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Japan: Henro Shikoku

Der Shikoku-Pilgerweg (四国八十八箇所, shikoku hachijū hakkasho; zu Deutsch etwa: „88 Orte Shikokus“) mit seinen 88 heiligen Orten ist ein wichtiger buddhistischer Pilgerweg auf der japanischen Insel Shikoku. Er gehört zu den wichtigsten Elementen des Daishi-Glaubens (大師信仰, Daishi shinkō), in dem der buddhistische Mönch und Gründer der Shingon-shū, Kūkai (774–835), verehrt wird.  (Quelle: Wikipedia)
Wenn man auch solche optischen Glanzstücke erleben möchte, muss man auch die 20 Nebentempel in seine Route einplanen.
Ich mag ihn seit ein paar Jahren kennen, gesucht habe ich mein Leben lang. Den Pilgerweg im Fernen Osten mit 1.200 jähriger Historie auf über 1.200 Kilometern, rundherum um die Insel Shikoku im Land der aufgehenden Sonne. Bis zu 108 buddhistische Tempel warten auf den Henro, den Pilger, den geliebten. Lief anfangs völlig weiß gekleidet mit Unsicherheit und fragte meinen Geist nach Sinn, bekam die Antwort vom Herzen langsam eingeflößt und begab mich wacker auf den Weg der mein Leben auf neuen Pfaden wandeln ließ. Dies ist keine normale Reise die vorbereitet werden kann, man kann sich nur ergeben und des reinen Pilgerns Mystik voll und ganz erleben. Bist hier Gläubiger oder Narr der sich bald selbst bekehren wird; kommst zu dir an, wenn du dich lässt. Bist selbst Botschafter deiner Seele und wirst geholfen von jeglicher Energie um dich herum. Wanderst hier sicher nie allein, denn Kōbō Daishi, der Gründer, Vater, Freund und Helfer wird immer bei dir sein. Ohenro San wirst du gerufen, wird man dich lobend anerkennen, dir Gutes und Geschenke bringen. Wirst bald nicht mehr nur von deiner eigenen Kraft getragen, bist Teil des Ganzen und des Kosmos der sich während deiner Reise auf diese Insel fokussiert. Wird auch in Zukunft bleiben Teil von dir, denn niemals zuvor warst du näher dran. An dir.
 

Japan: Der Weg zu meiner Seele
 

Ich entsinne mich noch genau an diesen einen und ersten Moment als ich von ihm erfuhr, seitdem es Prophezeiung war, ich nicht entschied ob es Optionen gab, nur wusste, ihn zu gehen habe, um fortzuführen meine Existenz. Das Datum bildete sich ab am planerischen Horizont und ich versprach niemandem geringeren als meiner Seele selbst ihn anzugehen, mitzunehmen. Vom ersten Glimmen noch entfachte sich der lodernde Brand zum Fegefeuer, türmte sich auf zu lichten Höhen und warf Schatten voraus die es zu beleuchten gab. Nicht einmal die finstre Angst war stark genug um das weise Gefühl der Veränderung zu dimmen. Es war Vorahnung & -freude gleicher Maßen, die in mich brachen, mich bersten, und mich als offenes Puzzle dort erschienen ließen, wo ich zu sein hatte, ganz bestimmt; an diesem Ort, zu jener Zeit. Mit Gewissheit hat das nichts zu tun. Glauben kann man diesem nur schenken, wenn man ihn gefunden hat. Lückenlos, erschien das Ereignete geplant zu sein, von höherer Kraft mit besten Willem, ging es mit mir und tiefer in mich als je gedacht. Gefühlt bewusst geworden liefen wir zusammen nun dahin. Habe jetzt einen Meister mehr der um mich sorgt, habe gelernt ihm zu vertrauen, mich ihm an- & aufzuopfern, bin er selbst so wie er mein, nur so können wir gemeinsam sein. Habe gespürt und wurde gelaufen, habe einen Schwur getan, nicht eher ab zu ruhen bis ich den Weg gegangen war, hin zu meiner Seele, ganz und gar. Bin über mich hinaus gewachsen um mich von außen zu betrachten, lief Schritt für Schritt in die Millionen, Lichter, Lächeln und Legionen. Wurde getragen nicht von meines Willen, wurde beflügelt von dem Land, dem Spirit und den Menschen die mich zum Ziele zerrten und sich begaben, mit mir in zeitloser Manifestation ergaben. Blicke nun zurück und auf des Wunders Verkörperungen, verweile im Nirvana hier und jetzt bis der Ruf der Seele wieder vernehmbar ist.
Jeder Tempel ist einzigartig, so auch Kongōfuku-ji (金剛福寺) mit der Nummer 38 der nach der längsten Etappe zwischen zwei Tempeln mit über 80km ganz besonders das Pilgerherz erfreut.
In den meisten Tempeln findet man neben verschiedenen Buddha Statuen auch eine Skulptur Kōbō Daishis und die Tempelglocke die zu Beginn des Besuches geläutet werden sollte.
Oftmals sind die heiligen Stätte der Tempel kunstvoll und pompös dekoriert, aber leider oft auch nicht so offen und zugänglich wie diese zur Schau gestellt.
Nicht nur die 88 Haupt- & 20 Nebentempel besucht man während der Pilgerreise, sondern man kommt auch an vielen weiteren Heiligtümern und Schreinen vorbei.
In jedem Tempel gibt es eine Haupthalle für die jeweiligen Buddhas diesen Tempels und stets eine Daishi Halle zum Ehren von Kūkai, dem Vater des Pilgerweges.
Die 88 Haupt- und 20 Nebentempel fungieren als Refugium physischer und psychischer Inkarnation; du solltest dich vor jedem Tor verbeugen, deine Hände waschen und die Glocke läuten; an jeder Tempelhalle beten, räuchern, spenden und die Sutras rezitieren, aber vorrangig Raum für dich und andere kreieren. Begegnest hier Kūkai in dichtester Präsenz, bittest sorgsam um Geleit, um Obhut und die Trockenheit. Hier wird dir nicht nur ein Stempel in dein Buch gedrückt, hier kalligraphieren Künstler ganz entzückt. Sieh die Tempel nicht nur als Wegstationen, nimm dir Zeit und sieh sie richtig an, nur so kommst du wirklich an dich selbst heran.
An jedem Tempel gibt's im Nōkyōsho (Stempelbüro) für 3$ die jeweiligen Stempel und einzigartigen Kalligraphien welche die begehrten Stempelbücher ausmachen.
Auf der Wallfahrt wird weiße Kluft getragen, welche die Reinheit des Geistes aber auch die stete Präsenz des Todes repräsentiert, denn letztendlich wandeln wir alle jeden Tag mit ihm.
In Prozessionen sieht man wie tief die religiöse Praxis bzw. die generelle Spiritualität in die sonst so industrialisierte japanische Kultur verwoben ist.
Viele japanische Pilger haben erst in ihrer Rente Zeit und Geld um die Pilgerreise zu begehen und schliessen sich oft als Gruppen zusammen die mit Bussen von Tempel zu Tempel gefahren werden.
Dies ist das einzige Bild aus Kōya-san, der heiligen Stätte auf der Nachbarinsel Honshu, in der Kōbō Daishi noch immer über uns wacht und meditiert.
Du wirst nicht viele weis(s)e Pilgern treffen auf deinem Weg, jede Zusammenkunft ist kostbar und nach Willen intensiv. Begegne jedem Menschen mit dem Lächeln deiner eigenen Essenz und bedanke dich für die gebrachten Gaben, sie werden Teil von dir und wirst dich noch lange an ihnen laben. Akzeptiere alles Entgegengebrachte so wie dich selbst, nimm alles mit und steck es ein, es wird für immer bei dir sein. Die Leute geben dir aber nicht nur Güter, sie sind auch die wahren Hüter; der Traditionen und der Geschichten die sich um dich und deines Geistes flechten. Die Kommunikation läuft meistens nonverbal, was sie nicht mindert, denn wahrer Ausdruck und Intention kommt von innen, jedes mal.
So gut wie jede Nacht verbrachte ich in diversen Hütten am Wegesrand, nicht immer so idyllisch gelegen wie diese an einem Flussufer.
Einige Einheimische kommen der Tradition des Osettai (Geschenke erbringen) nach indem sie urige Pilgerunterkünfte errichten.
Japanisches Essen ist vielfältig und rein, lässt einen niemals unangenehm fühlen, i(s)st sensationell gesund und lecker.
Auch solche kostenfreien Luxusunterkünfte wie in diesem Heiligtum gibt es einige am Weg in denen es sich fantastisch auf Futons und Tatami Matten schlafen lässt.
In dieser Baracke habe ich zwei Nächte gehaust und den wütenden Taifun glimpflich über mich ergehen lassen. zum Glück haben die Plastikfenster standgehalten, eine Tür gab es nicht.
Ungeachtet deines Komforts und deiner Präferenzen, lass los von Konditionen und Gewohntem, probiere Neues, geh an Grenzen. Nur so wirst du vom Leben lernen was es dir zu offerieren mag, nur so wächst und gedeihst du hin zu der Version die deine Seele sein mag. Sei es Essen oder Unterkunft, sei es Wetter oder Unvernunft, nimm alles hin und klage nicht, lass los wie der Sand in der rauschenden Gischt. Ich schlief ausnahmslos im Freien, in Tempeln, Toiletten, Hütten und bei Freunden, ließ mich nieder wo ich konnte, zahlte nie mehr als mit meiner Wonne. War Glücks ergeben und tiefst beseelt von des Friedens Freundlichkeit und meiner eigenen Glückseligkeit.
Sensationelle Waldabschnitte kann man vor allem nach langen asphaltierten Durststrecken besonders genießen und sich ab und an im kühlen Nass erfrischen und reinigen.
Durch wunderschöne Landschaft, Berge und Täler führt der Weg vorbei an lokaler Bevölkerung und durch deren Leben.
Nicht nur Frösche, Schlangen und riesige Würmer begegnen einem im Wald, sondern auch oftmals heilige Figuren.
Dutzende von Tunneln bahnen sich auf weit über 20km durch den Berg, man läuft quasi einen gesamten Tag unter der Erde.
Meistens läuft man auf Asphalt über kleine, wenig befahrene Straßen und trifft nur selten andere Pilger.
Der Weg der Wallfahrt zieht sich lange, je nachdem wie lang du magst, musst ihn nicht komplett erlaufen oder an einem Stück vollenden. Kannst deinen Leib und müde Waden in vielen heißen Quellen baden. Kannst durch die Präfekturen wandeln wie der Geist es dir beliebt. Die tugendliche Insel wird dich mit Allerhand beglücken und kannst mit schönen Prinzessinnen am wohlduftenden Flusse dein Herz entzücken. Wirst sanft erwachen und mit eiserner Askese die Erleuchtung ganz entfachen, bevor du befreit eintrittst ins Nirvana, losgelöst von Zeit und Raum. Läufst viele Strecken auf Asphalt, schätzt jeden Weg in der Natur, schwitzt jeden Berg steil hoch und runter, irrst tagelang durch Tunnelschächte, wanderst vorbei an wilden Küstenstreifen, bestellten Feldern und tropischen Wäldern.
Viele Arten und Formen von meist roten Pfeilen weisen einem den Weg von Tempel zu Tempel im Uhrzeigersinn um die Insel.
Hunderttausende Nephila Clavata oder Jorō-Gumo (Prostituiertenspinnen) hängen überall auf der Insel herum und erzeugen unglaubliche Netzstrukturen.
Das Nōkyōchō aus speziellen Papier bietet Platz für die Stempel und Kalligraphien der einzelnen Tempel und wird von den Pilgern wie ein Schatz behütet und bewahrt.
Osamefuda Namenszettel auf denen das Datum, dein Land, dein Wunsch und eben dein Name notiert ist werden an jeder Tempelhalle und vielen Unterkünften hinterlassen und werden auch als Form des Dankes für Osettai genutzt.
Die Vollendung! Auf meinem letzten großen Anstieg hin zum Tempel 88, gab ich noch mal alles und wurde mit diesem unbeschreiblichen Panorama beschenkt.
Was macht sie aus, die zweimonatige Reise meines Lebens? Beflügelt hat sie mich, ich versuchte es anders, vergebens. War hart und dennoch wundervoll, war effektiv und damit Sinn ergebend. Jede Erfahrung formte mein Verständnis, jede Erleuchtung balsamierte meine Seele. Lernte dankbar zu sein für das was ist, zurecht zu kommen mit dem was war und zu beten für das was kommen mag. Folgte nicht nur den roten Pfeilen um die Insel, auch dem Ruf der Freiheit, der Intuition und den universellen Zeichen die mich so mannigfaltig führten. Hab nirgendwo sonst so viele Spinnen gesehen, habe noch nie so viel Geld in künstlerische Tusche investiert, hab noch nie nur die eine Bitte hundertfach zu Papier gebracht, sie mit mir getragen und verteilt; das eine Gesuch welches nicht von meiner Seite wich, der final erfüllte Wunsch des Weges hin zu meiner Seele.

Hier findest du die bisherigen Berichte:

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