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Liebe Leserin, lieber Leser,

Es gibt einen Witz, der häufig über die türkische Linke gemacht wird:

„Wenn zwei Leute zusammenkommen, hat man am Ende drei Fraktionen.“

An diesem Spruch ist etwas wahres – auch wenn er übertrieben ist. Jahrelang behinderten Spaltereien das Wachstum der Opposition. Für die rechten Regierungen war dies ein gewaltiger Vorteil. Doch seit den Wahlen in Istanbul ist es nun anders: Erstmals konnte die Opposition ihre Streitereien überwinden und sich unter dem Schirm der Demokratie treffen. Es bildete sich eine Allianz, die von den Sozialdemokraten bis hin zu den muslimischen Demokraten, von den Nationalisten bis hin zu den Kurden alle Menschen umfasste, die Erdoğan den Titel des „Unbesiegbaren“ aus der Hand nehmen wollten. Sie waren erfolgreich und gewannen Istanbul. Diese schwere Niederlage für die AKP wurde zur Hoffnung für die Bevölkerung.

Nun gibt es Bestrebungen, diese Allianz zu erweitern und in etwas Beständiges zu verwandeln. Es gilt „den Geist von Istanbul“ zu bewahren.

Am Samstag und Sonntag trafen sich in Berlin nun viele Menschen aus der türkischen Opposition zur Konferenz „Bestreben für einen neuen Gesellschaftsvertrag“. Die Solidarität, mit der die Wahlen in Istanbul gewonnen wurden, sollte in etwas starkes überführt werden. Viele Menschen und Organisationen hatten wir lange nicht gesehen, mit einem anderen Teil trennten uns unterschiedliche politische Wege. Nun waren wir gemeinsam in einem Saal.

Wir hatten gelernt, dass unsere Zersplitterung uns alle zur leichten Beute gemacht hatte. Wir jedoch gemeinsam den Spieß umdrehen und selbst zu Jägern werden können. Mit den Wunden aus den Einzelkämpfen gegen die Unterdrückung hatten wir nun endlich den Sinn eines gemeinsamen Widerstandes begriffen.

Unter uns waren Abgeordnete und Anhänger der Saadet Partisi (Partei der Glückseligkeit) bis hin zur HDP (Demokratische Partei der Völker), der Iyi Parti (Gute Partei) bis hin zur CHP (Republikanische Volkspartei), Vertreter der in Europa aktiven Organisationen, Akademiker, Journalisten, Künstler, Politiker im Exil.

Seit 40 Jahren nehme ich an solchen Konferenzen teil: Ich muss gestehen, dass ich zum ersten Mal gesehen habe, wie Menschen von solche unterschiedlicher Gesinnung eine so harmonische Konferenz abgehalten haben. Die Teilnehmenden sorgten sich sehr um diese wertvolle Zusammenkunft und wählten jedes ihrer Worte sorgfältig aus, damit der Zusammenhalt nicht wieder zerbricht. Das Unterdrückungsregime Erdoğans hatte uns zusammengeführt, weil es sich gegen uns alle richtet; aber wir glauben daran, dass unser gemeinsamer Nenner nicht unser Gegner sein soll, sondern unsere Gemeinsamkeiten: Wir stehen für Demokratie, Frieden, Gerechtigkeit, Freiheit, Menschenrecht, Rechtsstaatlichkeit…

Wir wollen gemeinsam kämpfen, bis wir all diese Werte, die uns nach und nach weggenommen worden sind, wiedererlangen würden. Wir trafen die Entscheidung, jetzt schon mit den Vorbereitungen für die Türkei zu beginnen, die nach dem Ende der Unterdrückung geboren wird. Das Jammern der regierungsnahen Medien war der Beweis für die Angst, die dieses Treffen bei der Regierung schürte.

Kurz und gut, der „Istanbuler Geist“ hat sich mit dem Treffen der „Demokratischen Allianz“ in Berlin erneut entfaltet. Und uns allen Mut gemacht.

Beste Grüße,

Ihr
Can Dündar

ÖZGÜRÜZ
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