das ich vor ein paar Jahren außerhalb des Wlans noch hatte, gab es nicht mehr und aus der Schlusskonferenz wurde die Spielkonferenz. Denn im Stream gab es neben dem immer gleichen Hinweis auf den Anbieter keine Werbeunterbrechung, keine Gewinnspiele oder gesponsorte Tipp-Aktionen: es gab einfach nur Fußball im Stream. (zum Thema "Sorgen machen" könnte man übrigens mal "Heute im Stadion" im BR mit den Ohren eines Kindes hören. Dort wird jedes, jedes, jedes Mal für Schnaps geworben - "dank Ihrer Gebühren")

Natürlich hat der Anbieter nicht nur die Konferenz im Programm. Vor allem bietet er: Einzelspiele im Audio-Stream. So hatte er mich gekriegt - mit dem Angebot, die Spiele des VfL Bochum (und, ja, auch die anderen unwichtigeren Begegnungen) in voller Länge anhören zu können. Das ist ein sehr einfaches, aber sehr tolles Angebot. Legt man dieses Angebot neben das gelernte Modell der ARD-Schlusskonferenz ist man mittendrin in dem Wandel, den ich als "Ende des Durchschnitts" beschrieben habe. Und dieser Wandel ist auch der Grund, der mich dazu bringt, so ausführlich über meinen Fußball-Konsum nachzudenken (nebenbei: das Verhältnis zwischen Sport-Machen und Sport-Konsumieren scheint ein Hebel zur Zufriedenheit zu sein).

Denn natürlich könnte dieser Wandel auch vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgehen. Die ARD-Sender bestimmen seit Jahren den Markt der Fußball-Übertragungen, sie sind Profis, besitzen starke Marken und tollen Inhalt - und doch haben sie zumindest mich in dieser Spielzeit verloren. Das ist schade, denn ich mag den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ich würde gerne Sport-Übertragungen meines Vereins in voller Länge bei einem der ARD-Sender anhören. Auch ein Verlinken des Streams in der Sportschau-App würde mir gefallen. Ich hätte gerne eine Spielkonferenz der öffentlich-rechtlichen Sendern, die 90 Minuten lang dauert. Ich würde mir wünschen, dass sie diese Entwicklungen selber vorantreiben und es nicht fremden Marken überlassen, hier besser Angebote zu entwickeln. Denn der Grund für meinen Abschied von der Schlusskonferenz hat einen Namen: Amazon. Die Firma, die mal als Buchversand begann, gestaltet gerade die Welt nach dem Ende des Durchschnitts - und lässt die traditionsreiche Schlusskonferenz dabei irgendwie alt aussehen.

Das ist einerseits sehr schade, aber eben auch sehr schön.  

Diesen Text im Web lesen
¯\_(ツ)_/¯
Der Shruggie des Monats Mai
ist die Plattform Startnext
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MAI 2018: DIE STANDARDS
Was wir wissen:
... der meistgeklickte Link der April-Ausgabe war:

der Hinweis auf das neue, sehr lesenswerte Buch von Max Scharnigg

... dass "Matchplan" eines der besten Bücher über die Digitalisierung ist - obwohl bzw. gerade weil es von Fußball handelt. Hier meine Besprechnung nachlesen.

... dass die republica eine inspirierende Veranstaltung war. Für mich lag das u.a. an diesem Performance-Podium und an dem Gespräch mit Christian Jakubetz

... ich glaube, so geht Instagram mit Schnauzbart

Was wir nicht wissen:
... ob unsere Idee, einen Laberpodcast zehn Jahre lang zu machen, funktionieren wird: Unter startnext.com/shruggie können Sie mithelfen!

... ob Wolf Lotter den Shruggie kennt. Ich lese aber gerade sein Buch "Innovation" und stelle fest, dass seine Denkwelt und jene des Pragmatismus-Prinzip sich sehr gut ergänzen.

... wie Sie mit Smartphones umgehen. Für das Lead-Digital-Magazin habe ich dazu was geschrieben.

... wie das WM-Spiel Iran-Spanien ausgeht, das am 20. Juni augetragen wird. Sicher ist jedoch: an dem Abend nehmen Yannic und ich eine Live-Folge des Podcast "Was würde der Shruggie tun?"  im ZweiDreiRaum in Kreuzberg (Berlin) auf. Berliner, sehen wir uns?
Dirk von Gehlen ist Journalist, Vortragsredner und Autor des Buches "Das Pragmatismus-Prinzip" - sowie einiger anderer Bücher. Gerade läuft ein Zehn-Jahres-Abo auf Startnext.

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