Was fällt ihnen als Architekt als erstes auf, wenn Sie diese Bilder betrachten?
Die Bauten auf den Bildern sind komplett vom Kontext isoliert. Das finde ich irreführend, weil Konstruktionen ja nur funktionieren, wenn sie belebt sind und sich in ihrer Umgebung verankern. Jedes Nest sitzt auf irgendetwas. Ein Wespenvolk zum Beispiel hängt im Baum oder unter einem Dachvorsprung, und immer geht es auch um: Wer gehört dazu, wer wird ausgegrenzt? Das sind die Parameter, innerhalb derer das alles stattfindet. Diese reine Ästhetisierung ist verführerisch. Aber auf den zweiten Blick lässt sie einen ein bisschen allein. Man bekommt die Komplexität des Organismus, der dahintersteckt, nicht richtig mit. Und man nimmt die Schönheit der Einbindung in das Leben. Eventuell: Die Komplexität des dahintersteckenden Organismus ist ausgeblendet, der Kontext, die Einbindung in das Leben in seiner Schönheit bleibt einem verwehrt.
Aber wenn wir mal nur das Bauwerk an sich betrachten: was würden Baubehörden und Statiker dazu sagen, wenn Sie Pläne für solche Konstruktionen einreichen?
Aus tragwerksplanerischer Sicht sind diese Bauten faszinierend. Die Nester finde ich besonders spannend, weil sie etwas Chaotisches haben, aber mit unglaublich präzisem Effekt. Es ist eine Cluster-Struktur, die einerseits elastisch ist, andererseits aber auch einen festen Raum und ein Zuhause schafft – nur aus gefundenem Material, das man auch noch gut durch die Luft transportieren kann! Durch die Knäuelstruktur entsteht eine Komplexität, bei der jedes Element mit allen anderen so verbunden ist, dass das Ganze auch noch hält, wenn ein Teil herausgelöst würde. Auch bei den anderen Bauten gilt: Sie alle sind sehr resilient und würden sich immer wieder reparieren lassen. Ob Spinnwebe oder Wabe: Es gibt eine Redundanz, die zu Robustheit führt. Auch perspektivisch sind diese Bauten spannend, weil sie den Raum komplett dreidimensional sehen und in alle Richtungen agieren. ...
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