Nicht immer verbindet ein Projekt soviele unserer Werte: Das private Entwicklungsprojekt Trash2Fashion stärkt die wirtschaftliche Unabhängigkeit von fünf Frauen in den Phillipinen, leistet mit Upcycling von Plastik und Strandgut einen Beitrag zum Umweltschutz und stärkt die Bildung durch Computer Camps für ihre Kinder
Ein Gespräch mit Jürg Wyss, der seinen Lebensabend etwas anders in Asien verbringt - mit vielen Ideen, Optimismus und einer guten Portion Geduld.
Wie kam es zu Trash2Fashion?
Ich wollte schon immer meinen Lebensabend in Asien verbringen. Aber nicht biertrinkend in einer Bar, sondern mit etwas sinnvollem. Nach einem Nahtoderlebnis begann das einfach früher als geplant. Ich möchte in einem kleinen Projekt mit 5 Damen zeigen, dass man seinen Ruhestand - vorallem im Ausland - sinnvoller gestalten kann, als es viele tun.
Ursprünglich wollte ich mit den 5 Damen aus rezikliertem Plastik Taschen, Portemonnaies und andere Accessoires herstellen. Die handwerklichen Fähigkeiten genügten jedoch bei weitem nicht. Also versuchte ich den Damen Feinmotorik, Farblehre, Formenlehre usw. beizubringen. Dazu stellten wir Halsketten aus Plastik, Mangoholz, Kokosnuss und anderen reziklierten Materialien her. Für mich der Weg, wie die Menschen hier verstehen, dass Abfall nicht wertlos ist und nicht ins Meer gehört.
Wie bezeichnest Du deine Organisation? Startup? Hobby? Verein?
Mal vorweg: Ich habe keine Firma gegründet und Menschen eingestellt. Das mag kurzfristig helfen. Mir geht es darum, dass die 5 Damen ihr Leben selbst in die Hand nehmen und etwas aufbauen, das auch dann noch da ist, wenn es mich nicht mehr gibt. Ihnen Kreativität und gewisse Handfertigkeiten beibringen, zu zeigen, wie man ein Geschäft plant und führt. Diese Version finde ich viel nachhaltiger, gerade, wenn man im Ruhestand ist.
Für mich persönlich ist es also ein Hobby, ich verdiene damit keinen Rappen. Für die 5 Damen ist es hoffentlich eine Zukunft.
Die Sozialen Medien haben auch bei deinem Unternehmen eine wichtige Rolle gespielt. Wie kam es dazu?
Twitter ist für mich das A und O. Über diesen Kanal habe ich meine ganzen Spenden gesammelt. Insofern ist es keine Ablenkung, sondern eine Notwendigkeit. Es gibt im Bereich von Konsumartikeln Firmen, die 50% ihres Budgets in Marketing investieren. Mein Budget ist die Zeit. Also investiere ich viel Zeit in soziale Medien. Es ist für mich die einzige Möglichkeit, mit meinen UnterstützerInnen in Kontakt zu bleiben.
Nachhaltigkeit hat viele Facetten. Die UNO fasst sie in 17 Zielen zusammen. Welche spielen dabei eine wichtige Rolle für dich?
Die 5 Frauen verdienen ein Einkommen, das über dem Minimallohn liegt, wenn wir den Schmuck verkaufen können. Damit sollten sie für ihre Kinder die Ausbildung sicherstellen. Mit dem Erlös wird aber auch ein Computer Camp für Kinder finanziert und das Bewusstsein für die Umwelt geschaffen. Insofern sind von den 17 Zielen diese 3 am relevantesten:
- Armut beenden
- Bildung für alle
- Ökosystem schützen
Wen sprichst du mit deiner Produktidee an? Auf der Seite der „Produzent*innen“? Auf der Seite der Kunden? Wie findest Du sie? Wie hat sich eure Beziehung entwickelt?
Bisher hatte ich über 50'000 Franken für diverse Projekte in den Philippinen gesammelt. Trash2Fashion ist ja nicht meine erste Idee. Vor 4 Jahren startete ich mit gutem Erfolg mehrere Projekte in einer anderen Provinz. Über 300 UnterstützerInnen haben bisher dafür ihren Beitrag geleistet, einige jedes Jahr. Nun möchte ich den Bekanntheitsgrad erhöhen. Dabei hilft mir Faircustomer. Ich spreche Menschen an, die begeistert sind von der Idee, überall kleine Projekte zu starten, statt die grossen Institutionen zu unterstützen. Die Produkte sind nicht durch Künstler geschaffen. Vielmehr können alle zusehen, wie 5 Frauen ihre Handfertigkeiten erweitern und Fortschritte machen. Für die notwendige Transparenz sorge ich auf Twitter und meinem Blog.
Die Produzentinnen sind gegeben, aber wir möchten das Projekt weitertreiben, dass die armen Menschen hier Plastik sammeln und waschen, den wir dann für unsere Produkte verwenden können. Oder nehmen wir die Kumihino-Ketten aus altem Plastik, dazu haben wir Damen aus der Umgebung geschult, die nun nach Bedarf und auf Bezahlung solche Kettchen knüpfen können.
Welche Wachstumsziele verfolgst du? Wird es Trash2Future auch in 5, 10 Jahren geben?
Es geht mir nicht um Wachstum, ich bin kein Start-Up-Unternehmen, das die Welt retten soll. Es ist ein Lebensmodell eines Rentners, der etwas sinnvolles tut. Mir ist nicht einmal wichtig, ob der Verein "Trash2Fashion" in 10 Jahren noch besteht. Es soll den 5 Frauen besser gehen und vorallem ihren Kindern. Und es soll den andern Menschen hier in der Umgebung Ideen vermitteln, was man mit Abfall tun könnte, statt ihn ins Meer zu werfen. Aber klar hoffe ich, dass die Frauen Freude daran haben und das Ganze weiterführen werden.
Gibt es eine besondere Geschichte aus der Produkt-Entwicklung, aus der Produktion, die du mit unseren Leser/innen teilen magst?
Ich habe aus Spenden und dem eigenen Sack eine Nählehrerin bezahlt, die uns half, einen Prototyp einer ersten Damentasche zu schaffen. Die befindet sich momentan in der Schweiz für einen Stresstest. Die Resultate sind vielversprechend. Alles, was die Frauen bisher gelernt haben, wird weiter verwendet werden können. Die Taschen und Accessoires sollen mit etwas Kunst aufgewertet und individualisiert werden. Ein Foto des Prototyps findet sich auf Faircustomer unter der Shopbeschreibung.
Was wünschst Du dir von der Faircustomer community?
Feedback und Unterstützung in jeglicher Form. Kauf der Produkte, Spenden, Mithilfe. Sogar Aufenthalte hier wäre möglich, um die Fertigkeiten der Damen zu entwickeln.
Zu den Trash2Fashion Produkten auf Faircustomer
Mehr über das Projekt Wyssion im Blog von Jürg Wyss