Belarus: Welche Rolle für die EU?
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3 Fragen an...
Benno Zogg
Senior Researcher, Center for Security Studies (CSS) an der ETH Zürich & Co-Leiter des Programms Frieden & Sicherheit bei foraus - Forum Aussenpolitik
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1. Alexander Lukaschenko ist seit 26 Jahren an der Macht. Warum waren es genau diese Wahlen, die so starke Proteste ausgelöst haben und was kann man von diesen erwarten? Lange Zeit hatte Lukaschenko im Volk breite, wenngleich wenig enthusiastische Zustimmung gefunden – 2020 änderte dies. Die Wirtschaft hatte schon seit Jahren stagniert und die Spannungen mit Russland hatten zugenommen. Vor allem aber erzürnte Lukaschenkos nachlässiger Umgang mit der Pandemie viele Bürgerinnen und Bürger, was im grossen Zulauf für seine Konkurrentin, Swetlana Tichanowskaja, Ausdruck fand. Die absurden offiziellen Wahlergebnisse – 80 % für den Präsidenten – trieben dann Hunderttausende auf die Strasse. Der Staat reagierte mit nie dagewesener Härte und ohne Kompromissbereitschaft. Nur weiterer Druck, Streiks und Risse in der Elite könnten zu politischen Veränderung führen.
2. Inwiefern spielt die Identifikation mit europäischen Werten in den Reihen der GegnerInnen des Lukaschenko-Regimes eine Rolle – oder eben nicht? Die Gegner Lukaschenkos vereint der starke Wunsch nach fairen Neuwahlen. Gefangene sollen freigelassen und Menschenrechte geachtet werden. Sie drängen auf Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung für die belarussische Bevölkerung. Dies entspricht europäischen Werten. Die Belarussinnen und Belarussen streben aber nicht nach einem bestimmten Wertesystem oder nach Europa, sondern wollen mehrheitlich gute Beziehungen zu allen Staaten unterhalten, besonders zu Russland.
3. Was könnten die Auswirkungen dieser Krise auf die EU sein? Was erwarten Sie jetzt von ihr? Nicht zuletzt in den eigenen Reihen finden sich in der EU Länder mit einem teilweise fragwürdigen Verständnis von demokratischem Pluralismus, Menschenrechten oder Gewaltentrennung. Dass die EU gegenüber der Krise in Belarus Einigkeit zeigen kann, ist also doppelt wichtig und ein starkes Signal zugunsten dieser Werte. Die EU wird sich zudem wieder stärker mit ihrer östlichen Nachbarschaft beschäftigen und einen konstruktiven Umgang mit Russland finden müssen, falls der Kreml dazu bereit sein sollte.
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Zum Vertiefen
Europäischer Rat
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Kseniya Halubovich, ARTE, 2020
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"Bundesrätin #KarinKellerSutter @EJPD_DFJP_DFGP wirkt sehr angespannt in der #srfArena. Ihr schlechtes Gewissen, weil sie weiss, dass die #Personenfreizügigkeit der #Schweiz mehr Arbeitslosigkeit und Armut bringt...?" Thomas Aeschi, Twitter, 21.08.2020
Komplexe Themen wie Arbeitslosigkeit und Armut auschliesslich auf die Zuwanderung zurückzuführen, ist lächerlich. Der jährlich erscheinende Observatoriumsbericht zum Freizügigkeitsabkommen des SECO kann in keinem der 13 bisher erschienenen Berichten einen Druck auf die Arbeitslosigkeit festhalten. Im Gegenteil: Zuwanderung war gemäss ihnen nicht nur eine Folge sondern auch ein Auslöser von starke Beschäftigungswachstum, vor allem nach der Finanzkrise von 2008/9. Eine Studie der ETH Zürich und UC Davis zeigt ausserdem, dass sich das Lohnniveau von hoch qualifizierten Arbeitnehmenden sogar um 4.5 % erhöht hat.
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