Editorial: 2022: Globalisierung der Listings und Vormarsch der SPACs
Liebe Leserinnen und Leser,
jedes Jahr im Januar schreibt Larry Fink, Gründer und CEO von BlackRock, als Treuhänder seiner Kunden an die CEOs der Unternehmen, in die BlackRock-Anlagevehikel investieren. „Die transformative Kraft des Kapitalismus“ lautet der Titel in diesem Jahr.
„Kann er machen, aber was habe ich damit zu tun?“ ließe sich fragen. Nun: Fink ist Gestalt gewordene Marktmacht. Sein jährlicher Brief verkündet damit nicht nur seine Lehre, sondern entwickelt faktisch normative Kraft angesichts der Investitionspower des weltgrößten Vermögenverwalters. Finks klare Botschaft: Ökologie ist Trumpf. „Wir haben Nachhaltigkeit ins Zentrum unseres Handelns gerückt. Nicht etwa, weil wir Umweltschützer, sondern weil wir Kapitalisten und Treuhänder unserer Kunden sind“ lautet einer seiner Kernsätze.
Genau genommen ist es gar kein Brief an die CEOs, vielmehr hält Fink wie schon in den Jahren zuvor eine Bergpredigt des Kapitalismus. Denn in jenen Teilen, die über das Erklären ökonomischer Zusammenhänge hinausgehen, redet er der Wirtschaftselite direkt ins Gewissen und fordert eine Umkehr. Dabei beschränkt er sich auf zwei Preisungen, nämlich den Kapitalismus und den ökologischen Umbau der Wirtschaft:
Seine Prophezeiung: „Die nächsten 1.000 „Einhörner“ werden weder Suchmaschinen noch Social-Media-Unternehmen sein, sondern nachhaltige, anpassungsfähige Innovatoren: Start-ups, die Lösungen für den Verzicht auf fossile Brennstoffe entwickeln und die Energiewende für alle erschwinglich machen.“
Das heißt nicht, dass fossile Energieträger sofort strikt zu meiden seien: Man werde „von den CO2-intensiven Brennstoffen über weniger klimaschädliche zu klimaneutralen Technologien übergehen“ schätzt Fink die Entwicklung ein. Um etwa eine bezahlbare Energieversorgung während des Übergangs zu gewährleisten, würden in bestimmten Regionen fossile Brennstoffe wie Erdgas sowohl bei der Stromerzeugung und Wärmegewinnung als auch für die Wasserstoffherstellung weiter eine zentrale Rolle spielen.
Womit man schon mitten in der Diskussion steckt, was eigentlich als grün, nachhaltig oder nicht oder weniger umweltschädlich einzustufen ist – und das angesichts der Umstände für wie lange. Die Diskussionen um die EU-Taxonomie mit den Streitpunkten Atomenergie und Erdgas geben da nur einen kleinen Vorgeschmack.
Wie auch immer: Das Thema wird uns noch geraume Zeit beschäftigen. Es kann aber nicht schaden, bei den eigenen Anlageentscheidungen zu berücksichtigen, dass künftig erhebliche Mittel, Fink spricht von tektonischen Umwälzungen, aus seitherigen Energiequellen in „grüne“ Unternehmen umgeschichtet werden.
Viele Grüße
Stefan Preuß
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