Georg Roth und Reinhard Klenke aus dem BISS-Vorstand geben Auskunft: Wie wurde die personelle Neuausrichtung der Kölner Geschäftsstelle gemeistert; welche Ziele stehen 2020 im BISS-Fokus?
Im lockeren Gespräch berichten Reinhard (RK), Georg (GR) und Francesco Cavallo (Geschäftsstellenleitung, FC), wie der Jahreswechsel sich für BISS gestaltete:
Ein bewegtes und bewegendes Jahr 2019 liegt hinter euch – wie habt ihr die Zeit erlebt?
RK:
Das stimmt, das vergangene Jahr hat viel bewegt, Geschäftsstelle und Vorstand haben viel geleistet. Es gab einen Bruch zu Beginn des Jahres, als der Leiter der Geschäftsstelle dann - wie angekündigt - zum 1. Januar zu ersetzen war. Wir mussten eine harte Zeit überbrücken, in der Yasmin Gerischer ihre Aufgaben beeindruckend gemeistert hat.
GR:
Ich habe diese Zeit auch als äußerst aufregend in Erinnerung:
Wir waren Ende November noch in Berlin bei unserer Vorstandssitzung, sonntags hatten wir noch ein Meeting beim LSVD, und am Montag folgte dann schon Christian Naumanns Verabschiedung, da er noch Resturlaub abzubauen hatte. Von dort an hieß es, den Grundlagenbetrieb in der Geschäftsstelle am Laufen zu halten: Die Post musste gesichtet werden, Reinhard und ich waren die alleinigen Ansprechpartner für alle Kolleg*innen. Parallel lief ja unsere Förderung zum Ende des Jahres aus; es gab noch offene Fragen in Zusammenhang mit den Verwendungshinweisen zu klären. Selbstverständlich gab es dadurch noch viel Kommunikationsbedarf mit den Ministerien, da die Anschlussförderung noch nicht unter Dach und Fach war.
Ach ja, die ganze Weihnachtspost haben wir auch noch bearbeitet. Aus Bielefeld schaltete sich zudem Sigmar aus unserem Orgateam unterstützend ein, obgleich er noch an seinem gebrochenen Arm laborierte.
RK:
Wir mussten die Stelle der Geschäftsstellenleitung neu ausschreiben, durften dies rechtlich aber erst nach Eingang des Bewilligungsbescheides leisten.
GR:
Parallel zur Suche eines Nachfolgers für Christian haben wir zunächst unsere Netzwerke nach potentiellen Kandidat*innen gescannt. Ich selbst hatte dann leider noch richtig Pech und einen Fahrradunfall, bei dem ich mir mein Sprunggelenk brach. Also wieder Zwangspause. Erst im Januar war ich dann wieder daheim und konnte euch gegen Mitte des Monats dann wieder langsam unterstützen.
Für die Gespräche mit den Bewerbern haben wir dankenswerterweise Unterstützung von der Auslandsgesellschaft.de e.V. bekommen. Die haben uns einen Raum in Dortmund zur Verfügung gestellt, wo dann die Bewerbergespräche stattfinden konnten. Das war uns eine große Hilfe. Danach stand noch eine Auswertungssitzung unserer Unterarbeitsgruppe „Pflege unterm Regenbogen“ auf der Agenda. Wir fanden heraus, dass unsere Forderung nach speziellen Anforderungen in der Pflege für LSBTI sehr wohl von der Fachöffentlichkeit und den entsprechenden Ministerien gehört wurde. Darauf folgten gleich Besprechungen zur Planung für das Jahr 2020. Und unser Kollege Marcus Velke-Schmidt hatte wieder neue Beratungsfälle über die Hotline angenommen.
Rückblickend war es für mich beruhigend, dass Reinhard als „Fels in der Brandung“ im Büro besonnen agierte, Yasmin immer mehr Verantwortung übernahm und Sigmar perfekt alles Organisatorische im Background erledigte. Als Team haben wir die Zeit so sehr gut hinter uns gebracht.
FC:
Ich wurde über RK auf die Ausschreibung aufmerksam, RK kenne ich noch durch mein Studium des Gesundheits- und Pflegmanagements, daher kannte ich auch BISS und deren Zielsetzungen. Außerdem waren die schwulen Senioren zentrales Thema meiner Arbeit. Ich fuhr nach Dortmund, wo an jenem Tag mehrere Bewerbergespräche stattfanden, und bekam kurze Zeit später die Zusage. Meine Arbeit nahm ich umgehend auf und spürte sofort, dass noch einige Dinge aufzuarbeiten sind und durch das Fehlen des alten Geschäftsstellenleiters trotz Orga-Handbuch manches Wissen nicht vorhanden war. Ich musste ad hoc mit Yasmin alles sichten und neu bewerten, das war nicht ohne. Ja, man kann sagen das war eine richtige Herausforderung. Allerdings genoss ich von der ersten Sekunde an viel Unterstützung vom Vorstand und dem Orgateam; alle waren sofort da und halfen mir. Aber es war sicher kein gemütlicher Spaziergang.
Wie sah es mit der Unterstützung von extern aus?
GR:
Die Abgeordneten Johannes Kahrs und Karl-Heinz Brunner haben uns sehr unterstützt, so dass wir bis 2023 in der Finanzplanung berücksichtigt sind.
Euer Vertrauen, unsere Expertise – das ist ein starker Auftrag, den wir mit viel Inspiration und guten Ideen annehmen und in Taten umsetzen. Dann kam endlich Francesco an Bord, aber kurz darauf trat die Corona-Krise in unseren Alltag.
FC:
Das Stichwort Corona greife ich auf...also, immerhin hatten wir zwei Wochen, in denen wir ganz normalen persönlichen und uneingeschränkten Kontakt hatten und somit auch die Arbeitsprozesse in gewohnter Form nah und direkt abarbeiten konnten. Dann kam die Kontaktsperre, und wir verlagerten uns auf Online-Meetings, Skype-Konferenzen. Digitaler Kontakt schaffte eine Distanz, die es zu überwinden galt.
RK:
Ich finde es erstaunlich, dass wir eine völlig neue Art der Kommunikation etabliert haben, die gut funktioniert, das wird zukünftig immer eine sehr gute Ergänzung bleiben.
FC:
Es betrifft ja alle, nicht nur uns. Da liegen viele Chancen, auch in der Kommunikation mit Externen. Nicht mehr das lange Warten auf Präsenztermine, das Ausweichen auf Skype - mit guten Resultaten. Es soll den persönlichen Kontakt nicht ersetzen, aber bietet Chancen. Reinhard hat völlig Recht, das wird eine wertvolle Ergänzung bleiben.
Doch dann kam unvermittelt die Nachricht, dass Francesco seine Stelle als Geschäftsstellenleiter nur übergangsweise wahrnehmen kann.
GR:
Francesco hat sich so schnell eingearbeitet in unsere Abläufe, das war faszinierend zu beobachten. Ich finde es sehr bedauerlich, dass er bald schon wieder gehen muss.
RK:
Wir waren und sind alle sehr angetan, wie schnell FC auf die schwierige Situation reagiert hat, wie er die Dinge angepackt hat. Und wie schnell sich alle Beteiligten als Team gefunden haben. Auch menschlich hat es einfach gepasst.
Man muss aber Dinge und Entscheidungen respektieren, gerade auch solche Gründe, die Francesco angeführt hat. Francesco ist ein Krisenmanager par excellence; das ist für uns genau der richtige Mensch an dieser Stelle.
FC:
Ich komme ja aus der Pflege, da bin ich bin Ausnahmesituationen gewohnt. Jeder Tag ist anders und unvergleichlich. Strukturen ändern sich fortlaufend.
Im Gespräch mit dem Vorstand kristallisierte sich bereits heraus, dass es keine typische Bürostelle ist. Keine reine Verwaltungsstelle, sondern eine lebendige Stelle. Breites Wissen wird verlangt, viel Neues fließt ein. Wir begleiten Projekte, fertigen Protokolle, beteiligen uns inhaltlich. Unterschiedlichste Anfragen erreichten uns, die wir in Zusammenarbeit mit dem Vorstand bearbeiten. Vor Corona: Dienstreisen nach Berlin, Veranstaltungen auch am Wochenende und in den Abendstunden. Bunt und vielfältig. Das war alles vorn vornherein klar.
Meine Frau erkrankte dann akut, parallel dazu musste meine Mutter ins Krankenhaus; somit war meine ganze private Basis plötzlich auf den Kopf gestellt. Meine Arbeit stand plötzlich unter einem anderen Stern. Der feste Grund brach weg. Dieses volle - auch zeitlich volle wie spontane - Engagement mit viel Leidenschaft, das kann ich nun leider nicht mehr anbieten. Ich gebe zwar diese Position auf, aber bleibe BISS weiterhin mit Herz und Tat verbunden. Wenn ihr mich braucht, dann bin ich da.
Viel Bewegung in der Kölner Geschäftsstelle
Foto: Kino Hoffmann / pixabay.com
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