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Newsletter der Wildnisschule Hoher Fläming
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Liebe Wildnisverbündete!
In diesem Newsletter findest du:
Gedanken zum Jahr 2021 - über die Voologie, der Kunst des "Einwaldens" und unsere wölfischen Nachbarn.

Ich wünsche Euch ein episches Jahr 2022. Ich freue mich auf Begegnung und Austausch bei uns auf dem "Zinken".  Euer Paul

2021 - Jahresrückblick in Zeiten des Wandels - 

Zwei Leidenschaften haben mich über das Jahr begleitet, die Möglichkeit Geschichten aus der Natur zu teilen und das Erforschen meiner Landschaft durch die Kunst des Spurenlesens. Sie gaben mir die nötige Kraft und Gelassenheit, die unerwarteten Hürden im  Jahr 2021 zu überwinden.

Der Podcast vom Voologen hat sich weiterentwickelt. Meine Leidenschaft Naturgeschichten zu teilen, ist um eine Facette reicher geworden. Neben dem 2020 erfundenen Wissenschaftszweig „Voologie“ ist eine neue Disziplin entstanden, die „Voosophie“. Meine Gedanken zum Weltgeschehen und die Position der „Wildnisschule Hoher Fläming“ spielen darin eine Rolle. 

„Voosophie“ bedeutet Fragen zu stellen, an mich und meine Spezies. Ich begebe mich auf eine Art Spurensuche, mit der Absicht zu überdenken, zu verstehen und vielleicht auch neu zu definieren.

Als Wildnislehrer, Spurenleser und Voologe ist die Kunst des Fragens ein elementares Werkzeug. Dadurch kann ich eigene Haltungen überprüfen und genauer hinhören. Es ist mir wichtig geworden, die Welt aus den verschiedensten Perspektiven zu betrachten und durch eine Symbiose aus Bauchgefühl und gesundem Menschenverstand neue Erkenntnisse entstehen zu lassen.

Ein wichtiges Element meiner Suche ist das intensive Spurenlesen in Feld und Flur des Hohen Flämings. Dazu gehört das Dokumentieren der Erlebnisse und dem Vergleichen mit den Erfahrungen vergangener Streifzüge. Dadurch werden Muster erkennbar. Diese können vorher aufgestellte Thesen bestätigen oder Antworten auf Fragen liefern. 

Gleichzeitig werden meine „blinden Flecken“ sichtbar oder völlig neue Muster entstehen. Die Erkenntnisse eröffnen den Raum für weitere Fragen, die tiefer in die Materie führen. Sie feuern meine Neugier und Lust am Weitermachen an. Der Kreislauf beginnt von neuem. 

Dieser Prozess wird begleitet vom stetigen Hinterfragen der neu gewonnenen Erkenntnisse, durch den Austausch mit Menschen, die sich auch mit dem Thema beschäftigen. 

Mit wachsender Erfahrung entsteht ein immer deutlicheres Bild der Landschaft, in der ich lebe. Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen Tierarten, den Pflanzen und dem Einfluss des Menschen werden sichtbar. Wie ein Dirigent im Orchester bestimmen die Jahreszeiten und das Wetter den Rhythmus des alltäglichen Lebens, begleitet vom Vergehen und Neuentstehen, Tod und Geburt.

Je deutlicher das Bild wird, umso komplexer wird das Ganze. Leben ist Entwicklung, Entwicklung bedeutet immerwährende Veränderung. Mir wird klar, dass ich nur einen Bruchteil verstehen kann. Es ist scheinbar unmöglich, endgültige Antworten auf die immer neuen Fragen zu finden. 

Diese Erkenntnis kann mutlos machen. Lasse ich den Wunsch nach endgültiger Klarheit los, öffnet sich für mich ein Raum für das Staunen, die Schönheit, die Wunder der Natur. In diesem Raum „dazwischen“ entsteht Stille. In der Stille ist Platz für Demut. Durch die Demut spüre ich meine Dankbarkeit für alles was ist, für diesen einzigartigen Augenblick.

Es gibt Momente, in denen etwas Besonderes in mir passiert, wenn ich den Spuren der Wölfe folge. Es entsteht ein Sog, ich spüre eine Verbindung. Das wilde und ungezähmte dieser Tiere berührt mich.

Die Ereignisse im Jahr 2021 fühlen sich im Vergleich zu den Vorjahren wie ein Quantensprung in der Beziehung zu diesen faszinierenden Tieren an. Beim Blättern durch meine Naturtagebücher ist mir die Fülle der Erlebnisse, die gezeichneten Karten, die intensiven Messungen von Trittsiegeln und Gangarten und die vielen notierten Fragen, bewusst geworden.  Ich schreibe parallel an einem Rückblick auf das „Wolfsjahr 2021“ mit den Highlights, spannenden Details und Neuentdeckungen.

Warum faszinieren mich gerade die Wölfe?  
Im Jahr 2021 musste ich mich unerwarteten Herausforderungen stellen, schien eine Hürde gemeistert, folgte die nächste. Die Spuren und Zeichen der Wölfe, ließen mich immer wieder im Hier und Jetzt ankommen. Um ihre Spuren zu lesen, musste ich mich auf die Natur einlassen. Angeregt durch den Philosophen Baptiste Morizot (Autor von „Die Kunst, vom Weg abzukommen“) bezeichne ich den Zustand gerne als „Einwalden“.

Ich bin gezwungen, alle meine Sinne zu nutzen, schaue auf kleinste Details und gleichzeitig in die Ferne. Lausche auf die Geräusche der Orte, die meine Augen nicht sehen. Gedanken an Dinge, die noch erledigt werden müssen, lenken mich ab. Ich lasse los. Zweifel an meinen Fähigkeiten melden sich. Ich lasse los. Müdigkeit macht meine Beine schwer. Ich lasse los.

Ich nehme die Ästhetik und die Ausstrahlung der Spuren wahr. Ich spüre die Verbindung zum Wesen am Ende der Fährte. Diese Erlebnisse sind wie ein Spiegel für mein eigenes Leben. Menschsein bedeutet für mich empathisch in Beziehung zu sein, mit meinen Mitmenschen, meiner Mitwelt, mit mir. 

Beziehungsloses Sein zerstört unseren Planeten, unsere Familien, unseren Körper. Ohne Empathie spalte ich mich von der Welt ab. Ich bin unfähig, meine Perspektive zu verändern. Meine Gedanken werden dominiert von Angst. Ich spüre, wie ich verhärte. Ich habe Recht, alles andere ist falsch.

Die Naturentfremdung ist für mich ein wesentlicher Grund, für unseren Zwang alles zu kontrollieren. Die Suche nach immer neuen technischen Lösungen für Probleme, die wir mit unserem Glauben an unendliches Wachstum verursacht haben. 

Darum ist mein Wirken in der Wildnisschule bestimmt durch den Fokus auf Naturverbindung. Sie ist für mich die Grundlage, um am notwendigen Wandel in diesen Krisenzeiten mitzuwirken.

Aber was bedeutet es, in der heutigen Zeit ein naturverbundenes Leben zu führen? Wie kann Naturwahrnehmung wieder zur alltäglichen Routine werden?
Welche Praktiken sollten verworfen, angepasst oder neu entwickelt werden, um dem Geist unserer Zeit zu entsprechen? Welche Wirkungen hat es auf mich und die Welt?

Ich möchte Euch einen Auszug aus der Mail einer lieben Freundin, die der Wildnisschule sehr verbunden ist, anvertrauen:

„... eine meiner größten inneren Herausforderungen ist die Frage:  Wie kann ich ehrlich und offen mit meinen Kindern über den Ist- Zustand der Erde und die lebensbedrohliche Lage sprechen. Ohne mich dabei von der Trauer, Schwere, Schuld und dem Wissen wie es steht, erdrücken zu lassen.  

Gleichzeitig aber auch realistisch klar machen was wir gegen die Krise tun könnten. Ich liebe meine und alle unsere Kinder sehr, all die Menschen, die mit dem Klimawandel und deren Folgen leben müssen. Ich möchte sie nicht mit dieser Situation allein lassen.  Gleichzeitig überfordert mich das Ganze und mir zerspringt das Herz. 
Wie gehst du damit um? ...“


Vielleicht ist meine Antwort auf die E-Mail auch ein gutes Schlusswort für diesen Rückblick:

„Vielen Dank für Deine emotionalen Zeilen. Es tut gut Feedback von Dir zu bekommen, vor allem weil die Öffnung vom Vogelpodcast zur Voosophie immer wieder die Frage aufwirft, ob meine Gedanken bei den Zuhörenden ankommen.

Hast Du die Doku von David Attenborough schon gesehen? (Hier der Link.) Seine Botschaft wäre ein Teil der Antwort auf Deine Frage. 

Den Ist-Zustand sehen und fühlen, das ist die Realität. Gleichzeitig die Aufmerksamkeit auf Dinge lenken, die sich bereits positiv verändert haben. Vor allem auf Menschen, die nicht aufhören, mit Vertrauen und Hoffnung in die Zukunft zu schauen. 

Wenn uns Hoffnungslosigkeit befällt, dann erinnern wir uns an die Frage:
„Was tun wir jetzt?“  Genau jetzt! Mehr geht nicht!

Meist höre ich dann einen Vogel rufen oder nehme den Wind wahr, wie er durch die Bäume streicht. Ich habe wenig Angst um die Erde. Vielleicht müssen wir Homo Sapiens Platz machen für die Arten, die sich nicht als ausserhalb stehenden, sondern als integrativen Teil eines komplexen Systems empfinden, dass aus unfassbar vielen weiteren unverzichtbaren und ineinandergreifenden Teilen und Organismen besteht. Manche nennen es den blauen Planeten, andere sagen die Erde, einige sogar Mutter Erde.

Traurig macht mich der Gedanke trotzdem, denn ich mag unsere Art.

Wilde Grüße und hoffentlich bis bald, Paul"
Vielen Dank an meinen Freund Tim Taeger für das Foto vom "Zinken im Raureifmantel" und an Ingolf Jablonski für das atemberaubende Wolfsfoto.
Es gibt noch freie Plätze! Seminar beginnt im Februar:

"Onlinekurs Spurenlesen" (vom 15.02.-29.03, an vier Abenden)

"Wolfstracking im Hohen Fläming" (24.-27.02.)

Mehr findest Du auf unserer Homepage: Wildnisschule Hoher Fläming
 
Copyright © 2022 Paul Wernicke, Wildnislehrer, All rights reserved.
Mit dieser Email schicke ich Euch Neuigkeiten und Angebote der Wildnisschule Hoher Fläming.

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