Copy
View this email in your browser
Liebe Freundinnen und Freunde von NeSTU
Seit dreizehn Tagen herrscht Krieg in der Ukraine. Täglich werden - vorsätzlich - Zivilisten getötet. Gänzlich unerträglich ist der Tod von Dutzenden von Kindern. Vorgestern war dies der Fall, als Hunderte von Bewohnern der Stadt Irpin, einem Vorort von Kyiv, zu Fuss flüchten wollten. Videos zeugen von der Barbarei. Aber auch in der vergangenen Nacht wurden Wohnviertel in Sumy in der Nordukraine aus der Luft bombardiert.
Die vereinbarte Feuerpause und Evakuierung aus dem umzingelten Mariupol wurde erneut von russischer Seite durch Artilleriebeschuss sabotiert. De fakto ist eine Stadt von der Grösse von Zürich in Geiselhaft.
Währenddessen gehen die Menschen in den besetzten Städten auf die Straße und bitten die Besatzungsmächte höflich darum, nach Hause zu gehen.
In diesem Rundbrief
  • Was wir in Transkarpatien und darüber hinaus tun
  • Was NeSTU bisher gemacht hat
  • Was Ihr und alle Menschen in der Schweiz tun könnt
  • Liste von benötigten Hilfsgütern
  • Empfang von Flüchtlingen - eine konkrete Anfrage
Fotos oben: Evakuierung von Irpin, nach tagelangem unter Beschuss. Während der Evakuierung wurden mehrere Menschen erschossen.
Foto oben: Ein Sportsaal in Uzhhorod wurde zum Flüchtlingslager umgewandelt.

Derweilen bei uns in Transkarpatien
Transkarpatien ist weiterhin die einzige Region der Ukraine, die von russischen Angriffen verschont geblieben ist. Umso mehr fühlen wir uns gefordert, zu helfen.
Sowohl das Büro des CAMZ in Uzhhorod als auch die Häuser von Longo mai in Nyzhne Selyshche haben sich in pulsierende Logistik- und Kommunikationszentren verwandelt. Es bleibt kaum Zeit zum Schlafen. Das CAMZ mit seiner jahrelangen Erfahrung in humanitärer Hilfe war dafür prädestiniert und hat binnen Stunden eine funktionierende Transport- und Verteilungskette aus dem Ausland in die Ukraine aufgebaut. Das Hauptaugenmerk liegt derzeit bei der Anschaffung von medizinischen Hilfsgütern. Diese werden in LKWs bis zu Lagerhallen in der Slowakei und in Ungarn angeliefert, dort sortiert und anschliessend nach Uzhhorod gebracht. Ein Teil der Hilfsgüter bleibt in Transkarpatien, darunter vor allem Lebensmittel für die vielen Kantinen für Flüchtlinge, der Rest wird in andere Regionen weiter im Norden und Osten weitergeführt.
In Nyzhne Selyshche legen wir das Hauptaugenmerk auf die Evakuierung von Menschen aus den bombardierten Städten. Fünf Kolleg.innen aus anderen Longo mai-Kooperativen sind gekommen um zu helfen. Besonders gut funktioniert die Zusammenarbeit mit den Freunden in Rumänien, sie können binnen 6 Stunden bei uns sein. Auch hierher kommen zahlreiche Hilfslieferungen, ebenfalls Medikamente und Verbandsmittel, Stromgeneratoren, USB-Reservebatterien und vieles mehr. Von uns unmittelbar werden über 100 Flüchtlinge betreut, inklusive warmer Mahlzeiten. In schnellem Rhythmus stellen wir weitere Unterkünfte zu Verfügung. Wie viele Flüchtlinge sich bereits im Dorf und in der Region aufhalten, darüber können wir derzeit auch nur spekulieren. Es sind jedenfalls mehr als 100'000.

Weiterhin schaffen wir es bei weitem nicht, alle Anfragen auf Interviews oder Hilfsangebote zu beantworten. Nachdem Natascha Kabatsiy am Sonntag Interviews auf den grössten französischen Fernseh- und Radiokanälen gegeben hat, ist sie völlig überflutet. 
Gleichzeitig sind wir natürlich auch permanent von ganz konkreten Einzelschicksalen gefordert.

Hier ist eine Video mit den Kindern aus Luhansk, die bei jetzt im Jugendgästehaus in Nyzhne Selyshche leben.

Fotos unten: Die Frauen des CAMZ mit ihren Helfern und Helferinnen in ihrem Umschlaglager für humanitäre Hilfe in Uzhhorod.
Evakuierung und Ausreise
Viele Menschen sind geschockt und wissen nicht, wie weiter. Lesja Levko (NeSTU, CAMZ) suchte am Sonntag den ganzen Tag am Grenzübergang in Uzhhorod nach Leuten, die mit einem an der Grenze wartenden Bus nach Deutschland fahren wollten, ohne Erfolg. Wenn sie das Land schon verlassen müssen, wollen die meisten Menschen doch lieber in ein nahegelegenes Land reisen, um so schnell wie möglich wieder nach Hause zu kommen. Schliesslich brachte der Bus einige Menschen in die Slowakei und nach Polen.

Eine Video von der Grenze in Uzhhorod gibt es hier. Das Filmteam um Ivan Sautkin lebt derzeit mit ihren drei Kindern, der Grossmutter und mehreren Haustieren mit uns in Nyzhne Selyshche und realisiert täglich neue kurze Dokumentarfilme.

Der Kanal ihrer Initiative "Babylon 13", die seit den ersten Tag des Maidan im Spätherbst 2013 besteht, ist hier auf Youtube zu finden.

Wir wurden am Wochenende auch von Leuten aus der Zentralschweiz kontaktiert, die mit einem Bus nach Uzhhorod kommen wollten, um Flüchtlinge mitzunehmen, aber wir haben ihnen gesagt, sie sollten vorläufig warten. Es ist nicht sicher, dass wir ausreichend Reisewillige für die Schweiz finden.

Die Evakuierung von Menschen aus Kyiv und demnächst auch aus Charkiv mit Kleinbussen beschäftigt uns immer mehr. Wir haben zwei Fahrzeuge hier in der Ukraine gekauft, ein dritter Bus kommt morgen Mittwoch aus der Schweiz hier an. Die Fahrten sind etappenweise organisiert: Eine Gruppe von Fahrern kümmert sich um die "heissen" Transfers, von Kyiv in die Stadt Khmelnytskiy im westlichen Zentrum der Ukraine. Andere Fahrer fahren von Khmelnytskiy nach Transkarpatien, eine Strecke, die derzeit als ungefährlich gilt. Allerdings warnen auch in Khmelnytskiy ab und zu die Sirenen vor bevorstehendem Raketenbeschuss. Für diese Strecken braucht man gut ausgebildete und unerschrockene Fahrer, die mit der Armee in Kontakt stehen. An manchen Stellen gibt es Staus von mehr als 50 km, die unter anderem durch Straßensperren verursacht werden. Um von Kyiv zu kommen, muss man einen ziemlich großen Umweg machen, und die Route ändert sich häufig wegen der Gefahr von Granatenbeschuss.
Die Evakuierung aus Charkiv verläuft etwas anders: Unsere Fahrzeuge bringen die Menschen aus dem Gefahrenbereich, etwa 300km, bis zur Stadt Svitlovodsk am Fluss Dnipro. Von dort gibt es zumindest derzeit sichere und regelmässige Fahrten nach Polen.
 
Zunächst waren wir unsicher, ob diese Evakuierungen in Minibussen sinnvoll sind. Das derzeit sicherste Transportmittel ist der Zug. In Kyiv oder einer anderen von den Russen angegriffenen Stadt in einen Zug zu steigen, ist jedoch ein Horror und für Frauen mit kleinen Kindern oder alte Menschen praktisch unmöglich. Es gibt zehnmal mehr Reisewillige als verfügbare Plätze.

Foto: Der Bahnhof der Millionenstadt Charkiv in den vergangenen Tagen. Die Stadt ist beinahe umzingelt.
Was NeSTU macht
Wir haben uns mit dem Verein Parasolka nun die Arbeit aufgeteilt. Während Parasolka weiterhin für Medikamente und weitere Hilfsgüter sammelt, die via das CAMZ verteilt wird, konzentrieren wir uns auf die Evakuierung von Flüchtlingen. Dazu wurden bis heute morgen bereits zwei Fahrzeuge angeschafft, ein Minibus, der auf dem Weg in die Ukraine ist, und eine Ambulanz. Weitere Ambulanzen sollen kurzfristig angeschafft werden. Auch Longo mai in Basel sucht Fahrzeuge. Die Freiwilligenorganisationen, die in den Konfliktzonen arbeiten, haben uns dies als dringendste Hilfe mitgeteilt. Mit den Ambulanzen war die Ukraine schon in Friedenszeiten alles andere als gut bestellt, nun ist der Bedarf riesig. Wir können hier schnell und unbürokratisch helfen, bis die grossen Hilfswerke reagieren.
NeSTU spricht Allen, die sich bisher unglaublich grosszügig an der Hilfe beteiligt haben, grössten Dank aus! Gemeinsam können wir Menschenleben retten!
Was in der Schweiz tun
Ausser der weiterhin nötigen finanziellen Hilfe sind auch Sachspenden sehr willkommen. In der Schweiz ist in den vergangenen zwei Wochen ein dichtes Netzwerk von privaten Initiativen entstanden, die Hilfe für die Ukraine sammeln und verfrachten.
Wir sind in Kontakt mit Basel hilft. Die Liste der benötigten Hilfsgüter auf deren Website stimmt absolut mit den Bedürfnissen überein, die wir hier in der Ukraine kennen.
Hier gibt es eine Liste der Sammelstellen in der gesamten Schweiz.
 
Emfpang von Flüchtlingen
Derzeit gibt es in der Schweiz nach unseren Kenntnissen viel mehr Angebote für die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine als Nachfrage. Auch bei uns gingen zahlreiche Angebote ein. Die Geschäftsstelle von NeSTU ist diesbezüglich mit anderen Initiativen vernetzt.
Vielleicht könnten wir aus dieser Konstellation eine kleine Erfolgsgeschichte machen.
Hier eine ganz konkrete Anfrage von einer vierköpfigen Familie die wir vor drei Tagen aus Kyiv evakuiert haben und die jetzt vorübergehend in unserem Jugendgästehaus in Nyzhne Selyshche wohnt. Die Vier kämen gerne in die Schweiz, vielleicht sieht jemand eine Möglichkeit? Den Transfer können wir organisieren.
Der Fall ist nicht ganz einfach. Katja ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern: Marusya, 2 Jahre, Mischa, 9 Jahre und Pavel, 17 Jahre. Er ist Autist und bedarf psychoneurologischer Betreuung. Katja ist von Beruf klinische Psychologin. Sie spricht Englisch und würde gerne auch in der Schweiz zumindest teilzeitlich arbeiten. Gerade für ukrainische Flüchtlinge könnte sie vielleicht gebraucht werden. Aber Priorität haben natürlich die Kinder, und die deutsche Sprache müssten sie zunächst lernen. Ein Wunsch wäre ein Haushalt ohne Haustiere, da es offenbar Allergien gibt.

Wir sind mit so vielen Schicksalen konfrontiert – und jedes erfordert eine Lösung, Anteilnahme, Menschlichkeit.
Foto unten: Katja mit ihren drei Kindern in unserem Jugendgästehaus in Nyzhne Selyshche.
Solidaritätsveranstaltung in Basel am 16. März
Am Mittwoch, 16. März Nachmittag/Abend findet  an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel eine Solidaritätsaktion für die Ukraine statt.  NeSTU beteiligt sich daran. Am Programm und am Flyer wird derzeit noch gearbeitet. Wir freuen uns auf das Wiedersehen!
Kontaktperson bei NeSTU ist Diana Hrytsyshyna, mail
Kontakt zu NeSTU:
Salome Stalder - Martin, Dipl Forst-Ing. ETH, Mürgstrasse 6, 6370 Stans
E-Mail: info(at)nestu.org. Natel: 078 770 23 43
Want to change how you receive these emails?
You can update your preferences or unsubscribe from this list






This email was sent to <<Email Address>>
why did I get this?    unsubscribe from this list    update subscription preferences
Nestu · Mürggasse 6 · Stans 6370 · Switzerland

Email Marketing Powered by Mailchimp