Sind Frauen (wirklich nicht) die besseren Menschen?
Vorigen Freitag war in Zürich die Vernissage (Foto oben), des Buches "Vom Glück, eine Frau zu sein", so der Titel der deutschen Übersetzung des neuen Buches der italienischen Philosophin und Differenzfeministin Luisa Muraro.
Was für eine Aussage!
Man kann Feminismus ja in vielerlei Hinsicht sortieren und differenzieren. Man kann zum Beispiel unterscheiden zwischen feministischen Generationen (zweite, dritte, vierte Welle), oder zwischen feministischen Strömungen (radikal versus queer, Gleichheit versus Differenz, autonom versus links versus intersektional) und so weiter. Der für mich wichtigste Unterschied ist schon immer der zwischen einem Feminismus, der von der Stärke und dem Begehren der Frauen ausgeht, und einem, der sich nur aus dem Kampf gegen Unterdrückung und Diskriminierung speist. Dieser Kampf ist natürlich wichtig. Aber Feminismus ist für mich so viel mehr.
Und Frausein ist so viel mehr, als unterdrückt zu werden. Aber ist es deshalb gleich schon ein Glück? Ein Privileg?
Bei der Vorbereitung meiner Laudatio zu dem Buch, die ich bei der Vernissage halten durfte (Manuskript wird noch veröffentlicht), habe ich darüber nachgedacht, ob es stimmt, was Muraro schreibt, dass mit dem Frausein eine gewisse Exzellenz einhergeht, und dass es ein Glück ist, dass es Frauen gibt, nicht nur für die Frauen, sondern für die Welt.
Die Einwände, die so eine These hervorruft, liegen natürlich auf der Hand. So sehr, dass es mich schon wieder skeptisch macht. "Frauen sind nicht die besseren Menschen!" - dieser Satz ist heutzutage fast schon eine Art Beschwörungsformel, die man rezitieren muss, bevor man etwas Positives über Frauen sagen darf. Ohne dieses Bekenntnis darf man sich als Feministin nicht legitimerweise am öffentlichen Diskurs beteiligen. Auf keinen Fall darf das Positive, das man im Begriff ist über Frauen zu sagen, etwas mit den Frauen selbst, oder mit ihrem Frausein zu tun haben, es muss durch andere Dinge (Sozialisation, Strukturen etc.) erklärt werden.
Aber jetzt mal im Ernst: Warum ist es uns eigentlich so wichtig, dauernd zu betonen, dass Frauen nicht die besseren Menschen sind? Ich meine: Selbst wenn es so wäre (was wir nicht wissen können, da wir keine Welt kennen, in der Frauen so schalten und walten können, wie sie es von sich aus tun würden), selbst wenn wir also beweisen könnten, dass Frauen nicht die besseren Menschen sind: Welches symbolische Bedürfnis steckt dahinter, dieses Mantra immer wieder aufzusagen?
Das ist doch eine interessante Frage (denke ich seit in paar Tagen, vorher war sie mir nie in den Sinn gekommen). Habt Ihr Ideen oder Meinungen dazu?
Eine schöne Adventszeit wünscht euch,
Antje
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