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Liebe Freundinnen und Freunde von NeSTU
Seit bald vier Wochen verwüsten russische Soldaten, Panzer, Artillerie, Raketen und Flugzeuge die Ukraine. Die Flut der schrecklichen Nachrichten bricht nicht ab. In Transkarpatien sind wir in der privilegierten Lage, dass wir ausser von sporadischem Luftschutzalarm (heute immerhin vier Mal) nicht direkt vom Krieg betroffen sind. Gerade deshalb suchen hier Hunderttausende Schutz. Sie sind auf unsere Unterstützung angewiesen.
Die Begegnungen mit diesen Menschen aus dem Norden und dem Osten sind oft erschütternd. In den westlichen Medien wird kaum darüber berichtet (soweit ich das beurteilen kann), was in den von Russen besetzten Gebieten passiert. Flüchtlinge erzählen von Verbrechen, die sie selbst miterleben mussten. Zivilisten werden wahllos ermordet, Panzer beschiessen bewohnte Wohnhäuser und zivile Autos.

Im positiven Sinne erschütternd ist die Hilfsbereitschaft, die man an den Grenzübergängen zum westlichen Ausland zu spüren bekommt, an vielen anderen Orten natürlich auch.
In den letzten Tagen hat sich die Fluchtbewegung aus den Kriegsgebieten verlangsamt.
Trotz des anhaltenden Bombenhagels wollen viele Menschen ihre Heimat nicht verlassen.
Redaktion dieses langen Rundbriefs: Jürgen Kräftner
Text zu Cantus: Krisztina Szakàcs
In diesem Rundbrief
  • Unsere Jahresversammlung findet wie geplant am kommenden Samstag, 26. März in Stans statt. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen in diesen schweren Stunden
  • Ein kurzer Bericht vom Kammerchor Cantus in Uzhhorod
  • Ein Überblick darüber, was wir in Transkarpatien tun und was NeSTU bisher dazu beitragen konnte
  • Mehrere Familien sind mit der Hilfe unseres Netzwerks inzwischen in der Schweiz in Sicherheit. Wer ein oder mehrere Zimmer oder gar eine Wohnung zu Verfügung stellen kann, meldet sich bitte bei unserer Geschäftstelle.
  • Wo kann NeSTU, mit Eurer Unterstützung, zielgerichtet Beiträge zur Linderung der Not leisten
Herzlichen Dank! Eure Spendenbereitschaft in den vergangenen Wochen war unglaublich gross und wir sind Allen extrem dankbar! Die Situation ändert sich laufend und wir müssen immer wieder neu einschätzen, wie wir die verfügbaren Mittel am besten einsetzen. Mehr dazu in diesem Rundbrief.
Sehr schön war auch die tolle Zusammenarbeit bei der Beschaffung mehrerer Kleinbusse und zweier Ambulanzen und deren Auffüllen mit Hilfsgütern. Viele hilfreiche und tatkräftige Freunde und Freundinnen haben sich daran beteiligt, mit einem wunderbaren Resultat, auch hier - herzlichen Dank!


Die Kontonummer von NeSTU für Spenden für die Kriegsopfer: 
Raiffeisenbank Nidwalden, 6370 Stans
IBAN: CH69 8080 8008 0940 4940 2
BIC: RAIFCH22XXX

"Am nächsten Samstag, 26. März, findet in Stans die Mitgliederversammlung von NeSTU statt. Der grobe zeitliche Rahmen bleibt bestehen. Allerdings werden wir den statutarischen Teil kurzhalten, damit wir mehr Zeit für das Rahmenprogramm haben. Dieses widmen wir der aktuellen Situation in der Ukraine, aber auch in der Schweiz. Dazu kommen mit Iris Del Sol und Miroslava Burok zwei Ukrainerinnen aus unserem Netzwerk zu Wort, welche die Situation auf beiden Seiten sehr gut kennen. Moderiert wird die Gesprächsrunde von unserem Vorstandsmitglied Diana Schenkel – Hryzyshyna.

Die Versammlung beginnt wie vorgesehen um 14:00 (Kaffee und Kuchen ab 13:30). Durch die Programmanpassung verschiebt sich der Anfang des Rahmenprogramms auf 15:15 Uhr. Der Apéro beginnt um 15:30, die Gesprächsrunde um 16:30."

Cantus
Sehr viele FreundInnen aus der Schweiz erkundigen sich nach dem Wohlergehen vom Cantus und richten ihre unterstützenden Worte den SängerInnen aus. Emil, Stas und alle SängerInnen sind für die vielen Nachfragen, Hilfsangebote und den Beistand sehr dankbar, sie spüren und schätzen es sehr! 
 
Nach dem ersten Schock des Geschehens am 24. Februar haben sich auch die SängerInnen schnell fassen müssen und statt in die täglichen Proben zu gehen, haben auch sie sich dort eingebracht, wo es nötig ist. Sängerinnen haben für die Flüchtlinge gekocht, Kindergärten oder Pfarreien in Unterkünfte für die Flüchtlinge umgewandelt, die Sänger haben bei der Umladung der Hilfsgüter geholfen oder Flüchtlinge zur Grenze gefahren. Wer die Möglichkeit hat, nimmt Bekannte aus den östlichen Regionen auf. So sind auch sehr viele Musiker insbesondere aus Kyiw nun in Uzhhorod. So hat zum Beispiel eine dreiköpfige Musikerfamilie bei Emil ein Zuhause für diese schwierige Zeit gefunden.  
 
Am Wochenende hat der Präsident die Menschen vor allem in den wenigen ruhigen Regionen dazu aufgerufen arbeiten zu gehen und die zusammenbrechende Wirtschaft des Landes zu unterstützen. Somit probt Cantus seit Dienstag wieder so gut es geht. Die erste Probe wurde teilweise vom Luftalarm übertönt, an mögliche Konzerte denkt man in diesen Zeiten gar nicht, etwas zu planen ist unmöglich. Aber die SängerInnen bleiben zu Hause und machen das, worin sie am stärksten sind.
Am vergangenen Wochenende konnte eine Freiwilligenorganisation der Stadt Drohobytsch eine erste Ambulanz in Empfang nehmen, die NeSTU mit Spendengeldern in Deutschland gekauft hat. Im Bild rechts der freiwillige Fahrer Christoph aus Berlin, links Volodymyr, ein Arzt des städtischen Krankenhauses Drohobytsch, am polnisch-ukrainischen Grenzübergang. Die Ambulanz ist bereits im Raum Kyiv im Einsatz.
Beinahe vier Wochen Krieg, eine Bilanz unserer Arbeit
Eine unvollständige Bilanz dessen, was wir in den letzten drei Wochen getan haben. 
Hier geht es vor allem ums Dorf Nyzhne Selyshche und seine Umgebung. Die Aktivitäten des CAMZ und der vielen Freunde von NeSTU in Uzhhorod wollen in einem nächsten Rundbrief detaillierter beschreiben. 

Nyzhne Selyshche beherbergt derzeit über 500 Binnenvertriebene, vielleicht sind es 800, es gibt keine Statistik. Durch unser Mitwirken sind mehr als 200 gekommen, sie leben auf unseren Bauernhöfen, in unserem Jugendgästehaus, im Kindergarten, in Häusern im Dorf von oder mit Einheimischen und jetzt auch in der Dorfschule. Zwanzig bis dreissig Personen sind mit unserer Unterstützung ins Ausland gegangen, nach Polen, in die Schweiz und nach Österreich.

Das Restaurant versorgt zweimal täglich über 100 Personen. Das Gästehaus - 25 Personen. Die Kinder und Jugendlichen im Gästehaus und in der Vorschule erhalten psychologische Unterstützung und werden fast ständig und vielseitig betreut. Das ist sehr wichtig, da sie jahrelang unter Bombenangriffen und einer traumatischen Evakuierung gelitten haben. 

Wir haben in Chust ein Lager für humanitäre Hilfe eingerichtet. Vor allem aus Rumänien kommt regelmässig wertvolle und gezielte Hilfe. Medikamente, Lebensmittel, Decken etc. werden lokal verteilt und zum Teil über unsere dortigen Kontakte in die Region Charkiw weitergeleitet.

Vor drei Tagen war unser erster "kostenloser Basar" im Dorf ein grosser Erfolg. Es wurden Hilfsgüter an Flüchtlinge und bedürftige Einheimische verteilt. Lebensmittel, Kleidung, Decken, Hygieneartikel usw. - am Ende ist nichts mehr übrig, die Stimmung ist freudig-gelöst. Abgesehen davon, dass viele Leute mit notwendigen Dingen versorgt werden, verschafft es den Neuankömmlingen ein wenig Sichtbarkeit und es gibt einen zaghaften Austausch mit den DorfbewohnerInnen.

Wir haben nun fünf Kleinbusse, die Menschen aus Kyiv und Kharkiv evakuieren, zwei davon hat NeSTU finanziert. Weitere Fahrzeuge werden in den nächsten Tagen eintreffen. Ein Team von Fahrern und eine Transportkoordination funktionieren gut, wir suchen nach zusätzlichen (ukrainischen!) Fahrern. Endlich wissen wir, wie wir die Fahrzeuge gemäss den neuen Regeln hier anmelden können. Eine erste von NeSTU finanzierte Ambulanz ist gestern eingetroffen, eine zweite kommt diese Woche. Die von NeSTU finanzierten Ambulanzen werden direkt an eine Freiwilligenorganisation in Drohobych weitergeleitet. Dazu das von unserem Filmteam gedrehte Video: https://youtu.be/RKkeI4Vcic8.
Auf ihren Fahrten nach Charkiw nehmen die Fahrer auch Nothilfe mit, vor allem Medikamente, z. B. Insulin.

Diese Bilanz wäre unvollständig (sie ist es ohnehin) ohne die Palette an unzähligen Hilfeleistungen, Informationen, die gesucht und gegeben werden müssen, trösten und aufmuntern...
Fotos oben: Die Frauen des CAMZ und ihre Helfer bei ihrer jetzt alltäglichen Arbeit.
Die Hilfe der grossen Organisationen und unzähligen internationalen Initiativen ist angelaufen, aber chronisch ungenügend. Die Kolleginnen von CAMZ beschaffen, in Partnerschaft mit dem Ausland, Medikamente in grossem Massstab. Unsere Kontakte in der Schweiz und darüber hinaus beginnen Früchte zu tragen. Wir bearbeiten mehrere Hilfsangebote von grossen Organisationen. Die logistische Infrastruktur des CAMZ ist bereits jetzt in der Lage, täglich drei Sattelschlepper mit Hilfsgütern zu empfangen und zu verteilen. Die Medikamente werden per Zug und teilweise mit Lastwagen in der gesamten Ukraine verteilt, mit Ausnahme von abgeschlossenen oder besetzten Städten. Wenn wir in Nyzhne Selyshche oder für unsere Kontakte an der Front etwas Bestimmtes benötigen, erhalten wir es vom CAMZ.

Es fehlen nicht nur Medikamente. Die Versorgung mit Lebensmitteln ist in vielen Regionen (nicht in Transkarpatien) bei weitem nicht ausreichend. Da wir Angebote von grossen Hilfsorganisationen haben, geht es auch hier darum, über die sehr punktuelle und lokale Hilfe hinauszugehen, auch wenn diese immer noch benötigt wird.

Die Bilanz der letzten Tage ist allerdings sehr durchzogen. Die Schere zwischen den Bedürfnissen und den eintreffenden Hilfsgütern klafft weit auseinander. Es geht nun darum, über 10 Millionen Menschen mit lebenswichtigen Gütern zu versorgen. 

Die Evakuierung
Die Situation ändert sich immer noch ständig und jeden Tag. An einem Tag können 100 Menschen um Evakuierung bitten, z. B. aus Charkiw, am nächsten Tag sind es nur noch 3. Die Züge fahren weiterhin und sind etwas weniger vollgestopft. Zur Erläuterung: Die Zugfahrten sind nun gratis und in einem Abteil, in dem normalerweise 4 Personen Platz finden, sitzen nun 10 Personen. Gesamthaft gab es in den letzten Tagen weniger Abreisende, die Grenzen sind vergleichweise leer. Wir haben beschlossen, unsere Fahrzeuge gezielt in den Konfliktzonen und auf relativ kurzen Strecken einzusetzen. 

Zusammenarbeit mit kleineren, sehr effizient arbeitenden Organisationen
Wir wollen verstärkt mit kleinen, befreundeten Organisationen zusammenarbeiten, denen wir vertrauen. Und unsere Kräfte auf Bevölkerungsschichten konzentrieren, die unsere Solidarität besonders nötig haben.

Eine unvollständige Liste:
Die NGO "Fight for Rights" setzt sich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen ein. Eine der Gründerinnen kennen wir seit 2015. Gleich zu Beginn des Krieges begannen sie damit, Menschen mit Behinderungen aus den Konfliktgebieten zu evakuieren. Es ist nicht verwunderlich, dass es praktisch keine Schutzräume oder Keller gibt, die für Rollstuhlfahrer oder bettlägerige Menschen eingerichtet waren. Fight for Rights zählt etwa 30 Freiwillige. Wir schlagen vor, dass NeSTU diese Organisation mit einem noch festzulegenden Beitrag unterstützt.

Schon lange kennen wir auch die Menschenrechtsorganisation "Vostok SOS", die seit 2014 im Donbas arbeitet. Jetzt haben sie ihr Büro nach Uzhhorod verlegt, aber sie haben weiterhin viele Aktivisten vor Ort. Sie sind sehr gut verankert und sehr effektiv. Heute erfahren wir, dass Vostok SOS bei weitem nicht so viele Hilfsgüter empfängt, wie sie brauchen würden, um die vielen Anfragen und Bedürfnisse in der Ostukraine zu decken.

Wir kennen und arbeiten auch seit mehreren Jahren mit den in Charkiw ansässigen "Weihnachtsmann-Elchen" zusammen. Sie arbeiten seit 2014 in sozialen Projekten mit Kindern und Jugendlichen in der Konfliktzone. In den letzten Wochen kümmern sich diese Freiwilligen vor allem um Evakuierungen und Nothilfe dort, wo sonst niemand mehr hinkommt. Zum Teil waren sie es, die die Kinder, die seitdem bei uns im Dorf Zuflucht gefunden haben, herausgeholt haben.
Und viertens: Der Hauptvertreter der Roma-Gemeinschaft in Uschhorod, Myroslav Horvat, geniesst einen sehr guten Ruf, wir kennen ihn schon lange. In den letzten Tagen hat unser Filmteam einen kleinen Dokumentarfilm über "Roma während des Krieges" gedreht und hatte die Gelegenheit, mit ihm zu sprechen.  Es stellte sich heraus, dass die Uzhhoroder Roma noch stärker unter dem Krieg leiden als andere Bevölkerungsschichten. Dreissig Menschen in einem Zimmer, sie schlafen abwechselnd, es fehlt ihnen an allem. Viele Männer sind in freiwillig in den Krieg gezogen, aber noch viel mehr Menschen aus ihren Gemeinden in Kyiw und Charkiw sind zu ihnen geflohen. Sie haben aus den üblichen Gründen keinen Zugang zu humanitärer Hilfe. Vor ein paar Tagen wurde einer der ihren bei einem rassistischen Überfall getötet, wenn ich das richtig verstanden habe.
Unser Vorschlag:
Wie erwähnt vertrauen wir Myroslav. Am einfachsten wäre es, ihm direkt regelmässig nicht sehr grosse Beträge zu überweisen, damit er Lebensmittel für die Romagemeinde kaufen kann. Sie haben eine Suppenküche eingerichtet und verteilen heisse Mahlzeiten an bis zu 150 Personen. Ein Betrag von 1000.- Franken pro Woche reicht dafür aus.

Empfang und Aktivitäten in Nyzhne Selyshche.
Es ist wahrscheinlich, dass viele Flüchtlinge für längere Zeit hierbleiben werden, wenn nicht sogar für immer, da ihre Häuser zerstört sind. Dies kann als Chance gesehen werden, um die Dorfgemeinschaft zu beleben, vorausgesetzt, es gibt keine Spannungen. Derzeit ist es jedoch schwierig, sich vorzustellen, wie man Hunderten von Erwachsenen Arbeit geben kann, in einer Region, in der es seit jeher an gut bezahlter Arbeit mangelt. Teilweise finden sich die Lösungen von selbst. Es gibt Menschen, die in der Lage sind, online oder sonstwie zuhause zu arbeiten. Der Schäfer, der unsere Schafe hütet, hat die Familie seines Cousins aus Sumi aufgenommen. Der Cousin Vasyl ist ebenfalls Schäfer! Am Ende der Ablammung sind helfende Hände sehr willkommen. Die Geschichten, die er über sein von den Russen besetztes Dorf erzählt, sind jedoch wieder einmal grässlich. Hemmungslos werden Zivilisten getötet.
Kontakt zu NeSTU:
Salome Stalder - Martin, Dipl Forst-Ing. ETH, Mürgstrasse 6, 6370 Stans
E-Mail: info(at)nestu.org. Natel: 078 770 23 43
Bankverbindung:
Raiffeisenbank Nidwalden, 6370 Stans
IBAN: CH69 8080 8008 0940 4940 2
BIC: RAIFCH22XXX
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Nestu · Mürggasse 6 · Stans 6370 · Switzerland

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