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Bericht aus Brüssel

von Constanze Krehl, MdEP | Ausgabe 06/2020

Constanze Krehl im Europäischen Parlament

Liebe Genossinnen und Genossen,

liebe Freundinnen und Freunde,

 
in dieser Woche jährt sich das Schengener Abkommen zum 35. Mal und damit auch der Beginn des grenzfreien Europas. Aus diesem Abkommen ist über die Jahre eine der wichtigsten und greifbarsten Errungenschaften der EU geworden. Von der Reisefreiheit im Schengen-Raum und den vielen gemeinsamen Projekten von Städten und Regionen in Grenzregionen profitieren täglich Millionen von Bürgerinnen und Bürgern. Dass ein grenzfreies Europa nicht selbstverständlich ist, wurde Vielen erst in den letzten Monaten bewusst, als viele Mitgliedstaaten in unkoordinierten Alleingängen ihre Grenzen geschlossen haben.
Die Verunsicherung vieler Bürgerinnen und Bürger hätten wir mit einer gemeinsamen europäischen Antwort vermeiden können. Leider wurde insbesondere die EU-Kommission ihrer Führungsrolle hier nicht gerecht. Aber auch die Mitgliedstaaten selbst haben bisher nicht überzeugend dargelegt, ob die Kontrolle der Binnengrenzen ein Mittel zur Eindämmung von COVID-19 war oder ob andere abgestimmte Maßnahmen effektiver gewesen wären. Ich begrüße umso mehr, dass die Mitgliedstaaten langsam wieder zu einem grenzfreien Schengen-Raum zurückkehren und das teilweise auch koordiniert passiert.
Dennoch bleibt ein Flickenteppich an Regeln, der zur Diskriminierung von Bürgerinnen und Bürgern einzelner Mitgliedstaaten führt. Zudem haben die Mitgliedstaaten bei der Wiedereinführung der Grenzkontrollen nicht durchgehend Regeln des Schengener Grenzkodex' befolgt, was wir in manchen Fällen bereits vor COVID-19 seit Jahren erlebt haben. Um den Schengen-Raum, die europäische Reisefreiheit und den täglichen Grenzübertritt zu bewahren, braucht es deshalb eine Reform des Schengener Grenzkodex. Wir benötigen eine europäische Antwort auf Herausforderungen für den Schengen-Raum und verbindliche Regeln für die möglichst seltene temporäre Wiedereinführung von Grenzkontrollen. Nur so können wir den Schengen-Raum schützen und das gemeinsame Leben von Menschen in Europa auch bei künftigen Herausforderungen bewahren.


Herzliche Grüße
Eure Constanze Krehl


Rechtsstaatlichkeit muss in Krisenzeiten geschützt werden
 

 
Die Regierungen Polens oder auch Ungarns stehen aktuell in der Kritik sich - unter dem Deckmantel der Pandemie-bekämpfung - unbegrenzte Macht-befugnisse verschaffen zu wollen. Kritisiert wird hierbei der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, welcher sich angesichts der Corona-Krise mit umstrittenen Corona-Sondervollmachten ausstatten ließ, sowie die polnische Regierung, welche das Wahlgesetz ändern ließ und gute Umfragewerte für die Wieder-wahl des Parteikollegen Andrzej Duda als Staatspräsident nutzen wollte. Darüber hinaus steht auch Polens aktuelle Justizreform in der Kritik.

Aufgrund dieser Vorkommnisse werden erneut Forderungen laut, dass Länder wie Polen oder Ungarn für Verstöße - bei-spielsweise gegen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit - sanktioniert werden müssen. Das sehen wir als SPD-Europa auch so und fordern Härte gegen EU-Staaten wie Ungarn und Polen in Bezug auf ihr Vorgehen in der Corona-Krise. 

Ein entsprechendes Verfahren ist im EU-Vertrag nach Artikel 7 möglich. Dieses kann angewandt werden, wenn ein Mitgliedstaat in schwerwiegender Weise die Grundwerte der Europäischen Union nach Art. 2 EU-Vertrag verletzt, also die Achtung der Menschenwürde, die Freiheit, die Demokratie, die Gleichheit, die Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung der Menschenrechte und die Rechte von Personen, die Minderheiten angehören.

Diese einfach erscheinende Vorgehensweise hat allerdings seine Tücken, die vor allem im Prinzip der Einstimmigkeit liegen. Denn das Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags sieht vor, dass der Europäische Rat - bestehend aus den Spitzen der Europäischen Regierungen -  auf Vorschlag eines Drittels der Mitgliedstaaten oder der Europäischen Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einstimmig feststellen muss, dass eine schwer-wiegende und anhaltende Verletzung der genannten Werte durch einen Mitgliedstaat vorliegt. 
Erst dann kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit beschließen, bestimmte Rechte auszusetzen, die sich aus der Anwendung der Verträge auf den betroffenen Mitgliedstaat herleiten. Diese würde die Stimmrechte des Vertreters der Regierung dieses Mitgliedstaats im Rat einschließen. 
Entsprechend sind einige Hürden bei Verfahren gegen Ungarn oder Polen zu meistern. Bisher verhinderten diese beiden Länder eine Verfahrenseinleitung durch gegenseitige Unterstützung und Nutzung des Prinzips der Einstimmigkeit. 
Dennoch wurde im April ein  Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen mit der Begründung eingeleitet, dass die polnische Justizreform die richterliche Unabhängigkeit der polnischen RichterInnen gefährdet und nicht mit dem Vorrang des EU-Rechts vereinbar ist. Im Falle Ungarns sieht die EU-Kommission eine proaktive Beobachtung vor und möchte genau beobachten, wie die ungarische Regierung den weitreichenden Spielraum für Dekrete nutzen werde.

Als Europa-SPD fordern wir die Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips bei Verstößen gegen die Grundrechte, um Blockadehaltungen in Zukunft zu verhindern und fordern darüber hinaus, dass europäische Gelder beispielsweise durch den Wiederaufbaufonds nach Corona an die Einhaltung von Grundwerten geknüpft werden müssen. Auch hierzu gibt es bereits Vorschläge, die Kommission hatte angeregt, bei Verstößen Strafen vorzuschlagen, die nur mit einer Mehrheit der Mitgliedstaaten verhindert werden könnten. Nun will Ratspräsident Michel das Prinzip umdrehen: Demnach müsste eine Mehrheit der Mitgliedstaaten für Sanktionen plädieren. Das ist uns zu wenig. Der nächste europäische Haushalt und der Wiederaufbaufonds werden entscheidend dafür sein, wie Europa als Wirtschafts-, aber auch als Wertegemeinschaft aus der Krise kommt.

Berichte aus dem Parlament


BREXIT
 

In der letzten Woche fand die UN-Klimakonferenz in Bonn statt. Die Verhandlungen über die Umsetzung der letzten Punkte des historischen Pariser Klimaabkommens gestalteten sich für die EU-Mitgliedstaaten äußerst schwierig. Ziel war es, das Abkommen beim nächsten Klimagipfel im Dezember in Chile verabschieden zu können. 

Die Staaten konnten sich auf dem Gipfel jedoch nicht auf verbindliche Klimaziele einigen. Entsprechend wurde die Frage, wie der letzte Bericht des Weltklimarates mit Maßnahmen zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius umzusetzen sei, nicht abschließend geklärt. 

Die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs haben sich durch ihre Unentschlossenheit gegen das Votum der Menschen bei der Europawahl gestellt. Gerade bei der letzten Europawahl wurde deutlich: die Bürgerinnen und Bürger haben  für mehr Nachhaltigkeit gestimmt. Das wurde schon zuvor europaweit durch Demonstrationen für den Klimaschutz deutlich.

Wir als Europa-SPD sind überzeugt, dass wir eine gute Zukunft für alle nur sichern können, wenn wir den Klimaschutz stärken. Dafür müssen wir den nötigen Wandel unserer Produktions- und Lebensweisen umfassend gestalten. Das ist Verantwortung und Kern sozialdemokratischer Politik, denn der Klimawandel ist eine doppelt soziale Frage: seine Auswirkungen haben weltweit schreiende Ungerechtigkeit zur Folge, und wir sind davon überzeugt, dass seine Abmilderung nur im breiten gesellschaftlichen Konsens geschehen kann.



 

 

Zukunft der EU – Konferenz starten, Europa erneuern


Ende des letzten Jahres haben wir uns auf ein politisches Gremium zur Zukunft Europas geeinigt. Die Zukunftskonferenz soll in den kommenden zwei Jahren neue Antworten für die Zukunft der Euro-päischen Demokratie formulieren.

Unserer Meinung nach bietet diese Konferenz den überfälligen Rahmen für die dringend notwendige Reform der EU nach der Corona-Pandemie und ihren gravierenden sozialen und wirtschaft-lichen Folgen. Denn wenn die EU gestärkt aus dieser Bewährungsprobe hervorgehen will, muss sie jetzt die richtigen Weichen stellen und beginnen, ihren Wiederaufbau und ihre Zukunft aktiv zu gestalten.
Entsprechend sollten die Pläne für die Zukunftkonferenz von Kommission, Rat und Parlament anfang diesen Jahres vor-gelegt werden, damit ein schneller Beginn der Konferenz gewährleistet werden kann. Sowohl das Europäische Parlament als auch die EU-Kommission haben ihre Standpunkte deshalb im Januar beschlossen. 

Doch den EU-Mitgliedstaaten ist es bis heute nicht gelungen, sich auf eine gemeinsame Position zur Durchführung der Zukunftskonferenz zu einigen. Durch diese Blockade im Rat ist wertvolle Zeit verloren gegangen. Zeit, die wir zur Vorbereitung gebraucht hätten, zum Beispiel zur Organisation von Bürgerforen in Zeiten von Corona. 

Deshalb haben wir im Europäischen Union in dieser Woche eine Resolution verabschiedet, die ein deutliches Signal Richtung Rat ist: Einigung statt Blockade ist das Gebot der Stunde. Denn das Europäische Parlament hat kein Verständnis für die Verzögerungstaktiken und ideologischen Schützengräben im Rat. 
Als Parlament fordern wir den Start der  «Konferenz zur Zukunft Europas» unmittelbar nach der Sommerpause im Herbst starten, denn die EU muss jetzt eine klare Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger senden.
 

 

Arbeitsbedingungen für Erntehelfer und -helferinnen müssen endlich verbessert werden



Am Mittwoch hat die EU-Kommission und der Rat eine Stellungnahme zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Erntehelfern und -helferinnen vorgestellt. 

Die mangelhaften Arbeits-bedingungen von Saisonkräften sind in der Corona-Krise noch deutlicher geworden. Die Kommission muss sich zu Schutz-maßnahmen für die Beschäftigten, etwa bei der Spargelernte, äußern.

Die Europa-SPD hat bereits in mehreren Stellungnahmen, gemeinsam mit der rumänischen Delegation der Socialist & Democrats, bessere Regeln für die Unterbringung, im Gesundheitsschutz und in der Entlohnung gefordert. Im Juli folgt voraussichtlich eine Stellungnahme des Parlaments in Form einer Resolution zum Schutz von Saisonkräften sowie grenzüberschreitenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
 
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