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Liebe Leserin, lieber Leser,

Das Coronavirus hat dazu geführt, dass wir die Bedeutung zweier Dinge, an denen es in der Türkei mangelt, besser verstehen:

Eine vertrauenswürdige staatliche Autorität und verantwortungsbewusste Medien.

Der Mangel führte zunächst in den sozialen Medien zu einer Gerüchte-Epidemie und anschließend zur Panik.

Dass man dem Virus, das sich schnell in der Welt verbreitete, bis zur letzten Woche in der Türkei nicht begegnet war, war für die Regierung ein Anlass für Anerkennung und für uns ein Anlass zur Sorge. Viele von uns erklärten sich dies nicht mit dem Erfolg der gesundheitlichen Präventionsmaßnahmen, sondern mit der Kunst der Regierung, Informationen zu verheimlichen. Erst letzten Monat hatte die Regierung die Zahl der an der Front gefallenen Soldaten erst veröffentlicht, nachdem sie die Zahl der Öffentlichkeit über einen längeren Zeitraum gestreckt und schonend beibrachte; dass sie dies nicht auch im Fall des Virus tun würde, war schwer zu glauben.

So waren dann auch die sozialen Medien plötzlich voll mit Nachrichten und Bildern aus Krankenhäusern mit Corona-Infizierten. Der Glaube daran, dass es viele Fälle gibt, diese aber vor uns verheimlicht werden, verfestigte sich. Dass Ermittlungsverfahren gegen die Beiträge in den sozialen Medien eingeleitet wurden, heizte diesen Glauben immer mehr an. Schließlich gab der Gesundheitsminister den ersten Fall in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in einer Pressekonferenz (ja genau, um 01:00 Uhr) bekannt. Und viele bewerteten diese Panik als einen Versuch, die neue Partei Ali Babacans zu überschatten, deren Gründung am nächsten Morgen bekanntgegeben werden sollte. Wenn Sie einmal das Vertrauen verloren haben, begegnet man jedem Ihrer Schritte mit Argwohn.

Auch, wenn das Ministerium danach versuchte, regelmäßig zu informieren, war klar, dass das Gesundheitssystem unvorbereitet waren. Die Entscheidung, Schulen zu schließen und Fußballspiele ohne Zuschauer stattfinden zu lassen, wurde schnell getroffen. Doch als es um den Gottesdienst ging, standen religiöse Sensibilitäten der Gesundheitsvorsorge im Weg. Dass diejenigen, die sich für das Freitagsgebet versammelten und diejenigen, die von der Pilgerfahrt Umra zurückkehrten, nicht angetastet wurden, hat das Risiko erhöht.

Die Leere, die die staatliche Autorität hinterließ, füllte die Öffentlichkeit; allerdings waren die Medien, genauso wie der Staat, unvorbereitet. Entweder haben sie mit Nachrichten wie „Das Volk hat die Regale gestürmt“ Panik verbreitet oder aus Angst vor der Regierung ihre Pflichten vernachlässigt, indem sie gar nicht informierten. Das heißt entweder waren sie sehr unbesonnen oder übertrieben besonnen.

Corona hat uns nicht nur an die Bedeutung einer öffentlichen Gesundheitspolitik, die nicht in den Hände des Marktes überlassen wird, erinnert; er hat uns auch die Notwendigkeit einer Presse gezeigt, die nicht die Trompete des Staates ist.

Ich hoffe, dass, wenn die Quarantäne vorbei ist, wir nicht nur den Virus, sondern auch die Regierung und die Medien, die uns an unseren schlechten Tagen den Gerüchten und unserem Schicksal überlassen haben, besiegt und erneuert haben werden.

Beste Grüße,

Ihr
Can Dündar

ÖZGÜRÜZ
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