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Liebe Leserin, lieber Leser,

Seit ein paar Wochen reise ich wegen der verschiedensten Anlässe durch wichtige Städte in Europa und den Vereinigten Staaten. Ich habe in Washington begonnen, danach ging es nach Berlin, Straßburg, Paris, London und Brüssel. Bei all meinen Treffen mit verschiedenen Delegierten herrschte beinahe dieselbe Stimmung: Verwirrung, Pessimismus, Visionslosigkeit...
 
Die Bürokraten und Politiker im US-Außenministerium, Kongress und im Senat haben mir erzählt, dass sie sich jeden Tag aufs Neue darüber sorgen, was Präsident Trump wohl heute tweeten wird. Das erste Mal in ihrer Geschichte erleben die USA ein solches Regime wie das unter Trump.
 
Europa hingegen merkt, wie sich der Kontinent zerteilt und langsam seinen Welteinfluss verliert. Das „Demokratieforum“ des Europarats, an welchem ich teilgenommen habe, schien mehr wie ein Gipfel für Probleme und Hilflosigkeit statt konkrete Lösungsansätze. Der Brexit erschüttert momentan nicht nur Großbritannien, sondern auch das Ideal eines europäischen Staates. Zusätzlich kommt noch das NATO-Beben: Der französische Präsident Emmanuel Macron warnte im „Economist“, dass die NATO hirntot sei. Weiter sagte er: „Wir können den USA nicht mehr vertrauen, was unsere Selbstverteidigung angeht.“ Kanzlerin Merkel entgegnete dem, dass Macrons Worte eine „unangebrachte verbale Attacke“ seien.
 
Im „neuen Europa“ ist die Situation noch schlimmer: Vor 15 Jahren traten Länder der ehemaligen Sowjetrepublik der EU bei – in den meisten dieser Länder herrschen immer noch despotische Regierungschefs, welche sich nicht zu den Pfeilern der EU bekennen. Heute sehen viele Europäer die unvorbereitete Osterweiterung als einen Fehler an. Man träumte davon, dass westliche Werte den Osten verändern könnten, jedoch sorgten vielmehr die vom Osten verbreiteten Ängste für Regierungswechsel im Westen. Bei den Europawahlen in Frankreich ging die rechtsextreme Partei unter Le Pen als Siegerin hervor während sich die Stimmen für die Parteien im mitte-linken und mitte-rechten Spektrum marginalisierten. Auch bei den Landtagswahlen in Thüringen bauten die Volksparteien ab und die rassistische AfD wurde zweitstärkst Kraft. Und in Spanien bemüht sich Katalonien um Unabhängigkeit – das Land wählte gestern zum vierten Mal innerhalb der vergangenen vier Jahre.
 
Das pessimistische und immer weiter rechts abdriftende Europa sieht aussichtslos zu, wie Russland die Führung im Nahen Osten übernimmt, wie China immer weiterwächst und wie sich die USA vom Atlantischen Bündnis distanzieren.
 
Als ich mir vergangenes Wochenende die Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag des Mauerfalles angesehen habe, dachte ich darüber nach, wie schnell die Hoffnung von 1989 und die aus dem einheitlichen Deutschland entstandene Bewegung des „einheitlichen Europas“ erlosch. Von 30 Jahren ganz zu schweigen – selbst bei dem Gedanken an Europa drei Jahre nach dem Mauerfall konnte der Mensch nicht anders als sich zu sorgen.

Beste Grüße,

Ihr
Can Dündar

ÖZGÜRÜZ
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