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Foto: ÖVP

 

„Klarheit schaffen. Kurz wählen.“ - ÖVP

Das Leben ist ein langer Entscheidungsbaum, es ist ein Weg mit unendlich vielen Abzweigungen und Möglichkeiten, Austria oder Rapid, Aufstehen oder Weiterschlafen, Bier oder Wein, Backpacker oder Cluburlauber, fein sein oder Schwein sein, und hinter jeder Entscheidung kommt schon die nächste daher, das kann einen wirklich sehr oft überfordern. Wer will dauernd so viele Optionen haben? Manchmal wäre es vielleicht gar nicht schlecht, wenn einem das Leben ein paar Entscheidungen abnimmt, und darum ist es gut, dass es Sebastian Kurz gibt. „Klarheit schaffen. Kurz wählen“. Das plakatiert die ÖVP in diesen Tagen im ganzen Land, und vielleicht stimmt das ja auch. Sich zu Kurz bekennen schafft Klarheit, wer sagt „Ich bin für Kurz“, der hat den Weg vorgezeichnet, oder zumindest ein paar Optionen weniger.

Sag, dass du Kurz wählst, und ich sage dir, wer du bist. Du bist: jung, dynamisch, du kommst ganz sicher vom Land, wahrscheinlich sogar aus dem Waldviertel. Aber abgesehen vom Juridicum, dem Studiengang Unternehmensführung im Bachelor der FH Wien, und der Chefredaktion von „Presse“ und „Kurier“, bist du in Wien als deklarierter Kurz-Sympathisant ziemlich auf dich allein gestellt (frag nach bei Gernot Blümel, Anm.) Bei „Fridays for Future“ wirst du genauso wenig Freunde finden wie auf der Friedhofstribüne des Sportclubs oder am Wochenende in der Forelle oder im Fluc. Schon mal probiert, einen „Wir für Kurz“-Sticker auf einen Jutesack zu kleben? Eben, der hält nicht. Sag laut, dass du Kurz wählst, und bei einem ersten Date wird wohl sehr schnell Klarheit geschaffen, die Anzahl der Einladungen im Freundeskreis wird sich wohl ebenso einschränken, wie die riesige Auswahl auf Tinder und die Freunde auf Twitter.

Das muss alles gar nicht schlecht sein, wer weniger Optionen hat, der hat oft mehr vom Leben, und wenn man irgendwo allein auf weiter Flur steht, dann stärkt das vielleicht auch die Abhärtungskräfte (frag nochmal nach bei Gernot Blümel). Das muss einem klar sein.

Dass man mit Kurz wählen Klarheit schafft, wie es nach der Wahl weitergeht, das kann die ÖVP jedenfalls nicht meinen. Denn wenn Kurz im Wahlkampf eine Antwort gescheut hat wie das Weihwasser, dann war es die Antwort auf die Frage, mit wem er nach der Wahl koalieren will. Wobei er damit eigentlich alles gesagt hat.

“Und wir Wiener und Wienerinnen wissen: Des Einzige, was aufgewärmt wirklich gut ist, ist ein Gulasch”. Das sagte der großartige Rhetoriker  Josef Cap dieser Tage auf oe24.tv und erklärte damit, warum er nichts von einer Neuauflage von Schwarz-Blau hält. Das ist natürlich ein gutes Argument. Apropos: Josef Cap war 1983 bis 2017 für die SPÖ im Nationalrat, er war ihr Bundesgeschäftsführer und ihr Klubobmann im Parlament. Er hat insgesamt sieben große Koalitionen miterlebt, zumindest sechs aufgewärmte Geschichten lang. Er ist also wirklich Experte für Aufgewärmtes.   

Peter L. Eppinger, Chef-Bastler und Einpeitscher der ÖVP, hat dieser Tage auf Instagram einen Witz gemacht. Er zeigte sich mit einer zusammengeklappten Stehleiter, die er als seine Karriereleiter vorstellte. Es kam gut an. Eppinger ist selbst übrigens ungefähr 1,80 Meter groß. Wenn er springt. 

Es ist aus, vorbei, sie haben mich. Ich weiß noch nicht genau, was sie alles wissen, aber sie haben in jedem Fall: Meinen Namen. Meine Handy-Nummer. Mein Instagram-Profil. Meine Sozialversicherungsnummer. Sie müssten also eigentlich wissen, dass ich nicht nur die liebe Politologie-Studentin mit entschieden zu viel Tagesfreizeit und Taschengeld bin, die seit Tagen scheinbar zufällig immer dort ist, wo sie sind. Sie, das wären: Sebastian Kurz, sein Wahlkampfteam und die gesamte österreichische Polizei.

Ich stehe in Murau in der Steiermark, ein paar Schritte abseits vom Hauptplatz, es ist noch nicht mal Mittag, und in der vergangenen Stunde habe ich mehr Zigaretten geraucht als an einem durchschnittlichen Samstagabend im „Werk“. Ich bin einfach nervös. Ich hatte schon früh gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt. Seit ich in Murau aufgetaucht und mich vor Sebastian Kurz’ Rednerpult gestellt habe, war es komisch. Immer mal wieder hat jemand aus seiner Entourage in meine Richtung gestarrt, sie haben getuschelt: die Selfie-Queen, der Hipster und der Kleine, und vor gut 20 Minuten hat mich dann Michael Jungwirth aus der Menge rausgezogen. Nein, nicht der richtige Michael Jungwirth, der Journalist der „Kleinen Zeitung“, sondern der eine aus dem Kurz-Team, der ihm so verdammt ähnlich sieht, dass ich ihn so nenne. Ob ich einen Ausweis dabeihabe, hat er mich gefragt, er müsse mich kontrollieren, weil ich auf so vielen Kurz-Veranstaltungen dabei war. Dann hat er mir eine Dienstmarke gezeigt, auf der irgendetwas mit „Innenministerium“ draufstand. Als er dann versucht hat, meine E-Card mit seinem alten iPhone, bei dem die Scheibe total zersprungen war, zu fotografieren, war ich kurz etwas entspannter – wenn die Polizei bei uns den De-facto-Kanzler mit komplett kaputtem Material beschützt, dann sind wir vielleicht doch deutlich weiter von einem Überwachungsstaat entfernt, als manche denken. 

Trotzdem war ich nervös. Denn was sollte ich jetzt tun?

Anders, als Michael Jungwirth denkt, bin ich nämlich nicht erst seit ein paar Tagen hinter Kurz her – sondern seit fast zwei Monaten. 3.000 Kilometer kreuz und quer  durch Österreich sind es bisher, immer in seinem Windschatten. Nein, ich bin keine Stalkerin. Ich will Kurz weder Böses noch Nettes, ich will ihn weder mit Farbbeuteln bewerfen, noch will ich ein Kind von ihm, ich war immer höflich, habe ihn nie bewusst gestört und auch nie mehr als das Nötigste mit ihm geredet. Ich will – oder wollte – einfach Selfies mit ihm. Insgesamt 50, das ist – das war – mein Ziel. 

Aber jetzt stehe ich bei Bild zwölf, ich stehe in Murau, also gefühlt am Ende der Welt, es ist Ende August, es ist sauheiß, ich habe eine bescheuerte Jeans-Hose und ein noch bescheuerteres schwarzes Sakko an, beides frisch vom H&M, ich sehe aus wie die JVP-Vorsitzende von Wulkaprodersdorf und ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll. Zum nächsten Kurz-Termin nach Leibnitz weiterfahren und so tun, als wäre nichts gewesen? Oder die Aktion abbrechen? Echt keine Ahnung, außerdem gehen mir die Zigaretten aus. 

Scheiße.

 


(Das ist der Anfang der Geschichte "Kurz im Bild" von Resi Reiner, die für das aktuelle Fleisch "50+1 Gründe, warum Politik trotzdem super ist" versucht hat, 50 Selfies mit Sebastian Kurz zusammen zu bringen. Sie hat es nicht ganz geschafft). Das Heft kann man am besten unter redaktion@fleischmagazin.at bestellen.

Die Schweiz ist nicht zufrieden. Die Co2-Emissionen unseres Nachbarlands sind im Verkehr immer noch gleich hoch wie 1990. Obwohl der öffentliche Verkehr ausgebaut wurde (die Schweizer fahren etwa rund 2.400 Kilometer pro Jahr mit dem Zug, die Österreicher 1.400 Kilometer; 20,6 Prozent der Wege wurden 2016 öffentlich zurückgelegt, 1998 waren es 17,1 Prozent), obwohl die Autos heute so viel effizienter sind, obwohl die Schweiz die Abgasnormen der EU übernommen hat. Zwischenzeitlich lagen die Emissionen sogar über dem Wert von 1990, seit ein paar Jahren gehen sie immerhin leicht zurück. Und trotzdem liegen sie immer noch auf dem Stand von 1990. In Österreich? Sind die Emissionen im Verkehr seit 1990 um 76 Prozent gestiegen.

Diesen Newsletter. Wir hatten uns gerade irgendwie daran gewöhnt.

Ivo Trifunovic steht mit dem Bugatti am Parkplatz vorm Supermarkt, während seine Frau einkauft, und plötzlich findet er seine Ex wieder geil. So beginnt Tonio Schachingers Roman „Nicht wie ihr“ über einen österreichischen Fußballstar mit bosnischen Wurzeln, der in England und im Nationalteam irgendwie wohl ziemlich erfolgreich ist, irgendwie aber auch ständig in der Kritik steht und irgendwie auch nirgends so richtig dazu gehört, nicht zu Österreich, nicht zum Fußballwahnsinn, und manchmal auch nicht zu seiner Familie. Es geht hier um Profifußball, klar, aber vor allem geht’s ums Leben und ums Innenleben. Schachinger findet dabei eine super Balance, eine Sprache, die zwischen zart und deftig pendelt und einen Helden, den man wahnsinnig gern haben muss.

Tonio Schachinger, „Nicht wie ihr“, Kremayr und Scheriau, 22,90 Euro
Samstag und Sonntag dieser Woche findet in Wien der 13. Wiener Weinwandertag statt. Drei unterschiedliche Routen mit insgesamt 25 Kilometern Wanderweg gibt es, entlang der Wege stehen Wiener Winzer und verkaufen ihre Produkte. Losgewandert wird jeweils um 10 Uhr, das große Finale ist Sonntag um 18 Uhr. Also exakt eine Stunde nach der ersten Hochrechnung zur Nationalratswahl. Vielleicht sollte man also zumindest am Sonntag bereits um 10 mit dem Wandern und Trinken beginnen. 

Wiener Weinwandertag, 28. und 29. September, 10-18 Uhr, Wanderwege gibt es unter 
https://www.wien.gv.at/umwelt/natuerlich/weinwandertag.html
 
Wenn Menschen, die seit Jahren ständig so tun als würden sie einen nicht kennen, für den Nationalrat kandidieren und mit Parteiprogramm und Kressesamen in der Stadt unterwegs sind - soll man diese dann in ein Gespräch verwickeln, jetzt, wo sie gerade nicht davon laufen können?
U-Bahn-Station Wien Messe, kurioserweise gibt es hier sehr wenige Dreiecksständer der wahlwerbenden Parteien, umso mehr fallen die zwei Plakate an einer Straßenlaterne auf. Sie werben für die KPÖ. Das ist vor allem deswegen interessant, weil die U-Bahn-Station Wien Messe die U-Bahn-Station der Wirtschaftsuniversität ist. 
Brigitte Bierlein. Einen parteifreien Innenminister. Und irgendwann dann bald einmal ein neues Hemd für Werner Kogler.  

Die großartige Vorwärts aus Steyr hatte am Sonntag Fußball-Frühschoppen, es ging gegen die Baby-Austria, absolut unüblich für ein Frühschoppen endete die Sache mit Nullnull, die Babyaustria war aktiver, die Vorwärts hatte aber zwei Stangenschüsse, aber egal, Runde 8, 13. Punkte, 22 Noch bis zum Klassenerhalt, das sieht recht gut aus, jedenfalls nicht nach Nullkommanull.

Wir lernen: Klarheit schafft man am besten mit Toren. 

Eine schöne Woche. Cheers!
Markus Huber and the Fleisch Collaboration
 
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