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Antje Schrupp – Newsletter vom
7. Juni 2021

Göttin!

Man kann wieder ins Museum, und ich habe die Gelegenheit genutzt, um mir die Ausstellung “The Female Side of God” anzuschauen, die noch bis Ende des Monats im Jüdischen Museum in Frankfurt/Main gezeigt wird. Mir hat sie sehr gut gefallen und ich fand sie zum Nachdenken anregend.

Was eigentlich ist “weiblich” im Zusammenhang mit “Gott”?

Das ist heute eine hochbrisante Kombination, weil sowohl der Begriff Gott als auch das Konzept Weiblichkeit quasi Minenfelder vergangener Diskurse und Verletzungen und Verirrungen sind. Zum Beispiel Bilder von alten Figurinen mit großen Busen oder weit geöffneten Vulven - sind das Göttinnen? Sind die weiblich? Und wenn, was macht sie zum einen oder zum anderen?

Meine These wäre jedenfalls, dass sich weder das eine noch das andere, also weder Gott noch Weiblichkeit, definieren lässt. Man muss mit den Konzepten “arbeiten”, damit sie einen Sinn ergeben. Gott und Weiblichkeit sind keine Naturphänomene, sondern kulturelle Praktiken. Und plausibel werden können sie nur dann, wenn die Art und Weise, wie sich jemand (oder eine Gruppe, Gemeinde, Gemeinschaft, Kultur) darauf bezieht, nützlich ist und nicht schädlich für das gute Leben der Menschen.

Wobei ich es immer, und so auch hier wieder, problematisch finde, wenn Weiblichkeit eigens zum Thema gemacht wird, Männlichkeit aber nicht. Eigentlich müsste es eine Doppel-Ausstellung geben, eine über die weibliche und eine über die männliche Seite Gottes. Und dann tragen wir die Exponate darin herum und fragen, inwiefern sich was ändert, je nachdem, ob man es als weiblich oder als männlich versteht. Worin besteht die Weiblichkeit der Weisheit? Der Schlange? Gibt es auch männliche Weisheit? Und inwiefern ist sie anders? Männliche Schlangen? Und brauchen wir dann noch eine geschlechtsneutrale und eine nicht-binäre Version? Und dann das Ganze nochmal in einer cis und in einer trans Variante?

Gott, so glaube ich, eignet sich gut, um über die Konstruktion von Geschlecht nachzudenken UND über ihren Zusammenhang mit der Realität. Viele finden es falsch, über Gott in geschlechtlichen Bildern zu sprechen, sie möchten Gott neutral, drüberstehend, gewissermaßen “post-Gender” haben.

Aber Post-Gender ist immer die schlechteste von allen Möglichkeiten, und das ist auch bei Gott so. Gottes Geschlechtlichkeit könnte vielmehr ein guter Schlüssel dafür sein, aus der falschen Alternative von von Essenzialismus versus Konstruktivismus, von Materie versus Idee herauszufinden, in denen sich die Genderdebatten derzeit verheddert haben.

Ich wünsche schöne Sommerwochen und schicke herzliche Grüße,

Antje

(PS: Ganz unten gibt’s wieder Bücher zum Verschenken)

Neu im Internet

Der Kampf ums Geschlecht – Warum biologische Realitäten existieren, aber längst nicht alles sind. Ein kleiner Essay von mir erschien in den “Blättern für deutsche und internationale Politik”.

Gender - Irrsinn oder überfällig? - Warum ich diese ganze Aufregung albern finde, erläutere ich in dieser Episode des Podcasts “Schräg im Stall”, zu dem mich der FDP-Bundestagsabgeordnete Thomas Sattelberger und sein Co-Host Fabian Grischkat eingeladen haben.

Sorgearbeit ist nichts für den Feierabend - Diese Analyse über Care und Corona schrieb ich fürs Neue Deutschland.

Care, Arbeit, Schwangerwerdenkönnen - beim Kongress “antiautoritärer Kommunismus” hab ich mal einen Ausblick entworfen, wie in einer freien Gesellschaft das Kinderhaben geregelt sein könnte. Beginnt ab Minute 40, vorher ein ebenfalls sehenswerter Input von Corinna Dengler über Care.

Die moderne, emanzipierte Frau - Hier ein wie ich finde interessantes Gespräch zwischen mir und Regisseurin Carolin Millner von der Künstler:innengruppe "Eleganz aus Reflex", die für Studio Naxos in Frankfurt den Roman "Erfolg" von Lion Feuchtwanger inszeniert hat. Wir unterhalten uns vor allem über die Hauptfigur ihrer Inszenierung, Johanna Krain, eine "moderne, emanzipierte" Frau der 1920er und die Frage, was generell der Punkt von Feminismus, Frauenbewegung und weiblicher Freiheit ist.

Von Klassen, Generationen und anderen Frauen - In ihren Romanen “Bodentiefe Fenster” und “Schäfchen im Trockenen” lässt Anke Stelling, Jahrgang 1971, ihre Alter Egos am erwachsenen Frauen-Leben mit Kindern, politischem und privatem Anspruch und künstlerischem Beruf verzweifeln. Damit hat sie auch bei uns in der bzw-Redaktion ein paar Nerven getroffen – aber unterschiedliche. Das neue Zoom-Gespräch mit Maria, Kathleen, Anne und mir.

Antje las ein Buch – neue Episoden
* Christina von Braun: Geschlecht Eine persönliche und politische Geschichte.
* Ling Ma: New York Ghost (Roman)
* Zoe Beck: Depression

150 Jahre Pariser Kommune - Das Jubiläum ist jetzt zwar rum, es gibt aber nochmal einen Vortrag, diesen hier hielt ich bei Ende Gelände Dresden im Mai.

Kommende Termine

Mittwoch, 23. Juni 2021
Frau – Jüdin – Philosophin. Philosophischer Salon zu Hannah Arendt
Schwäbisch-Gmünd: Gmünder VHS, Münsterplatz, 19 Uhr (Anmeldung erforderlich) (mehr)

Samstag, 26. Juni 2021
Frauen, was jetzt? Frauenpower in der evangelischen und katholischen Kirche.
Online: Podium der Sommerakademie über Maria Magdalena und die Apostelinnen, Ev. Akademie Berlin (mehr)

Dienstag, 29. Juni 2021
Schwangerwerdenkönnen. Über die politische Bedeutung von Körper, Reproduktion und Geschlecht.
Online: Vortrag im Rahmen der Queeren Aktionstage 2021 in Görlitz, 19 Uhr.

Mittwoch, 14. Juli 2021
Irmgard Keun: Sex, Liebe und der ganze Recht
Berlin: Podium im Rahmen der Irmgard-Keun-Woche im Literaturforum im Brecht-Haus mit Ulrike Vedder, Liane Schüller und mir, Moderation Annett Gröschner, 19 Uhr. (mehr)

Hier können immer auch mal wieder aktuelle Termine dazu kommen, die ständig aktualisierte Übersicht gibts in meinem Blog.

Bücher zu verschenken

Manchmal habe ich Bücher doppelt, zum Beispiel als Print und als E-Book, oder ich habe eins versehentlich zweimal gekauft habe (schusselig wie ich bin), oder ich habe das Buch zwar gelesen, will es aber nicht behalten, oder ich sortiere mein Bücherregal aus …. -

… deshalb dachte ich, ich frage einfach hier im Newsletter danach, ob jemand ein Buch geschenkt haben will. In dem Fall bitte einfach per Mail Adresse schreiben, first come first serve. Wer mag, kann mir anschließend die Portokosten per paypal an post@antjeschrupp.de ersetzen, aber muss nicht. (Wirklich nicht).

In diesem Monat gibt es :
* Irmtraud Fischer/Edith Petschnigg (Hg): Genderforschung - brauchen wir das?
*Jim Heimann: Kitchen Kitsch
* Blätter für deutsche und internationale Politik, Nr. 5/2021 (mit meinem Text)
* Astrid Utpatel-Hartwig: Gudrun Althausen
* Dorlis Blume u.a.: Hannah Arendt und das 20. Jahrhundert

Die Bücher sind gebraucht, in der Regel aber in gutem Zustand. Wie gesagt, bei Interesse einfach auf diesen Newsletter antworten, Titel und Postanschrift mailen, wo das Buch hinsoll. Have fun!

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