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Bericht aus Brüssel

von Constanze Krehl, MdEP | Ausgabe 10-1/2020

Constanze Krehl im Europäischen Parlament

Liebe Genossinnen und Genossen,

liebe Freundinnen und Freunde,

 
am 3. Oktober vor 30 Jahren wurde die Deutsche Einheit vollzogen. Zu diesem Zeitpunkt war ich Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Ein knappes Dreivierteljahr anstrengender Arbeit in der Volkskammer endete mit einer letzten Fraktionssitzung der Ossis, gefolgt von einer gemeinsamen gesamtdeutschen Fraktions-sitzung im Reichstagsgebäude. Und natürlich das erste gemeinsame Plenum. Abends fand im Reichstagsgebäude eine riesige Party statt und die Gegend um den Reichstag und das Brandenburger Tor war voll mit feiernden Menschen. Wir alle sahen uns als Teil einer Gesellschaft, die für Freiheit, Solidarität und Demokratie steht.

Bereits in der Volkskammer hatte unsere Fraktion gute Kontakte zum europäischen Parlament. Für uns und mich galt immer: ein geeintes Deutschland gibt es nur in einem geeinten Europa. Als ich dann im Februar 1991 als Beobachterin ins Europäische Parlament kam, war das sehr aufregend und spannend für mich. Ich wurde mit meinen Kolleginnen und Kollegen herzlich aufgenommen. Seitdem brenne ich für Europa und engagiere mich entsprechend in meinem Amt als Abgeordnete und darüber hinaus für ein gemeinsames Europa.
 
Der Strukturwandel und die Zäsur im Wirtschaftssystem begleiten die neuen Bundesländer nun also seit 30 Jahren. Besonders die Arbeit gegen den Klimawandel und die damit einhergehenden Veränderung in großen Wirtschaftssektoren, wie dem Kohleabbau oder der Automobilindustrie, stellen nun ganz Europa vor ähnliche An-passungserfordernisse.  Erfahrungswerte, wie und wo europäische Gelder in Infrastruktur und soziale Projekte investiert werden müssen, um nachhaltiges Wachstum anzukurbeln, haben wir hier in den neuen Bundesländern bereits.  

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass Sachsen wie in den letzten Jahren weiter floriert. Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell und sozial. Die Etablierung von Leipzig als Wirtschaftsstandort, von Dresden als Tourismusmagnet, von der sächsischen Schweiz als Erholungsgebiet, von der Lausitz als künftiger Innovationsmotor für nachhaltige Energiegewinnung oder auch die Bewerbung von Chemnitz als Kulturhauptstadt zeigen: Sachsen ist in Europa angekommen.


Herzliche Grüße
Eure Constanze Krehl


Ein starkes EU-Klimagesetz
 

 
Die Mehrheit der Abgeordneten im Europäische Parlament steht hinter einem ambitionierten EU-Klimagesetz. In vielen Punkten konnten wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten uns in dieser Woche mit anderen Fraktionen einigen und den Kommissionsvorschlag ausweiten. Zum Beispiel haben wir ein EU-Treibhaus-gasbudget eingebracht.

Dieses soll aufzeigen, wie viele Emissionen die EU in den kommenden Jahren noch ausstoßen darf um mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens im Einklang zu stehen. Außerdem braucht es einen unabhängigen EU-Klimarat, der die euro-päische Klimapolitik wissenschaftlich begleitet und berät.

Eine progressive Mehrheit aus Sozial-demokratinnen und Sozialdemokraten, Teilen der Liberalen, Grünen und Linken hat sich hinter einem CO2-Einsparungsziel von mindestens 60 Prozent für 2030 gegenüber den Werten von 1990 versammelt. Nur die CDU/CSU hadert mit sich. Ihren Änderungsanträgen für Schlupflöcher im Klimaziel durch alternative Berechnungsmethoden wurde eine deutliche Absage erteilt. 

Das Pariser Abkommen von 2015 sieht vor, dass die Erderwärmung in einem Korridor von 1,5 Grad und 2 Grad Erwärmung zu vorindustriellen Zeit gehalten werden muss, um massive Schäden für den Planeten und die Menschen zu vermeiden. Bei über 2 Grad Erwärmung, da ist sich die Wissenschaft einig, wären die Folgen durch Dürren, Überschwemmungen, Stürme, Waldbrände und das ansteigen des Meeresspiegel nicht mehr beherrschbar und vor Allem unumkehrbar. Die EU kann den Klimawandel natürlich nicht alleine stoppen, muss aber natürlich ihren Beitrag leisten, zumal sie historisch auch besonders viel CO2 ausgestoßen hat. Daraus ergibt sich das Ziel, dass die EU bis 2050 Klimaneutral werden muss, was auch Parteiübergreifend akzeptiert wird. 

In der jetzigen Abstimmung wurde jedoch vor allem das Zwischenziel für 2030 heiß diskutiert. Die Konservativen wollten weniger als 55% Reduktion, während die progressiven Kräfte im Parlament mehr als 60% wollten. 60% Reduktion bis 2030 ist ein sehr ambitioniertes Ziel. Allerdings sind alle Zwischenschritte unter 60% Reduktion nicht kompatibel mit dem Pariser Abkommen. Außerdem schiebt ein schwaches Zwischenziel Probleme nur weiter in die Zukunft. Nach 2030 müsste die CO2-Einsparung so rapide durchgeführt werden, dass es noch viel schwieriger für Wirtschaft und Gesellschaft würde das Gesamtziel sozial verträglich zu erreichen. Zudem ist das Ziel erreichbar, sofern ambitionierte Klimaschutzpolitik von einer aktiven Struktur,- Industrie- und Wirtschaftspolitik und einem starken Sozialstaat begleitet wird. So wird ein ambitioniertes EU-Klimagesetz zur Chance für nachhaltige Jobs und gute Arbeit.

Das Europäische Parlament hat jetzt ein klares Mandat, mit dem die sozialdemokratische Berichterstatterin Jytte Guteland aus Schweden mit der deutschen Ratspräsidentschaft in Verhandlungen treten wird. Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat als Vorsitzende des Umweltministerrats der EU ihre Absicht geäußert, noch in diesem Jahr eine Einigung zwischen Umweltrat und Europäischem Parlament zu erzielen.

Berichte aus dem Parlament


Rechtsstaatlichkeit in der EU effektiv schützen 



In dieser Woche haben wir im Plenum auch zahlreiche Themen besprochen, die sich um effektive Mechanismen zur Stärkung des Rechtsstaatlichkeitsprinzips drehen.  
Angefangen haben wir am Montag mit der Debatte über einen EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte. Die EU-Kommission stellte am 30.9. erstmals länderspezifische Berichte zur Lage von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Grundrechte in den einzelnen EU-Staaten vor. Im Plenum diskutierten wir außerdem einen weiter-gehenden Vorschlag des EU-Innen-ausschusses für einen Mechanismus, um die EU-Grundwerte wirkungsvoll durch-zusetzen. Die Kommission wird aufge-fordert, unseren Vorschlag auf zu greifen.


Auch die Rechtsstaatlichkeitskonditionalität im EU-Haushalt war Thema. Wir tauschten uns über den letzten Stand der Verhandlungen über das Instrument, die Auszahlung von EU-Geldern an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat zu binden,  aus. Die Position des Parlaments steht schon lange fest, doch die EU-Mitgliedstaaten konnten sich bisher auf keinen Standpunkt einigen, um in Verhandlungen über einen gemeinsamen Gesetzestext einzutreten.

Am konkreten Beispiel haben wir uns mit der Situation in Bulgarien beschäftigt. Regierende stehen dort unter Korruptionsverdacht, was zu andauernden Protesten der Bevölkerung in Bulgarien geführt hat. Unsere Resolution ist eine Botschaft an das bulgarische Volk und die Zivilgesellschaft: Das Europäische Parlament unterstützt ihre Forderungen nach Transparenz, Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit. Die Europäische Kommission muss entschiedener bei Verstößen gegen Rechtsstaatlichkeit in Bulgarien vorgehen. Die Resolution ist auch eine Botschaft an die Europäische Volkspartei: Sie hat die politische Verantwortung zu handeln, wenn Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte durch Mitglieder aus ihren eigenen Reihen bedroht sind. Die europäischen Konservativen sollten sich an die Seite der Bürgerinnen und Bürger stellen, anstatt aus fehlgeleiteter Parteifreundschaft eine Regierung zu stützen, die Korruption und Misswirtschaft befördert.
 

 

Mehr Frauen in Führungspositionen



Frauen machen weniger als 30% der Vorstands-mitglieder und nur 8% der CEOs der größten börsen-notierten Unternehmen in der EU aus. Diese Ungleichheit der Ge-schlechter bei wirtschaft-lichen Entscheidungen ist nicht nur unfair, sondern auch eine Verschwendung von Humanressourcen, Talenten und Innovations-potenzial.

Um dies zu ändern wurde bereits 2012 eine Richtlinie für entsprechende Quoten in Führungspositionen, insbesondere in Aufsichtsräten, von der EU-Kommission vorgeschlagen. Der Vorschlag sieht vor, dass mindestens 40% der nicht geschäftsführenden Mitglieder des unterrepräsentierten Geschlechts in börsennotierten Unternehmensvorständen vertreten sind. Doch der legislative Prozess wird seither vom Rat blockiert. 

Für uns Vertreterinnen und Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion steht jedoch fest, dass der Rat sich endlich bewegen muss. Die Richtlinie über Frauen im Vorstand ist ein offen-sichtlicher Gewinn sowohl für die Gleichstellung der Geschlechter als auch für den wirtschaftlichen Fortschritt. Die Erfahrung auf nationaler Ebene zeigt, dass eine reine Selbstregulierung unzureichend ist und dass die Gleichstellung der Geschlechter in Gremien in Ländern mit verbindlichen Quoten am höchsten ist. Unternehmen mit ausgewogeneren Geschlechtern und unterschiedlichen Führungspositionen sind transparenter und arbeiten besser, was wiederum die europäische Wirtschaft ankurbelt und auch erforderlich ist, um die aktuelle Wirtschaftskrise zu überwinden.

Deshalb fordern wir die Mitgliedstaaten - und insbesondere die derzeitige deutsche Rats-präsidentschaft unter Angela Merkel - auf, endlich Maßnahmen zu ergreifen und die Richtlinie zu verabschieden. Es ist höchste Zeit endlich das Nötigste zu liefern, um Fairness, Rentabilität, Produktivität und Solidarität mit Frauen in Europa zu gewährleisten.

Unsere Forderungen haben wir auch in einem Video zusammengefasst:
https://www.facebook.com/PES.Women/videos/338061067480822 .
 

 

Acrylamid in Babynahrung - EP fordert strengere Grenzwerte



Acrylamid ist ein Stoff, der als krebs-erregend und das Erbgut schädigend gilt. Er entsteht als Nebenprodukt beim Backen, Braten oder Frittieren von kohle-hydratreichen Lebensmitteln. Damit ist Acrylamid nicht nur in Pommes Frites, sondern auch in Keksen, Waffeln etc. enthalten. Das EU-Parlament hat diese Woche einen Vorschlag der EU-Kommission zu Grenzwerten bei Acrylamid in Baby- und Kleinkind-Nahrung abgelehnt.

Da ich für die SPD-Europaabgeordneten das Thema Lebensmittelsicherheit be-arbeite, habe ich mich bereits vor der Abstimmung klar positioniert.

In meinen Augen ist richtig, dass die Kommission rechtlich bindende Grenz-werte bei Acrylamid in Baby- und Kleinkindnahrung vorschlägt. Die Idee ist notwendig, denn alle Studien weisen darauf hin, dass Acrylamid krebserregend ist, auch die Europäische Lebensmittelbehörde sieht in dem Stoff eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit. Kinder mit ihrem niedrigen Körpergewicht und dem sich erst entwickelnden Organismus sind besonders gefährdet. Deswegen brauchen wir in der EU unbedingt bindende Grenzwerte statt der bisherigen unverbindlichen Richtwerte. Die Kommission hat also erstmals einen konkreten Plan vorgelegt, der im Prinzip die Gesundheit von Babys und Kleinkindern schützen kann.

Doch gibt es einen großen Haken: Leider will die Kommission einen sehr hohen Anteil des schädlichen Acrylamids erlauben. Die Stiftung Warentest und andere europäische Verbraucher-schutz-Organisationen haben festgestellt, dass es problemlos möglich ist, bei der Produktion von Keksen oder Waffeln für Kinder deutlich niedrigere Werte von Acrylamid zu erreichen. Daher lehnt eine Mehrheit des EU-Parlaments die Vorschläge der Kommission ab - nicht weil wir gegen rechtlich bindende Grenzwerte sind, sondern weil wir die vorgeschlagenen Werte für zu hoch halten. Gerade bei Lebensmitteln für Kleinkinder sollten die zugelassenen Werte so niedrig wie möglich sein. 

Wir fordern die Kommission also auf, auf einen ambitionierteren Vorschlag vorzulegen, der dann endlich für verbindliche und strenge Höchstgrenzen in ganz Europa sorgen würde.
 
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