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Antje Schrupp – Newsletter vom
16. Januar 2022

Wiese mit gelben Butterblumen

Hallo allerseits,

Ich hoffe, Ihr seid gut ins neue Jahr gekommen! Ich hatte einen erholsamen Urlaub im Dezember und einen arbeitsamen Jahreswechsel, deshalb kommt dieser Newsletter mit ein bisschen Verzögerung.

Es nicht zwar nicht gerade die passende Jahreszeit für das Thema, aber ich habe mich in den vergangenen Wochen mit der Natur beschäftigt. Vielleicht findet ihr das nicht so besonders außergewöhnlich, aber mein Thema war es bisher eher nicht. Die Natur lässt mich kalt, sozusagen. Und sie mag mich auch nicht besonders: Sämtliche lebendigen Pflanzen, die ich jemals besaß, sind in kurzer Zeit eingegangen. Ich habe das genaue Gegenteil eines „grünen Daumens“.

Natürlich lol mag ich „die Natur“ in Form von Meer, Wald und Blumenwiesen trotzdem (weniger allerdings in Form von Nieselregen oder Corona). Doch ginge es nach mir, kann mich die Natur gerne in Ruhe lassen. Wäre ich keine Frau und wohlhabend genug, hätte ich mich wahrscheinlich zu einem jeder vergeistigten Männer entwickelt, die sich das von anderen gekochte Essen reinschaufeln und ansonsten einfach den ganzen Tag am Schreibtisch hocken und nur zwischendurch mal eine Runde spazieren gehen.

Oder anders gesagt: Ich kann gut verstehen, warum die „alten weißen Männer” alles körperlich Politische (Schwangerschaft, Geburt, Krankheit, Alter) aus ihrem Horizont verbannten. Ich hätte das auch gerne gemacht. Und wenn ich nicht wüsste, was für eine dumme Idee das ist, wäre ich auch die erste, die ihr Gehirn in einen Roboter hochladen würde. Doch es hilft ja nichts, das Leben ist kein Wunschkonzert.

Der zweite Grund, warum ich bisher trotz genereller Affinität zu „grünen“ Milieus wenig bis nichts anfangen konnte mit allem Öko, Klima, Naturliebe, Tierliebe und so weiter, hat damit zu tun, dass diese Ansätze gerne mal zu schlichtem Dualismus neigen (böse Menschen, gute Natur). Aufgrund meines Frauseins wurde ich häufig genug zur Naturliebe verdonnert, und zwar keineswegs nur von der patriarchalen Kultur. In manchen feministischen Kreisen ist „die Natur“ nicht zu lieben ungefähr ein genauso großes Tabu, wie es in anderen eines ist, kein Fan von Quoten zu sein, und in noch wieder anderen, die reproduktive Differenz für wichtig zu halten.

Als wir in einem Zoom-Call kürzlich mal wieder über dieses Thema sprachen, empfahl mir eine Denkfreundin, die Philosophin Caroline Krüger, das Buch „Der Pilz am Ende der Welt“ von Anna Loewenhaupt Tsing zu lesen. Und tatsächlich, dieses Buch hat mir eine neue Perspektive eröffnet (Link zu meinem Rezensions-Youtube unten). Es geht „um das Leben in den Ruinen des Kapitalismus“ (so der Untertitel), und Tsing beschreibt anhand des Matsutake-Pilzes auf eine originelle und fruchtbare Weise das „Geflecht“ zwischen Menschen und Pflanzen. Übrigens ist die von ihr gewählte rhetorische Form eine Metonymie und keine Metapher, und wie Luisa Muraro in ihrem allerersten Buch „Stricken oder Häkeln“ schrieb, ist das die einer weiblichen symbolischen Ordnung am besten entsprechende Form.

Dazu passt, dass drüben im Forum „Beziehungsweise weiterdenken“ Dorothee Markert derzeit das neue Buch von Chiara Zamboni übersetzend auf Deutsch zusammenfasst: „Die Natur spüren und schreiben“, hier der Link zum Anfang der Serie. Anne Newball Duke hat gerade mit einem langen Artikel die Diskussion aufgegriffen und weitergeführt.

Was mir in dem Zusammenhang noch wichtig ist: Ich habe ein großes Unbehagen dabei, die Kommunikation von Menschen untereinander mit der Kommunikation zwischen Menschen und nicht-menschlicher Natur zu parallelisieren. Aus irgend einem Grund ist es mir sehr wichtig, zwischen Politik (die eine menschliche Praxis ist) und Kooperation (die auch zwischen Menschen und Nicht-Menschen möglich ist), zu unterscheiden. Gleichzeitig sehe ich natürlich die Probleme dieser Grenzziehung. Zu einem Ergebnis bin ich bei meinem Nachdenken noch nicht gekommen, das Thema wird mich mit Sicherheit weiter beschäftigen.

Wenn Ihr Tipps und Hinweise habt, was in diesem Zusammenhang wichtig sein könnte gerne her damit!

Antje

(PS: Ganz unten gibt’s wieder Bücher zum Verschenken)

Neu im Internet

Erbrecht abschaffen! Das ist eine alte Forderung von Anarchist*innen, und ich finde sie nach wie vor charmant. Warum, habe ich für die Zeitschrift „Zeitzeichen aufschreiben dürfen. Der Artikel verschaffte mir noch die Ehre eines Interviews im RBB und eine interessante Facebook-Debatte, hier die Links. (PS: Unten verlose ich eine der Zeitschriften)

Christentum ohne Inhalt. Mir ist aufgefallen, dass in Debatten über die Zukunft der Kirche / der Religion / des Christentums meistens alles drei miteinander vermengt wird. Es sind aber ganz unterschiedliche Dinge. In einem Blogpost schrieb ich, warum es wichtig wäre, auch mal wieder über Inhalte zu sprechen und darüber, was denn das Christentum von anderen Religionen und Weltanschauungen unterscheidet.

Grundeinkommen. Mein Beitrag im ABC des Freien Wissens von Wikimedia.de, das jetzt auch als gedrucktes Buch erhältlich ist.

Antje las ein Buch

Monica Black: Deutsche Dämonen Wusstet Ihr, dass es in den 1950er Jahren in Deutschland jede Menge Hexenprozesse und Wunderheiler gab? Ich nicht. Nach dieser Studie einer amerikanischen Historikerin versteht man auch manches aus der Querdenker-Szene besser.

Anna Loewenhaupt Tsing: Der Pilz am Ende der Welt Was man vom japanischen Matsutake-Pilz über das Leben auf den Ruinen des Kapitalismus lernen kann und was das mit den prekären Waldarbeiter*innen in Oregon zu tun hat. Geniale anthropologische Studie, schon vor ein paar Jahren erschienen, aber meine Entdeckung des Jahres!

Robin Wall Kimmerer: Geflochtenes Süßgras - Recht gelungener Versuch, nordamerikanisches indigenes Wissen wiederzuentdecken und einem westlich geprägten Publikum zugänglich zu machen.

Minouche Shafik: Was wir einander schulden - Die einflussreiche Ökonomin (derzeit Direktorin der London School of Economics) erklärt, warum wir einen neuen Gesellschaftsvertrag brauchen.

Termine

Donnerstag, 27. Januar 2022
Margarete Susman 1872 | 1966 | 2022
Zürich: Auftakt-Veranstaltung zum 150. Geburtstag der wichtigen politischen Denkerin und Heft-Vernissage der Sonderausgabe der „Neuen Wege”, mit u.a. Elisa Klaph
eck, Ilknur Bahadir Literaturhaus (Tickets) In der Sonderausgabe ist ein Text von mir Der Wille der Frau, als Frau wahrhaft Mensch zu sein” über Susmans geschlechterpolitisches Denken drin, ein Exemplar der Sonderausgabe verlose ich (runterscrollen).

Freitag, 4. März 2022
Grenzen des Sagbaren in der Gender-Debatte
Kiel: Workshop bei der 7. Schleswig-Holsteinischen Tagung der Ev-Luth Kirche in Norddeutschland für Schulleiter*innen.

Mittwoch, 9. März 2022
Margarete Susman, Denkerin der Differenz
Ansbach: Vortrag in der Gumbertuskirche, Johann-Sebastian-Bach-Platz 5, um 19.30 Uhr, veranstaltet von der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Ansbach.

Bücher zum Verschenken

Manchmal habe ich Bücher doppelt, zum Beispiel als Print und als E-Book, oder ich habe eins versehentlich zweimal gekauft habe (schusselig wie ich bin), oder ich habe das Buch zwar gelesen, will es aber nicht behalten, oder ich sortiere mein Bücherregal aus …. -

… deshalb dachte ich, ich frage einfach hier im Newsletter danach, ob jemand ein Buch geschenkt haben will. In dem Fall bitte einfach per Mail mit dem Betreff Bücherverlosung Newsletter Adresse schreiben, first come first serve. Wer mag, kann mir anschließend die Portokosten per paypal an post@antjeschrupp.de ersetzen, aber muss nicht. (Wirklich nicht).

In diesem Monat gibt es :
*Julia Cruschwitz, Carolin Haentjes: Femizide. Frauenmorde in Deutschland
*Catha Jenainati, Judy Groves: Feminism. A Graphic Guide (Paperback, englisch)
*Frank Jacob: Emma Goldman and the Russian Revolution (englisch)
*Ausgabe der Zeitschrift “Avenue, Themenheft “Mütter” (mit einem Artikel von mir über Schwangerwerdenkönnen) .
*Ausgabe der Zeitschrift „Zeitzeichen, mit zwei Artikeln von mir, dem oben verlinkten über das Erbrecht und einem über Gott
*Ausgabe der Zeitschrift „Neue Wege zum 150. Geburtstag von Margarete Susman, mit einem Beitrag von mir über ihr geschlechterpolitisches Denken „Der Wille der Frau, als Frau wahrhaft Mensch zu sein.

Die Bücher sind gebraucht, in der Regel aber in okayem Zustand. Wie gesagt, bei Interesse einfach auf diesen Newsletter antworten, Titel und Postanschrift mailen, wo das Buch hinsoll. Have fun!

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