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Liebe Leserin, lieber Leser,

Heute werde ich Ihnen eine kleine, aber betrübliche Liebesgeschichte erzählen…

Es war im Jahr 2001. Am Valentinstag hatte die Zeitung Hürriyet einige Autoren gebeten, einen Liebesbrief zu schreiben. Hrant Dink schrieb seiner Ehefrau Rakel Folgendes:

„Meine Geliebte, mein Ein und Alles, Du – ein Teil von mir!

Du, du warst der Frieden, die Ruhe, um die ich stets gekämpft habe. Du warst die Wurzel meines Rechts auf das Anderssein, meines Wunsches nach Gleichheit, meiner Liebe zur Freiheit. Dein Preis war teuer, ich habe ihn gezahlt. Ich werde ihn zahlen.

Eines Tages, meine Geliebte, wenn meine Augen ermüden, ruf die Kinder zu dir. Öffne meine Augen ein letztes Mal. Zeig ihnen meine Pupillen und sag ihnen:

‚Euer Vater hat mich mit diesen hier geliebt.‘“

Jahre sind vergangen. An einem Sonntag haben sie sich die alten Bilder angeschaut und die alten Briefe hervorgeholt. Sie haben sie gelesen, gelacht. Hrant hat diesmal seinen Brief zum Valentinstag seiner Geliebten laut vorgelesen.

„Schau“, sagte er, „was ich dir alles geschrieben habe. Du hast mir noch nie einen Brief geschrieben.“

Rakel lachte:

„Warum soll ich denn einen Brief schreiben? Ich war immer bei dir. Ich habe dir alles gesagt, was ich zu sagen hatte.“

Nicht viel später, im Jahr 2007, brachten sie Hrant um, indem sie in sein leuchtendes Gehirn schossen… Rakel setzte sich an den Tisch als ihre Wunde noch in Strömen blutete; sie schrieb den Brief an ihren Mann, den sie ihm nicht schreiben konnte als er noch am Leben war:

„Oh meine Brüder und Schwestern!

Noch waren seine Augen nicht müde, noch war sein Körper nicht alt und krank, noch hatte er nicht genug von denen, die er liebte, als sie ihn ins himmlische Paradies fliegen ließen. Auch wir werden kommen, mein Geliebter, in dieses unvergleichliche Paradies. […] Wer kann vergessen lassen, was du getan und gesagt hast, mein Geliebter? Kann Angst all das vergessen lassen? Das Leben? Die Grausamkeit? Das Lasterleben dieser Welt, mein Geliebter? Nein, keine Dunkelheit wird es schaffen, dich vergessen zu lassen. Ich habe dir auch einen Liebesbrief geschrieben, mein Geliebter. Auch ich habe einen hohen Preis zahlen müssen, mein Geliebter.“

Danach faltete sie den Brief und legte ihn in ihre Tasche.

Sie las ihn am 23. Januar 2007 laut klagend auf der Beerdigung ihres Ehemannes, im Beisein von zehntausenden Menschen, die gekommen waren, um ihn zu begleiten.

Beste Grüße,

Ihr
Can Dündar

ÖZGÜRÜZ
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