Als sie aus dem Walde kamen, stand die Sonne schon ziemlich hoch. Zum Glück hatte die Alte am Morgen früh der Tochter Flucht nicht gleich bemerkt. Erst als sie die Garnwinde nicht abgewickelt fand, fragte sie, wohin die Jüngste gegangen sei. Darauf wusste niemand Antwort zu geben. Aus mancherlei Zeichen ersah sie, dass die Tochter entflohen war.
Sofort fasste sie den bösen Vorsatz, den Flüchtigen eine Strafe nachzusenden. Sie holte vom Boden herunter eine Handvoll aus neunerlei Arten gemischter Hexenkräuter, schüttete Salz, das besprochen war, dazu und band alles in ein Läppchen, dass es ein Quast wurde. Dann hauchte sie Flüche und Verwünschungen darauf und ließ nun das Hexenknäuel mit dem Winde davonziehen, während sie sang:
Wirbelwind! Verleihe Flügel!
Windesmutter! Deinen Fittig!
Treibet dieses Knäuel vorwärts!
Dass es windes schnell dahinsaust!
Dass es todverbreitend hinfährt!
Seuchenbringend weiterfliege!
Um die Mittagszeit gelangte der Königssohn mit der Kriegerschar an das Ufer eines breiten Flusses, über welchen eine schmale Brücke geschlagen war, so dass die Männer nur einzeln herüberkonnten. Der Königssohn ritt eben mitten auf der Brücke, als mit dem Winde das Hexenknäuel daher schoss und wie ein Blitz auf das Pferd traf.
Das Pferd schnaubte vor Schreck, stellte sich plötzlich hoch auf die Hinterbeine, und ehe noch jemand zu Hilfe kommen konnte, glitt die Jungfrau vom Sattel herab jählings in den Fluss. Der Königssohn wollte ihr nachspringen, aber die Krieger hinderten ihn daran und hielten ihn fest. Und menschliche Hilfe konnte dem Unglück, das einmal geschehen war, doch nicht mehr abhelfen.
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