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Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union

3 Fragen an...

Prof. Dr. Laurent Pech
Leiter des Departements für Recht und Politik an der Middlesex University London
1. Die EU verpflichtet ihre Mitglieder in den Verträgen auf die Einhaltung von Grundwerten wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Wie gross ist der Interpretationsspielraum der Mitgliedstaaten? [...] Die Zugehörigkeit zu einem Club erfordert die Einhaltung von Mindeststandards und Grundregeln, die das gute Funktionieren des Clubs gewährleisten. Diese Standards und Regeln werden von den Mitgliedstaaten selbst festgelegt und von Institutionen umgesetzt und überwacht, deren Einrichtung die Mitgliedstaaten selbst souverän für angebracht gehalten haben. Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass die Verträge nur einstimmig geändert werden und in Kraft treten können. Es kann sein, dass ein Staat seine Meinung ändert und eine Mehrheit innerhalb dieses Staates die Einhaltung dieser Mindestnormen und Grundregeln, basierend auf den europäischen Verträgen und den damit geschaffenen gemeinsamen Institutionen, nicht mehr akzeptiert. In diesem Fall wird durch Artikel 50 EUV (Vertrag über die Europäische Union) ein Ausweg organisiert, ein Ausweg, der bekanntlich vom Vereinigten Königreich genutzt wurde.  

2. Aktuell wird die Möglichkeit diskutiert, den Erhalt europäischer Gelder von der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit abhängig zu machen. Was halten Sie davon? Man könnte denken, dass die Annahme eines Mechanismus, der die Aussetzung europäischer Gelder im Falle eines weit verbreiteten Versagens der Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedsstaat ermöglicht, das einzige Instrument ist, das der Europäischen Kommission derzeit fehlt. [...] Wie kann man zum Beispiel die Gewährung europäischer Gelder an Behörden gutheissen, die wissentlich mafiaähnliche Systeme organisiert haben? Während gleichzeitig jegliche Untersuchung und Bestrafung verhindert wird, weil örtliche Staatsanwälte festgenommen werden und die Justiz entweder formell  oder informell gleichschaltet wird. Die Glaubwürdigkeit, wenn nicht gar das Überleben der EU steht auf dem Spiel. [...] Die EU muss sich unbedingt mit einem Instrument ausstatten, mit welchem sie gewisse Regeln durchsetzen kann. So z.B. das ordnungsgemässe Funktionieren der für die Ermittlungen zuständigen Dienststellen und der Staatsanwaltschaft. Können diese ihre Funktionen im Rahmen der Bekämpfung von Betrug oder Korruption nicht wahrnehmen, wäre das Aussetzen der Zahlungen der EU eine Sanktionsmöglichkeit.

3. In Ungarn regiert Viktor Orbán gestützt auf ein Notstandsgesetz derzeit unbefristet per Dekret. Ändert dieses Notstandsgesetz Ihrer Meinung nach etwas an der Beurteilung einer allfälligen Verletzung der EU-Grundwerte durch Ungarn? [...]  Das Orbán-Regime hat im Oktober 2019 einige wichtige Gemeinden und Städte, insbesondere Budapest, an die Opposition verloren. Dies ist vielleicht eine der wichtigsten Erklärungen für die Verabschiedung des jetzigen Notstandsgesetzes, das unter dem Vorwand verabschiedet wurde, COVID-19 besser bekämpfen zu können. [...] Es ist wichtig zu verstehen, dass Ungarn schon vor der Verabschiedung von Orbáns "Vollmachtsgesetz" kein demokratisches Regime mehr war. In der EU hat es jetzt ein Regime, das man ohne Übertreibung als diktatorisch bezeichnen kann. Das Problem ist, dass viele Länder und Schlüsselakteure der europäischen Politik weiterhin ihr wahres Gesicht verbergen, entweder bewusst oder unbewusst, weil die Realität zu schmerzhaft und ihre Verantwortung für diesen Zustand zu beschämend ist. Es ist jedoch nicht sicher, dass dies langfristig eine tragfähige Strategie ist, und wenn Ungarn nicht aus der EU austritt, läuft das EU-System Gefahr, angesichts des in ihm wachsenden autoritären Wundbrandes allmählich zu verkümmern.
Lies das vollständige Interview mit drei weiteren Fragen und den kompletten Antworten hier

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