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Liebe Freundinnen und Freunde von NeSTU
Fast die ganze Welt sieht besorgt auf die Ukraine. Wie empfinden die Menschen hier diese unerwünschte Publizität? Und wie wird in der Ukraine die Gefahr eingeschätzt? In unserem Rundbrief zu Weihnachten haben wir schon über die Stimmung in der Bevölkerung geschrieben. Diese hat sich nicht wesentlich verändert, aber die täglichen Berichte von der russischen Bedrohung hinterlassen natürlich ihre Spuren. Mit einer Art Galgenhumor fragen sich Viele, was sie im Kriegsfall machen würden, vor allem diejenigen, die nahe der Grenze leben. Dazu gehören auch Kyiv und seit der Verlegung russischer Truppen nach Belarus der Nordwesten der Ukraine.
Das Leben geht trotzdem weiter. Die Preise steigen und die Regierung hat angekündigt, dass wichtige Lebensmittel rationiert werden. Dass die Verteilung an gültige Impfzertifikate gebunden werden soll, führt zu grosser Aufregung. Der Anteil der zweifach Geimpten beträgt noch keine 40 Prozent. Geboostert sind ein Prozent der Bevölkerung. Die Intensivstationen der transkarpatischen Spitäler sind derzeit wieder überfüllt, der Schulunterricht ist bei uns noch mindestens eine Woche im online-Modus, wir rechnen täglich mit einem neuen Lockdown für die Region. Dafür erleben wir den schönsten Winter seit Jahren, mit viel Schnee sogar in den Städten.
Redaktion: Jürgen Kräftner, NeSTU Transkarpatien

 
Weitere Themen in diesem Rundbrief:
  • 20 Jahre NeSTU - unsere für alle interessierten Personen offene Jubiläumsversammlung am Samstag, 26. März ab 13.30 im Culinarium Stans NW
  • Endlich wieder reisen, jetzt erst recht: Wandern, singen, kennenlernen, mithelfen.
  • Ein update der Konzerttermine der Hudaki Village Band im April und im Juni in der Schweiz
Foto: Oleksandr Glyadyelov, aus der Serie "Lopuchovo - Brustury"
20 Jahre NeSTU: Samstag, 26. März im Culinarium Stans, Herzlich Willkommen, Ласкаво просимо!
Zeitplan:
13.30 - 14.00 Eintreffen mit Kaffee und Kuchen
14.00 - 15.30 Vereinsversammlung
15.45 "Seitenwechsel": Film und Gesprächsrunde
18.00 Führung durch's Culinarium
19.00 Gemeinsames Abendessen im Culinarium auf Wunsch
Mehr Informationen hier
Bitte um Anmeldung per Mail an unsere Geschäftsstelle

Unser Jubiläums-Treffen steht unter dem Motto "Seitenwechsel". Das Rahmenprogramm beginnt mit der Premiere einer Kurzdokumentation aus Transkarpatien: Im Film «Von unserer Seite» kommen Ukrainer und Ukrainerinnen zu Wort, die in den vergangenen Jahren Gäste aus der Schweiz empfangen haben oder in gemeinsamen Projekten engagiert waren. Wie haben sie die Begegnung mit den Schweizer Gästen erlebt? Im anschliessenden Gespräch, moderiert von Diana Schenkel-Hryzyshyna, kommen einige unserer Partner.innen aus der Ukraine zu Wort.
Zwei weitere thematische Schwerpunkte werden in kurzen Referaten erläutert:
Iris Del Sol spricht über den aktuellen Stand der Kampagne gegen die Verbauung des Svydovets-Massivs;
Nailya Ibrahimova spricht über das anlaufende Projekt einer "Donbas Transkarpatien-Medienschule".
Ebenfalls ankündigen dürfen wir die Teilnahme unserer Vorstandsmitglieder Natascha Kabatsiy und Lesja Levko aus Uzhhorod.
Wie immer das wichtigste an unseren Treffen bleibt der persönliche Austausch und die Gelegenheit zum informellen Gespräch. Dazu wird es beim Apéro mit Spezialitäten aus Transkarpatien und im weiteren Verlauf des Nachmittags ausreichend Gelegenheit geben.

Maria Perekrestenko (im Bild) ist eine aus Kyiv stammende Musikerin, sie studiert derzeit in Luzern. Sie wird unserem Jubiläum eine musikalische Note verleihen.
Anmeldung bitte bei der Geschäftsstelle von NeSTU:
Salome Stalder-Martin, info@nestu.org, 078 770 23 43
Und willst Du nicht mein Bruder sein, so schlag ich Dir den Schädel ein
Zu spekulieren, ob nun Krieg kommt oder nicht, wollen wir getrost anderen überlassen. Interessant ist es, mitzuverfolgen, wie sich die Stimmung in der hiesigen Bevölkerung langsam aber sicher verändert, und natürlich die Reaktion des Auslands auf die Bedrohung. Zum Glück gibt es intelligente Leute, die sich in den vergangenen Wochen zur aktuellen sogenannten Ukraine-Krise geäussert haben und die wir zur Lektüre empfehlen. Besonders empfehle ich den amerikanischen Historiker Timothy Snyder, Autor von Bloodlands, einem vor zehn Jahren erschienen Standardwerk über die osteuropäische Geschichte des 20. Jahrhunderts. Snyder stellt die aktuelle Krise in seinem Aufsatz  "How to think about war in Ukraine" in einen grösseren Zusammenhang.
Der Mangel an Solidarität vor allem von deutscher Seite stösst weiterhin vielen Ukrainern und Ukrainerinnen sauer auf. Häufig wird die deutsche Zurückhaltung mit der historischen Schuld aus dem Zweiten Weltkrieg begründet. Eine Gruppe von ukrainischen Intellektuellen hat sich die Mühe gemacht, diesen Denkfehler detailliert zu widerlegen. Das Resultat ist auf Deutsch unter dem Titel Besatzung erschienen.
Wenn wir nun etwa zehn Jahre zurückblenden, dann hat es auch etwas Gutes, dass die Ukraine dauernd in den internationalen Schlagzeilen ist. In den 2000er-Jahren wussten viele Westeuropäer noch nicht einmal, wo die Ukraine liegt. Eine Zeit lang hatte kein einziges deutschsprachiges Medium einen Korrespondenten in Kyiv. Entsprechend oberflächlich war die Berichterstattung, und noch zu Zeiten des Maidan mussten wir häufig den dümmsten Vorurteilen widersprechen, die im Westen laufend verbreitet wurden. Eine häufige Illustration war die Landkarte einer in zwei geteilten Ukraine, getrennt in der Mitte durch den Dnepro. Der Westen spreche Ukrainisch und sei pro-westlich, der Osten spreche Russisch und sei pro-Russisch. Natürlich gab es auch innerhalb der Ukraine starke regionale Vorurteile. In den vergangenen Jahren wurden viele davon abgebaut, nicht zuletzt durch die Präsenz, in allen Regionen, von geflüchteten Familien aus dem Donbas-Gebiet. Diese mehr als eine Million Binnenmigranten haben sich zum allergrössten Teil gut integriert und häufig gehören sie an ihren neuen Wohnorten zum aktivsten Teil der Bevölkerung.
Bei der Gründung von NeSTU hat niemand daran gedacht, dass wir eines Tages einen Militärexperten brauchen. Wir haben ihn auch nicht, aber mit Oleksandr Glyadyelov haben wir einen kompetenten Freund in Kyiv. Sohn eines sowjetischen Offiziers, hat er seit über 30 Jahren als Dokumentarfotograf in vielen Kriegsgebieten gearbeitet. Auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR unter anderem in Berg-Karabach, Transdnistrien und Abchasien; in der Hauptstadt von Tschetschenien Grozny hat er mit eigenen Augen gesehen, wie die russische Armee Wohnvierteln zerbombt hat. Von dort stammen die Fotos oberhalb, aufgenommen im Jahr 1996, gegen Ende des ersten Tschetschenienkrieges. Seit Ausbruch des Donbas-Konflikts hat er viele Monate an der Front verbracht und ist täglich in Kontakt mit Soldaten und Offizieren. Mich hat vor allem interessiert, wie er die Stimmung in der Armee und den Freiwilligenbataillons einschätzt, und natürlich wie er, als bewusster Bürger, die Perspektiven für Kyiv sieht, das nur 80km von der belarussischen Grenze entfernt liegt.
Auch bei Sascha (Kurzform von Oleksandr) ist von Panik nichts zu spüren. Dass es unweigerlich zu einem grossen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine kommen würde, davon hat er schon vor 20 Jahren gesprochen. Im Gegensatz zu den meisten ausländischen Beobachtern kennt er die Einstellung der russischen Elite in Bezug auf die Ukraine. Aber die Ukraine sei nicht so schwach, wie sie vielerorts dargestellt würde. Die Armee hat nach acht Jahren Krieg im Donbas-Konflikt grosse Kampferfahrung. Die kürzlichen Neuernennungen des Verteidungsministers und des Generalstabschefs seien im Sinne der Armee gewesen und hätten Vertrauen geschaffen. In Umfragen gilt die Armee seit Jahren als die einzige Institution in der Ukraine, die das Vertrauen der Bevölkerung geniesst. Natürlich ist sie numerisch und technisch weit unterlegen, aber eine militärische Offensive von Seiten Russlands wäre mit schweren Verlusten verbunden. Das einzige, was der Ukraine fast völlig fehle, ist ein wirksamer Schutz gegen Raketenangriffe. Eine grossangelegte Landoffensive würde eher Monate als Wochen in Anspruch nehmen. Die Ukraine ist ein grosses Land, sagt er lakonisch. Und scherzend fügt er hinzu: In Transkarpatien könnt Ihr beruhigt sein, bis zu Euch kommt kein russischer Panzer. Aber falls wirklich etwas passieren sollte, mein Weg geht in die andere Richtung; seine alte Leica ist immer einsatzbereit.
Etwas Sorgen machen wir uns um unseren Freund, den Filmregisseur Ivan Sautkin und seine Familie. Ivan hat nach dem Maidan an einer NeSTU-Jahresversammlung teilgenommen. Seit zehn Jahren hat er im Dorf Zhovid, 200km nordöstlich von Kyiv eine Künstlerresidenz aufgebaut, kaum 10km von der russischen Grenze und 15km vom Dreiländereck Ukraine-Belarus-Russland entfernt. Es ist eine wildromantische und dünn besiedelte Gegend. Die russische Armee hat jenseits der Grenze einen grossen Stützpunkt eingerichtet, wie Satellitenaufnahmen verraten. Aber auch Ivan verströmt vorsichtige Zuversicht. Er hat einen guten Draht zu den Einheimischen. Diese seien auf den Ernstfall vorbereitet und eine Besatzungsarmee müsste mit dem Widerstand von Partisaneneinheiten rechnen. Auch dort, in der Oblast Tschernihiv, gibt es genügend Leute, die im Donbas militärische Erfahrung gesammelt haben.

All dies klingt fremd und vielleicht etwas martialisch. Hier in Transkarpatien gibt es keinerlei Anzeichen für einen bevorstehenden Krieg. Die Ankündigung des Präsidenten, dass die Wehrpflicht abgeschafft werden soll, entspricht da schon eher der Grundeinstellung. Ich kenne die Statistik nicht, aber geschätzt haben sich in den vergangenen Jahren 90 Prozent der jungen Männer der Wehrpflicht entzogen, vor allem in den Dörfern.
Die offizielle Politik der Ukraine unter Präsident Zelenski wäre noch ein eigenes Kapitel, die will ich hier nur ganz kurz zusammenfassen. Zelenski einen Kriegshetzer zu nennen, das schafft selbst die russische Propaganda nur mit extremen Verrenkungen. Angetreten war er 2019 mit dem Versprechen, binnen Jahresfrist den Donbas-Konflikt auf friedliche Art zu beenden. Von der patriotischen Rhetorik seines Vorgängers Poroschenko hat er sich deutlich abgegrenzt. Inzwischen hat ihn die Realität eingeholt und unter dem Druck sinkender Umfragewerte und der russischen Drohkulisse rückt die Landesverteidung neuerdings ins Zentrum seiner Aufmerksamkeit. Zur Illustration: Im Jahr 2021 hat die Ukraine zehn Mal so viel Geld für den Strassenbau ausgegeben wie für die Armee.

Konzerte in der Schweiz im April und im Juni
Die Hudaki Village Band hat beschlossen, dass ab sofort weder Omikron noch der Mann mit P der Musik Einhalt gebieten dürfen. Das Foto stammt vom Jubiläumsfest des Uzhhoroder Radio Eden, Ende Januar. Links im Bild Vasko, der singende Fuhrwerker aus Nyzhne Selyshche. Anfang März stehen Konzerte in Lviv und Kyiv auf dem Programm.
Im April und Juni kommt die Band wieder in die Schweiz:
Mi 6. April Alte Post Aeugstertal am Albis ZH. 20.00. Res.: 044 761 61 38
Do 7. April Mahogany Bern.  20.30
Sa 9. April Genossenschaft Karthago, Zentralstrasse 150 Zürich. 20.30
So 10. April Sternenkeller Rüti ZH. 20.00. Res.: 055 240 45 51

Fr 10. Juni Kaffeehaus St. Gallen
Sa 11. Juni open-air Barakuba, Gundeliquartier Basel

Weitere Auftritte sind im September geplant, siehe www.hudakivillageband.com
Reisen
Doch doch, natürlich halten wir an unserem Reiseprogramm fest. Zwei Reisen sind sogar ausgebucht:
Die Singwoche mit dem Kammerchor Cantus Anfang Mai und
die Trekkingreise vom kommenden Juni. 
Für beide Reisen gibt es Wartelisten. Eine weitere Singwoche findet im Oktober statt. Und Interessenten an Wanderreisen in den ukrainischen Karpaten melden sich bitte bei unserer Geschäftsstelle. Es können relativ kurzfristig weitere Reisen für Gruppen ab 4 Personen organisiert werden.
Vom 8. - 15. Mai findet unsere Reise "Transkarpatien entdecken" statt. Es gibt noch einige freie Plätze!
Für die Reise Traditioneller Gesang der Ukraine mit Anna Ochrimtschuk, geplant für Ende Juli, müssten sich noch mindestens fünf Personen anmelden, damit wir sie durchführen können. Die definitive Entscheidung soll zu Ostern gefällt werden.
Vom 13. - 22. April empfängt die Kooperative Longo maï in Nyzhne Selyshche Freiwillige aus dem In- und Ausland für Frühjahrsarbeiten im neuen Hochstamm-Obstgarten - und freut sich auf weitere Interessenten und Interessentinnen!
Kontakt zu NeSTU:
Salome Stalder - Martin, Dipl Forst-Ing. ETH, Mürgstrasse 6, 6370 Stans
E-Mail: info(at)nestu.org. Natel: 078 770 23 43
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