Reto Cantieni gestorben
Am 24. April ist unser lieber und sehr geschätzter Kollege und Freund Reto Cantieni gestorben. Er verstarb nach langer schwerer Krankheit im Alter von 77 Jahren. Damit ist ein profilierter und innovativer Fachmann und Experte der Baudynamik und ein lieber Mensch von uns gegangen.
Reto Padruot Cantieni wurde 1945 in Bern geboren und ist dort aufgewachsen. Seine familiären Wurzeln lagen – wie sein Name besagt – in Graubünden. Dem breiten und bedächtigen Berner Dialekt ist er aber sein Leben lang treu geblieben. Auf die Gymnasialzeit folgte das Studium der Bauingenieurwissenschaften an der ETH Zürich. Nach zwei Jahren praktischer Tätigkeit in einem Berner Ingenieurbüro und einer Assistentenzeit bei Prof. Bruno Thürlimann an der ETH wechselte er an die Eidgenössische Materialprüfungsanstalt EMPA in Dübendorf. Dort befasste sich Reto Cantieni vor allem mit Schwingungen grosser Brücken infolge Schwerverkehr. Dabei erforschte er auch die dynamischen Eigenschaften von Lastwagen und deren Interaktion mit den Brücken. Das war auch das Thema seiner Dissertation 1991 bei Prof. Theodor Ehrismann und Prof. Hugo Bachmann. Zwischenzeitlich leitete er an der EMPA die Abteilung Massivbau. Doch die Verwaltungstätigkeit lag ihm nicht sonderlich, er kehrte lieber wieder in sein angestammtes Wissenschaftsgebiet zurück. 2001 gründete er die Firma rc dynamics und war fortan als gesuchter Experte für Schwingungsprobleme tätig. Stichworte dazu sind experimentelle und theoretische Modalanalysen, dynamische Modellbildungen, Entwicklung und Anwendung entsprechender Computerprogramme, Schwingungsmessungen und Erschütterungsmessungen bei Bauwerken aller Arten mit hochauflösenden Sensoren, dynamische Eigenschaften von Baugründen und relevante Wellenfortpflanzung, magnetische Streufeldmessung bei Vorspannkabeln, quälende Geräusche von Querkraftdornen und so weiter.
Reto Cantieni war aber nicht nur ein Wissenschafter und Ingenieur, der auch neuartige und bis anhin unbekannte Schwingungsprobleme mit grosser Ausdauer zu lösen versuchte, er setzte sich auch als Staatbürger für die Gemeinschaft ein. Zum Beispiel engagierte er sich über viele Jahre in uneigennütziger Weise bei der schwierigen Schwingungssanierung des wunderschönen, sehr schlanken Kirchturms in Zuoz – es ist die älteste christliche Kirche in Graubünden. Und er half in unerschrockener Weise im Rahmen von politischen Aktionen tatkräftig mit, dass die Kirche Wil in Dübendorf nicht durch ein missglücktes Umbauprojekt verunstaltet wurde.
Reto Cantieni hinterlässt seine Frau Dr. Mara Cantieni-Davatz und zwei Söhne mit ihren Familien. Und einen grossen, trauernden Freundeskreis im In- und Ausland. Sie und wir alle werden Reto Cantieni schmerzlich vermissen.
Dübendorf,11. Mai 2022 Hugo Bachmann
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