Liebe Alltagsfreundin, lieber Alltagsfreund,
Mein Opa war Lehrer. Seine Erziehungsmethoden erwähne ich mal besser nicht. Was mich beeindruckt hat, waren seine Erzählungen vom Wandertag. Den gab es damals schon. Früh ging es los, hoch zum Teichelberg. Natürlich zu Fuß, ohne Goretex & Co, versteht sich. Abends, spät abends ging es heim, immer noch zu Fuß. Ohne Handy & Co. Ich stelle mir nur kurz vor, was Eltern von heute zu solch einem gewaltigen Fußmarsch als Wandertag sagen würden. Eltern damals waren wohl auch anders. Und mag sein, dass mein Opa in seinen Erzählungen die Wanderbegeisterung der Schüler etwas verklärt hat. Dennoch glaube ich, das gemeinsam Wandern hat Spaß gemacht. Gerade damals, als das Schulbankdrücken nicht immer zum Lachen war. Mittlerweile hat mein Opa seine letzte Wanderung angetreten.
Warum ich dir heute vom Wandern erzähle? Weil ich mit meinen Wanderschuhen gesprochen habe. Und sie waren ganz glücklich, dass sie dieses Jahr so oft gefragt waren. Hier mal schnell in den Wald, dort mal geschwind an den Familienweiher, dann noch kurz auf den Anzenstein. Ja, Frau Corona „verdanken“ wir in diesem Jahr ziemlich viel frische Luft. Ich glaube, die bayerischen Bergspitzen waren so voll wie noch nie. Wer weiß, wo du so unterwegs warst? Und mit wem, wohin und für wie lange? Manchmal kommt es mir so vor, als wäre unser Leben gerade in diesem Jahr eine große Wanderung. Nur mit dem Unterschied, dass es eine Wanderung ins Unbestimmte ist. Weiß ja keiner, was hinter der nächsten Biegung an neuen Vorgaben, Ansteckungszahlen und Lockerungen auf uns wartet. Und so werden wir wohl noch einige Zeit miteinander und mit Corona unterwegs sein. Meine Wanderschuhe haben nichts dagegen.
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