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Beschriftungen für Gastlichkeit
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Mahlzeit!

»In den meisten Gasthäusern bekommen Sie ja nicht einmal ein Tischtuch auf den Tisch und wenn Sie darum bitten, man möge doch den Schmutz von der schmutzigen, sehr oft tatsächlich biernassen Platte wischen, bekommen Sie eine ungezogene Maulerei zu hören, sagte Reger. Die Toilettenfrage und die Tischdeckenfrage sind in Wien nicht gelöst, sagte Reger.«
(Thomas Bernhard, Alte Meister, 1985)
Sie buhlen um hungriges Publikum, versprechen Braten oder starken Kaffee, Gediegenheit oder legeres Ambiente: Beschriftungen von Gastronomiebetrieben sind oft hochwertig und liebevoll gestaltet. Manche transportiert so die inneren Werte des Lokals nach außen, manche lässt trotz schöner Lettern nicht viel mehr erwarten als Dosengulasch und Flaschenbier.
Man trifft auf hinreißende Schreibschriften, dynamische Kursive, stolze Versalien mit Serifen, leichte Neonkurven, gerne entweder alt oder auf alt getrimmt. Sie alle werben, sie alle beleben Sehnsüchte nach Stärkung und Geborgenheit, nach Rückzug oder Sehen und Gesehenwerden.
Niederschwellig geht es üblicherweise in Kaffeehäusern zur Sache. Die Speisenangebote reichen von Würstel und Toast in einfacheren Betrieben bis hin zu Gebackenem und Tafelspitz in renommierten Häusern. Man bekommt recht unkompliziert einen Platz und speist preiswerter als in einem Restaurant.
Die Beschriftungen bestechen durch ihre individuelle Gestaltung und hohe handwerkliche Qualität. Ein spannendes Wiener Original ist etwa die Konditoreikette Aïda mit über 30 Filialen, die im Laufe von Jahrzehnten entstanden sind und dadurch viele – im Detail – unterschiedlich gestylte Neonschriften aufweisen. Gemeinsam ist den kursiven Logotypen das zum Großbuchstaben umgeformte eingeschoßige »a«. Neben der abwechslungsreichen Beschriftung ist Aïda berühmt für ihre Melange mit Schlagobers.
Das gravierte und gemalte Display am Eingang des Café "F" bei der Fondation Maeght, einer der bedeutendsten Kunstsammlungen Frankreichs, ordnet sich mit seiner neutralen, modernen Typografie perfekt Architektur und Objekten unter.
Man denkt beim Anblick dieses dynamischen Schildes mit zweifarbiger Hinterleuchtung unwillkürlich an eine Boyband aus den 1980ern. Die Sandwiches sind sicher einen Versuch wert.
Meisterhafte Kalligrafie für meisterhafte Speisen vor dieser Miniatur eines Restaurants.
Zeit ist Geld. Wem es daran mangelt, kann sich einen Imbiss kaufen und diesen im Stehen oder Gehen einnehmen. Damit betreten wir eine Retrowelt, denn vielerorts wurden Imbissstuben und Fleischhauer von Supermärkten verdrängt.
Wie alles Menschliche und Menschengemachte durchläuft auch die Gastronomie unausweichliche Phasen: die Blüte, das pralle Leben, den Niedergang und schließlich den Tod. In manchen Fällen bleiben verlassene Lokale mit kompletter Beschriftung zurück, die noch lange von den Wirtinnen erzählen und den Wirten, ihrem Geschmack und ihrer Persönlichkeit. 
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