Liebe Wildnisverbündete,
Seit unserem letzen Newsletter ist viel passiert. Unser Wildnisplatz "Der Zinken" zeigt sich in einem Licht, welches wir seit drei Jahren so nicht mehr gesehen haben.
Das Wunder dieser Transformation heißt Frühling. In den letzten Jahren fehlte der Regen und die kühlen, bewölkten Tage. Diese unendlichen Grüntöne, die üppige Pracht unser Streuobstwiese, die Vielfalt der verschiedenen Vogelgesänge sind in diesem Jahr beeindruckend und überwältigend.
Trotz der Menschenbewegungen am Platz rückt die Tierwelt scheinbar immer näher. Oder sind wir es, die immer mehr wahrnehmen?
Dazu gehören das schwarzweiß gefleckte Wildschwein, das Hermelin, die mächtigen Feldhasen, das trächtige Zinkenreh, der erste Besuch vom Wiedehopf...
Zum ersten Mal konnten wir anhand der Spuren verfolgen, dass ein Wolf den Wildnisplatz in der Nacht querte, obwohl dort vierzig Menschen in ihren Zelten schliefen. Er blieb mehrmals stehen und inspizierte neugierig das Geschehen auf dem "Zinken".
Aus "Philosophie der Wildnis -oder- Die Kunst, vom Weg abzukommen" von Baptiste Morizot (sehr zu empfehlen!):
"Es geht nicht um eine jungfräuliche und heile Natur im tiefen Wald, fern der Städte. Es geht nicht um eine vollständig organisierte, künstlich erzeugte Natur, wie sie die kapitalistische Industrialisierung und Ökonomie hervorbringen.
Es geht um etwas anderes als die althergebrachte Natur: Lebendige Territorien sollen entstehen, die zwar durch menschliche Aktivitäten gründlich geformt und verändert wurden, aber in denen die Lebewesen die Macht nicht verloren habe, ihre Sache in die eigenen Hände zu nehmen bzw. einander wieder die Hände zu reichen, das heißt neue Beziehungen zu den jeweils anderen Arten sowie zu den Menschen herzustellen, neue Verhaltensweisen, neue Entwicklungen zu erproben.
Ungeachtet all dessen, was wir in unserer Geschichte an Verwüstungen angerichtet haben. Unsere neue Aufgabe besteht also darin, das komplexe Geflecht des Anthropozäns zu ergründen, oder, um eine fröhlich-apokalyptische Formulierung der Anthropologin Anna Tsing zu gebrauchen, in den "Ruinen des Kapitalismus" auf Spurensuche zu gehen."
Ich freue mich mit Dir über neue Wege des zukünftigen Miteinanders auf dem "Zinken" zu philosophieren. Vielleicht bei der "Wilden Weise - Woche für Naurverbindung und Gemeinschaft in Zeiten des Wandels" (21.-26.September), unser diesjähriges Gemeinschaftshighlight? mehr darüber lesen...
Mit wilden Grüßen, Euer Paul
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