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4. September 2021 / Nummer 20

newsletter
Anlaufstelle für Dienstmädchen
Sinp'arispa
Trenzando
Ñañope

Bolivien: Sucre - Santa Cruz 
IBAN: CH13 0900 0000 6056 2232 2
A la hora boliviana
 
Endlich, nach wiederholtem "Stürme" schreibt mir Rafael etwas für diesen Newsletter! "Hay que insistir no más!", sagt man in Bolivien immer so schön, man muss halt insitieren, oder "paciencia y buen humor!", hab Geduld und verlier nicht die gute Laune! Denn, was auch immer angesagt ist, es passiert irgendwann, "a la hora boliviana", entsprechend dem bolivianischem Zeitmanagement. Geduld ist wirklich eine wesentliche Charaktereigenschaft in Bolivien, die zu entwickeln mir nicht immer leicht gefallen ist, ganz im Gegensatz zur Hartnäckigkeit, dem "insistir", worauf ich mich schneller spezialisiert habe. Aber wie dem auch sei, Anpassung ist grundsätzlich die Voraussetzung dafür, dass wir in einem fernen Land leben und etwas bewirken können. Rafael hat sich unglaublich schnell wieder an die bolivianischen Gewohnheiten angepasst, und so ist es auch nur logisch, dass er seine Zeilen "a la hora boliviana" schickt und betitelt...
"Eigentlich sollte ich diesen Newsletter schon vor einiger Zeit schreiben. Geplant war nämlich, über den Abschluss des neuen Saals der Anlaufstelle Ñañope in Santa Cruz zu berichten, der gemäss Zeitplan am 20. Mai hätte eingeweiht werden sollen. Das war das Datum, auf welches ich mich mit dem Baumeister Don Aquino verständigt hatte. Aber ganz genau genommen hätte der Bau ja schon 2019 fertiggestellt werden sollen…"
Ganz so fertig ist der Bau des kleinen, sympathischen Gemeinschaftssaals mit seinen Nebenräumen allerdings immer noch nicht. Der Baumeister hatte lange Zeit wegen des Lockdowns nicht arbeiten können, später lag es entweder an der Gesundheit eines seiner Kinder oder woran auch immer, dass es nicht richtig weiterging, und so war ich natürlich unendlich froh, bei meinem Besuch im April Rafael als Bauleiter einsetzen zu können. Der Auftrag, dem Baumeister Beine zu machen, war eine anspruchsvolle und nicht immer dankbare Aufgabe, und ich fürchtete sehr, dass er das neben seiner Theaterausbildung wohl nicht schaffen könnte. Aber "a la hora boliviana" traf eben leider auch auf seinen Studiengang zu, dessen Beginn coronabedingt mehrfach verschoben wurde, bis schliesslich klar wurde, dass die katholische Uni, zu der die Theaterfakultät gehört, für 2021 überhaupt keine Vollzeit-Präsenzstudien zulässt. Für unsere Anlaufstellen ist das ein Glück, was für Rafael ein Pech ist: Da nur sehr wenig Seminare stattfinden, kann er ungemein viele Kräfte für den weiteren Ausbau von Ñañope einsetzen.
Auf der anderen Seite des grossen Gartens haben wir gemeinsam einen Galeriebau mit kleinen Zusatzräumen entworfen und als zweiten Stock auf dem urspünglichen Haus am Ende des Grundstücks ein Gästetrakt. Der Aufbau wird abgesehen davon, dass er die weiteren nötigen Räume ermöglicht, auch gerade noch das marode Dach ersetzen, was in Santa Cruz, wo die tropischen Regenfälle leicht zur Herausforderung werden können, sicherlich eine gute und nachhaltige Lösung ist. Und wie das so ist, so haben Rafael und ich gemeinsam mit Don Teófilo, der die Anlaufstelle in Sucre schon 2008 gebaut und 2017 erweitert hat und im April eigens aus Tupiza, was an der argentinischen Grenze liegt, angereist war, uns schnell auf ein wunderbares Bauprojekt einigen können. Ingenieure oder Architekten zu finden, die so etwas auch wundervoll finden, sich für kleine aber schmucke Gebäude mit viel schattenspendenden Vordächern und raffinierten Fenstereinbauten als nachhaltiges Klimasystem statt für Riesenbauten mit Aircondition interessieren, ist in Bolivien allerdings dann schon sehr viel schwieriger.  Wie beglückt wir als Verein darüber sind, dass Rafael die unerwartet gewonnene Zeit dafür eingesetzt hat, sich in ein Architektursystem und die lokalen gesetzlichen Bauvorgaben einzuarbeiten, unzählige Sitzungen und Gespräche mit zwei Architekten und einem Ingenieur abzuhalten, um schliesslich selbst das Baugesuch einzureichen, muss ich wohl nicht eigens betonen.
"Eigentlich sollte auch der Erweiterungsbau der Galerie schon im Juni gestartet werden", schreibt Rafael, "aber leider hat wegen der dünn besetzten Stadtverwaltung die ordentliche Einreichung des Baugesuchs etwas Zeit in Anspruch genommen." 
Keine Sorge, Rafael, wir sind begeistert, wie du das alles meisterst! Ganz herzlichen Dank! Diejenigen unter euch, die an der GV dabei waren, können das sicher bestätigen. Damals hat sich Rafael per Zoom zugeschalten und uns die Baupläne detailliert erklärt...
"Mittlerweile ist der Saal allerdings fertiggestellt und das ist auch gut so, denn nach der Zwangspause durch die letzte Covidwelle wacht die Anlaufstelle wieder langsam auf, und es können statt Zoom wieder Liveevents im wunderschönen Garten durchgeführt werden – natürlich mit Abstand. Ausserdem ist die Impfung mittlerweile auch in Bolivien sehr viel einfacher zugänglich, sogar ich als Ausländer habe mich problemlos impfen lassen können. Aber leider geistern auch hier viele Falschmeldungen durch die sozialen Netze, sodass die Impfquote noch immer tief ist. Daysi weist allerdings bei jeder Gelegenheit auf die Vorteile der Impfung hin – sie, die schon zwei Mal Covid hatte, hat da gute Argumente – und so steigt immerhin bei unserer Klientel die Impfquote etwas an."

Dass Rafael selbst seit einiger Zeit schon die beiden Impfdosen der chinesischen Impfung erhalten hat, beruhigt. Natürlich wünschen wir ihm, dass er neben seinem fantastischen Einsatz für den Ausbau der Anlaufstelle auch in seiner Ausbildung  gut vorankommt. Immerhin finden seine Kurse seit August dreimal pro Woche statt. Andererseits profitiert nicht nur der Bau von Rafael, sondern auch die Gruppe der Freiwilligen in der Anlaufstelle Ñañope und vor allem auch deren Leiterin, Daysi Ortiz, die mit Rafael gleich nach seiner Ankunft eine WG gebildet hat, die offenbar bestens funktioniert.

Auch aus Sucre erreichen uns übrigens wieder positive Nachrichten. Nachdem wir Anfang Juli in grosser Trauer den Tod von Doña Margarita verkraften mussten, unserer langjährigen Köchin und guten Seele in "Sinp'arispa", freuen wir uns darüber, dass die Anlaufstelle sich stetig weitervernetzt. Die Workshops, die zwar leider weiterhin meist in virtueller Form stattfinden, passen sich der aktuellen Situation an und umfassen immer breitere Themengebiete. "Natürliche Ernährung zum Aufbau der Immunabwehr" war eines der letzten Themen, und die Frauen in einem marginalisierten Stadtrandquartier, die ihn besuchten waren froh darüber, nicht nur immer die COVID-Angst betont zu bekommen, sondern auch einmal konkrete Antworten für ihren Alltag.
"Zum Glück steigt die Impfquote, und hoffentlich bleibt die Situation dadurch zumindest stabil. Für das Jubiläum von Ñañope – die Anlaufstelle wird nämlich bald vier Jahre alt – planen wir ein Fussballgrümpeliturnier und laden andere gemeinnützige Organisationen und deren Freiwilligengruppen dazu ein. Hoffentlich steigen die Fallzahlen nicht wieder und wir müssen das Turnier nicht verschieben, und wenn doch, wird es trotzdem sicher irgendwann stattfinden, vielleicht halt mit zwei oder drei Monaten Verspätung, "a la hora boliviana" eben, aber was lange währt wird endlich gut.
 
Grüsse aus dem Frühling
Rafael"
"Sinp'arispa", heisst die Anlaufstelle für Dienstmädchen in Sucre, "flechtend" in Quechua, der Sprache der Inka und der bolivianischen Hochtäler. "Ñañope" ist der Name der Anlaufstelle in Santa Cruz und bedeutet dasselbe in Guaraní, der grössten Tieflandsprache Boliviens. "Trenzando" ist die spanische Übersetzung der beiden Namen: Dienstmädchen werden aus ihrer Isolation herausgeholt, vernetzt, gestärkt und aufgerichtet. Sie helfen sich gegenseitig weiter und flechten Freundschaften. Und wir in der Ferne sind seit vielen Jahren mit ihnen verbunden. Dafür, dass wir ihre Anlaufstellen finanzieren, sind sie uns unendlich dankbar.
Herzlichen Dank für alle bisher schon eingegangenen Spenden!
Newsletter an Freunde und Bekannte mit der entsprechenden Empfehlung weiterzuleiten, kann noch mehr bewirken! 

Spendenkonto CH13 0900 0000 6056 2232 2


Trägerverein Anlaufstelle für Dienstmädchen in Bolivien
4410 Liestal
Maria Magdalena Moser, Projektleitung
mmm@dienstmaedchen-bolivien.org
www.dienstmaedchen-bolivien.org
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