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Remember what I told ya
The nights in California
And I'm all about Pacific Ocean Blue
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Good evening, Europe!

Im letzten Newsletter hatte ich mich noch über den fehlenden Sommer beschwert, jetzt ist er da — rechtzeitig zur Schule, die nächste Woche beginnt, was angesichts wieder steigender Corona-Zahlen sowieso ein interessantes Thema ist. 
 



Kommen wir also schnell zu anderen Themen: Ich bin immer noch ziemlich besessen von „Hamilton“ (s. letzter Newsletter) und habe die Aufzeichnung des Musicals auf Disney+ inzwischen mehrfach geschaut, das Cast-Album (Spotify, Apple Music) und das „Hamilton Mixtape“ (Spotify, Apple Music) noch öfter gehört und mich (natürlich) in einem Sekundärquellen-Kaninchenbau verlaufen, der seinesgleichen sucht.

Ich weiß nicht genau, wann ich zuletzt so besessen von einem Stück Popkultur war (enge Freund*innen sagen: „Vor ein paar Wochen, Lukas!“), aber die Größenordnungen, die mir einfallen, sind „Star Wars Episode I“, „The Matrix“ und „Das Tontilon“.

Letzteres war ein (für Google weitgehend unbekanntes) Theaterstück mit Musik, das ich im Alter von ca. sechs Jahren einige Male in der Inszenierung des Landestheaters Burghofbühne in Dinslaken gesehen habe. „Einige Male“ im Sinne von: „Bis ich es auswendig konnte und eine Kassette aufgenommen habe, auf der ich alle Rollen spreche und singe.“

Meine Eltern schickten die Kassette an das Theater, so dass ich zur Premiere des nächsten Kindertheaterstücks eingeladen wurde (und dabei dem allerersten Auftritt von Christoph Maria Herbst in einem festen Engagement beiwohnen durfte; als „Dünner Polizist“ in „Pippi Langstrumpf“). 

Etwa ein Jahr später war ich auf der Hochzeit meiner Blockflötenlehrerin, deren Mann als Musiker am Theater arbeitete, als mich eine mir unbekannte Frau ansprach: Ob ich der Junge sei, welcher ... — sie sei gerade neu im Ensemble und die Neubesetzung der Hauptrolle (Frau Schmidtspecht) im „Tontilon“ und man habe ihr meine Kassette gegeben, um den Text auswendig zu lernen. Seitdem nannte mich niemand den „Lee Strasberg vom Niederrhein“.
 



Wegen der allgemeinen Corona-Situation (und der speziellen in Berlin) haben das Kind und ich in diesem Sommer auf unseren schon traditionellen Besuch in der Hauptstadt verzichtet (und damit auch auf die einmalige Gelegenheit, noch einmal mit der eigentlich längst abgeschafften U12 zu fahren).

Stattdessen waren wir bei meinen Eltern in Dinslaken und haben uns die Zeit mit Fußballspielen, Schwimmen und einem Besuch an meiner alten Grundschule vertrieben. An einem Tag waren wir auch im benachbarten Ausland, um so wichtige Grundnahrungsmittel wie Vla, Hagelslag und Pindakaas zu erwerben — in jenem Supermarkt, den ich schon vor elf Jahren in einem viel beachteten YouTube-Video besucht hatte.
 



Es sind ja, um eine Phrase zu vermeiden, besondere Zeiten, was einem nicht nur jeden Tag in den Nachrichten deutlich wird (mein Gehirn ist immer noch nicht in der Lage, die Bilder aus Beirut auch nur ansatzweise zu verarbeiten — bitte spendet doch, wenn Ihr es erübrigen könnt, zum Beispiel hier!), sondern auch immer wieder in den Geschichten nahestehender Menschen und im Alltag.

In unserer Nachbarschaft ist ein Friedhof und manchmal ergibt es sich, dass es zuhause still ist, während drüben die Totenglocke geläutet wird. Jedes einzelne Mal halte ich kurz inne und denke an die Menschen, die da gerade stehen und einen geliebten Menschen zu Grabe tragen müssen.

Es ist ein interessantes Memento Mori mitten im Alltag und ich bin danach zumindest für ein paar Minuten nachdenklicher und dankbarer. (Wenn ich nicht gerade mit Behörden korrespondieren muss, auch länger.)
 



Bereits vor gut einer Woche ist die dritte Folge von „Bist Du noch wach?“ erschienen, der neuen Podcastreihe von Sue Reindke und mir. Diesmal sprechen wir unter anderem über alte und aktuelle celebrity crushes, unsere bucket lists und Sprachnachrichten auf dem Handy.


Was macht der Garten? Wir hatten noch nie so viele Erdbeeren und Tomaten. Es sieht so aus, als könnten wir erstmals wenigstens einen Kohlrabi ernten, und vielleicht wird es dieses Jahr sogar mal was mit den Paprika. Die Möhren zählten jedenfalls zu den leckersten, die ich je gegessen habe.

Was hast Du gehört? Taylor Swift hat ein neues Album herausgebracht. Geschrieben und aufgenommen im Lockdown, keine 24 Stunden vorher angekündigt — und verdammt nah dran an dem, was man so „Meisterwerk“ nennt. „folklore“ (nur echt in all lowercase) entstand unter maßgeblicher Mithilfe von Aaron Dessner (The National, Big Red Machine), featuret auf einem Song Justin Vernon von Bon Iver und klingt wie eine Mischung aus Sarah McLachlan, Gordi und k.d. lang (kurzum: wie für mich gemacht). Die Texte erzählen eher Geschichten als davon, wie es ist, Taylor Swift zu sein und es ist insgesamt ein sehr, sehr gutes Album, das natürlich schon wieder jede Menge Rekorde bricht. (Dass sich kein einziger Song des Albums in den 50 meistgehörten Songs bei Spotify Deutschland findet, zahlt auf meine These ein, dass Spotify in Deutschland vor allem ein Medium für 18-jährige Deutschrap-Fans ist.)

Neben „folklore“ (Spotify, Apple Music) selbst habe ich natürlich auch einiges an Sekundärquellen konsumiert — etwa die sehr aufschlussreichen Podcast-Folgen von „Pop Culture Happy Hour“ und „Switched On Pop“.


Was hast Du gelesen? „Almost Famous“, einer meiner absoluten Lieblingsfilme, wird dieser Tage 20 Jahre alt. Bei „Vulture“ haben sie das zum Anlass genommen, ein recht ausführliches Interview mit Patrick Fugit zu führen, der damals mit 16 die eigentliche Hauptrolle gespielt hat.

Popkultur und Datenjournalismus zusammen sind für mich wie Geburtstag und Weihnachten an einem Tag. Da ist es einigermaßen nebensächlich, dass ich mir unsicher bin, was ich aus der Erhebung, welche 90er-Jahre Songs 20 Jahre später noch erkannt werden, eigentlich mitnehmen kann.

Offenbar gibt es Menschen, die sich bei Spotify als mittel-erfolgreiche Musik-Acts ausgeben, Songs in deren Namen veröffentlichen, und damit Kohle einstreichen. Eine interessante Geschichte!

Was hast Du gesehen? Ich hab ja immer noch ein Netflix-Abo und damit sich das lohnt, habe ich in den letzten Tagen drei Dokumentationen geschaut:

In „13th“ von Ava DuVernay geht es vordergründig um den 13. Zusatzartikel der US-Verfassung, der Sklaverei und Zwangsarbeit verbietet — außer für Strafgefangene. Damit geht es dann natürlich sehr viel um das US-Justizsystem (spoiler alert: kaputt), den „war on drugs“ (spoiler alert: Republikaner sind schlimm, aber Bill Clinton noch schlimmer) und um Rassismus (spoiler alert: institutionalisiert). Ich dachte, dass mich nach mehr als zehn Jahren „The Daily Show“, „A Closer Look“ und „Last Week Tonight“ und einigen Michael-Moore-Filmen nicht mehr so richtig viel an der Kaputtheit des amerikanischen Systems schockieren könnte, aber diese 100 Minuten waren verstörender und erkenntnisreicher als alles bisher dagewesene zusammen.

In „The Death and Life of Marsha P. Johnson“ geht es um den Tod und das Leben von Marsha P. Johnson, einer New Yorker Drag Queen, die als eine der Anführerinnen der Stonewall Riots in der Christopher Street im Sommer 1969 gilt. Es geht um Transfeindlichkeit, um die frühe Kommerzialisierung der Pride Parade und um die bis heute ungeklärten Todesumstände und der Film ist handwerklich so gut gemacht, als wäre es ein David-Fincher-Thriller und keine Dokumentation.

„Joan Didion: The Center Will Not Hold“ schließlich ist eine Biographie der großen amerikanischen Autorin Joan Didion. Es geht ein bisschen um großbürgerlichen Glamour und sehr viel um ernüchternde Blicke hinter Fassaden und - gerade im letzten Drittel - um schwere Schicksalsschläge. So richtig nahe kommt einem Didion selbst nicht (das geschieht eher durch die Erzählungen von Weggefährten), aber auch hier lernt man wieder einiges über die amerikanische Gesellschaft.

Was hast Du gelernt? 1. Wenn Dein Kühlschrank nicht mehr funktioniert, schau besser mal nach, ob er vielleicht an einem anderen Stromkreis hängt als der Rest der Küche und ob nicht einfach diese eine Sicherung raus ist, bevor Du beim Kundendienst anrufst.
2. Wenn Du Wespen in der Küche hast, öffne das Fenster, packe etwas Kaffeepulver auf eine feuerfeste Unterlage und zünde es an. Es riecht erst nach Kaffeerösterei, dann nach verkokelndem Plastik, aber am Ende sind alle Wespen weg.
35 Jahre nach Grönemeyer ist Bochum wieder auf der popmusikalischen Landkarte: Janou mit einem Song, der statt dieses komischen „Light My Fire“-Covers das zweite Massive-Attack-Album hätte abschließen sollen!
Schönes Wochenende & stay positive, Euer Lukas

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