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Europäische Einwanderung in der Schweiz

3 Fragen an...

Prof. Philippe Wanner
Professor am Institut für Demografie und Sozioökonomie, Universität Genf
1. Wie würden Sie den Beitrag der europäischen Einwanderung zur Geschichte der modernen Schweiz (nach dem 12. September 1848) bewerten? Es gab zwischen der Schweiz und den Ländern Europas schon immer Migrationsflüsse, welche mit der geografischen und kulturellen Nähe, insbesondere aber auch mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten in den Industriesektoren und später dann im Dienstleistungssektor zusammenhängen. Der wichtigste Strom war jener der ItalienerInnen in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg: 1970 zählte die Schweiz mehr als eine halbe Million (583‘000) ItalienerInnen. Sie kamen in die Schweiz, weil die Wirtschaft sie brauchte, so wie die heutige Wirtschaft die 2.2 Millionen AusländerInnen braucht, die in der Schweiz leben, und die 300‘000 GrenzgängerInnen, die jeden Tag hier zur Arbeit kommen. Wenn wir die Zahlen bei Seite lassen und uns ins Feld begeben, sind wir von den kreativen Fähigkeiten der Einwanderer der Vergangenheit und Gegenwart beeindruckt. Viele Grossunternehmen, aber auch eine Vielzahl an KMU, welche für die Schweizer Wirtschaft unverzichtbar sind, wurden von Einwanderern gegründet, welche einen wesentlichen Beitrag zum Wirtschaftserfolg der Schweiz geleistet haben.

2. Hat sich die europäische Einwanderung seit der Einführung der Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union geändert oder weiterentwickelt? Die Personenfreizügigkeit wurde zu einem Zeitpunkt eingeführt, als sich die Schweizer Wirtschaft spezialisierte und der Arbeitsmarkt internationaler wurde: Stellenangebote für Hochqualifizierte werden heute im Internet veröffentlicht und sind überall zugänglich. Die Personenfreizügigkeit hat die Anstellung von EuropäerInnen erleichtert und der Schweizer Wirtschaft erlaubt, an diesem Kompetenzwettbewerb teilzunehmen und von der Internationalisierung zu profitieren. Aber lassen wir uns nicht täuschen: Die Wirtschaft ist nicht nur von der Migrationspolitik abhängig und eine anhaltende Migration hätte auch ohne die Personenfreizügigkeit stattgefunden. Die Personenfreizügigkeit hatte ausserdem eine Auswirkung, von der sehr wenig gesprochen wird: Sie verlieh europäischen Bürgern – insbesondere portugiesischen Staatsangehörigen –, welche vor 2002 illegal in der Schweiz arbeiteten, einen legalen Status und minderte somit die menschenunwürdigen Folgen der Schwarzarbeit.

3. Die SVP greift die Personenfreizügigkeit frontal an. Wäre mehr internationale und weniger europäische Einwanderung eine durchführbare Alternative für die Schweiz? Für DemographInnen und SoziologInnen ist die Integration ein wichtiges Kriterium bei der Analyse der Auswirkungen der Migration auf ein Land. Integration bezieht sich auf die Fähigkeit, zusammen zu leben, sich zu verstehen und kommunizieren zu können. Sie wird natürlich erleichtert, wenn die geographische Nähe gegeben ist. Die «Migration-Mobility»-Umfrage, die wir alle zwei Jahre durchführen, zeigt nicht nur eine sehr starke Bindung der MigrantInnen an die Schweiz, sondern auch an ihr Herkunftsland. Migration ist nie ein endgültiger Abschied; die Bindungen zum Herkunftsland sind stark und aus menschlicher Sicht notwendig. Migrieren ist nicht länger ein endgültiger Abschied, bei dem Familie und Freunde zurückgelassen werden. Man lebt oft zwischen zwei Ländern. So kehren 80% der MigrantInnen regelmässig in ihr Herkunftsland zurück, um ihre Familien zu besuchen. Diese Bindungen sind leichter aufrechtzuerhalten, wenn man aus Deutschland oder Frankreich kommt, als wenn man aus weiter entfernten Ländern kommt. Darüber hinaus kann die Migration von Nicht-EuropäerInnen, obwohl sie bereits eine wichtige Rolle spielt, die europäische Migration nicht ersetzen. In vielen Bereichen, wie z.B. im Gesundheitssektor, befindet sich die Mehrheit der potenziellen KandidatInnen für eine Einwanderung in Europa. Eine Hinwendung zu weiter entfernten Ländern, wie den Ländern des Südens, wäre ethisch fragwürdig, da dies das Wachstumspotenzial dieser Länder schwächen würde.
Lies das vollständige Interview hier

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"Ja, das nennt sich Solidarität unter Nationalstaaten, und ist etwas Wunderbares. Im Gegensatz zur zentralistischen EU, die gerade die Lieferung von Medizinalgütern in die Schweiz teilweise blockiert." Michael D. Schmid, Facebook, 24.03.2020

Falsch! Es waren gerade die "Nationalstaaten", wie zum Beispiel Frankreich, welche die Lieferung von Medizinalgütern an der Grenze blockiert hatten. Die EU-Kommission führte am 21. März eine Regelung ein, welche den Export von Medizinalgütern an Drittstaaten beschränkte, nahm dann aber die EFTA-Ländern und somit auch die Schweiz davon aus. Sie sorgte so dafür, dass die blockierten Güter an der Grenze wieder frei gegeben werden konnten.
Ich engagiere mich für eine offene und europäische Schweiz
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22-24. April - Internationales Forum für Meerespolitik, Brüssel
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1-5. Juni - EU-Grüne Woche 2020, Brüssel
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