01.12.2020

Guten Morgen

Fast hätte ich das Briefing mit einem norddeutschen «Moin!» begonnen. Aber da meine Kollegin Naomi letztens schon mit einem «Hoi» den Zorn mancher Basler*innen auf sich gezogen hat, spar ich mir das lieber. Ich will mich ja nicht gleich in meinem allerersten Briefing unbeliebt machen.

Mein Name ist Ina und meinen Kopf siehst du hier ab jetzt häufiger. Ich bin ein Bajour-Küken und lebe erst seit vier Monaten in Basel. Das merkst du dem Briefing hoffentlich nicht an. Und wenn doch, freue ich mich über jedes konstruktive Feedback. Ich gebe jedenfalls mein Bestes.

Genug Blabla zu mir, ich bin zwar neu, aber noch neuer sind die neusten News

Achtung: Wenn du zur Wahl am Sonntag nichts mehr hören willst, dann spring einfach zum winkenden Fuchs, danke. 

Die Schuldfrage
Zwei Tage nachdem in Basel die rot-grüne Mehrheit abgewählt worden ist, gehen in den Parteien die Diskussionen um den Schuldigen los. Besonders hart fällt die interne Kritik bei den Grünen aus. Dort gibt es erste Rücktrittsforderungen in Richtung der Parteiführung, wie das Regionaljournal Basel berichtet.

Der grüne Grossrat Michael Wüthrich findet die Parteileitung habe ihre Sache schlecht gemacht und sei klar mitverantwortlich für den Verlust vom Regierungsrat. «Ich kann es mir nicht erklären, wie man so blauäugig, blind ins Debakel gelaufen ist», sagt Wüthrich. Der erste Fehler sei gewesen, nicht zu erkennen, dass Elisabeth Ackermann nicht wiedergewählt wird. Der zweite seien die fehlende Strategie und der nicht vorhandene Plan B gewesen.

Parteipräsident Harald Friedl, den die Kritik betrifft, sieht es anders. Ein so schlechtes Resultat hätte man für Ackermann vor dem ersten Wahlgang nicht erwarten können. Als es keine Ersatzkandidatin bei den Grünen gab, habe man die Kandidatur der BastA! überlassen müssen.

Wüthrichs Worte fallen hart aus: «Wenn man so strategisch versagt hat, muss es einen Wechsel geben.» Und auch der grüne Grossrat Jérôme Thiriet ist der Meinung, «frisches Blut an verschiedenen Positionen» sei sicher nicht schlecht. Parteipräsident Friedl will sich für die Analyse mehr Zeit nehmen, es sei noch nicht der Zeitpunkt, um über Rücktritte zu reden.

Der zweite grosse Verlierer
Für die Basler FDP fällt das Fazit nach der Abwahl von Sicherheitsdirektor Baschi Dürr ähnlich düster aus - es ist das erste Mal, dass die Partei nicht mehr im Regierungsrat vertreten ist. «Braucht es die FDP in Basel noch?», fragt die BaZ (noch nicht online). FDP-Präsident Luca Urgese sagt Ja: «Wir sind immer noch eine Partei mit über acht Prozent Wähleranteil.» Die FDP wegzuschreiben, halte er für «deplatziert».

Wenn du mit dem abgewählten Baschi Dürr genauso viel Mitleid hast wie Bajour-Chefredaktorin Andrea Fopp, empfehle ich dir das 3-Seiten-lange Dürr-Porträt der Kollegen in der bz.
Hilf den Bettler*innen, it's cold outside
Vergangene Nacht war es minus 3 Grad kalt in Basel. Noch immer trifft man zahlreiche Roma in der Innenstadt an, die um Geld betteln. Nachts übernachten sie draussen in der Kälte. Gärn-gschee-Mitglied Jean Va möchte den Bettler*innen in Basel helfen und hat darum einen Aufruf gestartet:
Um Jean zu unterstützen haben wir von Bajour den Aufruf aufgenommen und auf unseren Kanälen geteilt. Gestern Abend um 18 Uhr stand Jean mit mehreren gepackten Koffern und Tüten mit Lebensmitteln vor dem Eingang des Hauptbahnhofs. Auch Bajour-Reporterin Adelina Gashi war dabei und hat die Aktion mitverfolgt: Acht Menschen sind Jeans Aufruf gefolgt und haben ebenfalls Säcke mit Kleidern, Decken und Schlafsäcken vorbeigebracht. Fünf Leute haben Jean beim Verteilen unterstützt. Als sie die Gruppe Roma vor dem Bahnhof ansprachen ging es ganz schnell. Innerhalb weniger Minuten war alles weg.

Heute um 18 Uhr wird Jean erneut vor dem Bahnhof Spenden entgegennehmen und an die obdachlosen Menschen verteilen. Besonders an warmen Schuhen, Decken und Schlafsäcken fehle es ihnen noch, sagt sie. Mehr dazu liest du heute Nachmittag auf Bajour.
Kommen wir zu den aktuellen Corona-News:

Bundesrat Alain Berset plant, die Corona-Massnahmen bis Weihnachten zu verschärfen, schreibt die BaZ. Zu Hause dürften sich demnach weiterhin bis zu 10 Personen treffen, neu aber nur noch aus maximal zwei verschiedenen Haushalten. In Restaurants dürften pro Tisch vier Personen sitzen, aber ebenfalls nur noch aus höchstens zwei Haushalten. Diese Regeln sollen bis einschliesslich 23. Dezember gelten, so sollen hohe Ansteckungszahlen vor und an Weihnachten vermieden werden. An den Festtagen selbst soll mit bis zu 10 Personen aus mehreren Haushalten gefeiert werden dürfen. Und auch für Silvester sieht Bersets Plan Lockerungen vor: Gastrobetriebe sollen an Neujahr bis 1 Uhr nachts öffnen dürfen.

Hart soll es die Skigebiete treffen. Im Entwurf seien zwei Varianten aufgezeichnet: Die eine sieht vor, dass täglich höchstens zwei Drittel der Anzahl Gäste des bestbesuchten Tages der vorangehenden Wintersaison einlassen dürfen, die andere begrenzt die Gästezahl auf höchstens 80 Prozent des Durchschnitts der Weihnachtsfeiertage in den letzten fünf Jahren. Entscheiden wird der Bundesrat über Bersets Vorlage voraussichtlich am Freitag.

Hier noch die aktuellen Corona-Zahlen:

Die Corona-Zahlen: Basel-Stadt meldet 56 Neuansteckungen und einen Todesfall innert 24 Stunden. Baselland meldet 84 neue Infektionen und zwei Verstorbene. Die 14-Tage-Inzidenz ist in beiden Kantonen weit über 600 Fälle pro 100'000 Einwohner*innen und damit viel zu hoch. Weniger Menschen treffen, Abstand halten, Masken tragen, bei Symptomen sofort testen lassen und die Swisscovid-App nutzen

Das Jahr 2020 hatte seine zähen Phasen, aber findest du nicht auch, dass der 1. Dezember etwas plötzlich gekommen ist? Der Weihnachtsmann scharrt quasi schon mit den Hufen. Aber nicht alle können sich über Geschenke unter dem Baum freuen.
 
Deswegen liegt mir die Wunschzettel-Aktion unserer Gärngschee-Community besonders am Herzen. So funktioniert's: Menschen, die wenig Geld haben, schicken uns ihre Wünsche. Wer einen Wunsch erfüllen möchte, meldet sich bei uns.
 
Ab heute veröffentlichen wir hier im Briefing jeden Tag Wunschzettel, die erfüllt werden wollen. Ich weiss nicht, wie es dir geht, aber ich bekomme Gänsehaut, wenn ich Briefe wie diesen hier lese:
Die tolle Nachricht ist: Einige Wünsche wurden sogar schon erfüllt. Dazu gehört auch der einer IV-Bezügerin, die sich eine Carrera-Bahn für ihr Kind gewünscht hat.
 
Du kannst dir in diesem Jahr auch keine Geschenke leisten? Dann bist du nicht allein. Fotografiere deinen Wunschzettel und schicke ihn per E-Mail mitsamt deinen Kontaktdaten an: gaerngschee@bajour.ch. Oder wirf deinen Wunschzettel einfach in den goldenen Briefkasten an der Clarastrasse 10. Vergiss in dem Fall nicht, deine Kontaktdaten hinten auf den Zettel zu schreiben.
Hier sind die Kurznews:
  • Nach der Nazifrei-Demo am Samstag gibt es mehrere Strafanzeigen wegen Sprayereien, berichtet PrimenewsNicht nur die Fronten von Bankfilialen seien beschmiert worden, auch historische Bauten wie das Geländer der Mittleren Brücke oder die Aussenwand der Clarakirche seien betroffen.
  • Mehr zum Thema: Während der Prozess-Reihe Basel-Nazifrei tauchten immer wieder Aufnahmen des Nachrichtendienstes als Beweismittel auf. Ist das legitim? Und was gehen eigentlich diesen Nachrichtendienst Demonstrant*innen an? Diese Fragen beantwortet Strafrechtsprofessor Markus Schefer im Bajour-Interview.
  • Das neue Zentrum für Psychische Gesundheit in Binningen nimmt mit rund 100 Mitarbeiter*innen seine Arbeit auf, schreibt die bz.
  • Der Wirteverband und der Hoteliers-Verein aus Basel-Stadt fordern laut gemeinsamer Medienmitteilung zusätzliche Unterstützung vom Kanton. Wegen des erneuten Lockdowns reichten die bisherigen Hilfen nicht aus. 
Der Unterhaltungstipp ist mal keine App, kein Instagram-Account und auch kein Video. Es ist ... ein Buch. Ich habe kurz gezögert, ob ich es hier empfehlen soll, denn es fällt nicht unbedingt in die Kategorie «leichte Bettlektüre». Die Autorin Christina Clemm arbeitet in Deutschland als Strafverteidigerin und als Nebenklagevertreterin von Opfern sexualisierter und rassistisch motivierter Gewalt. «AktenEinsicht» bietet einen Einblick in die bewegenden Geschichten verschiedener Frauen und ihre Kämpfe um Gerechtigkeit. Es ist kein schönes Buch, aber ein sehr wichtiges. Bestell es bei Interesse gern bei deinem Lieblings-Buchladen um die Ecke. #supportyourlocals
Ich wünsche dir einen guten Start in den Tag. Und nun freue ich mich auf das erste Türchen von meinem Adventskalender.

Herzliche Grüsse,
Ina

P.S.:  Das Nützliche zum Schluss:
Gemütliche Runden an den Adventssonntagen oder Weihnachtsfeste mit den Kollegen fallen in diesem Jahr flach. Wenn du ein richtiger Christmas-Junkie bist, kannst du dir aber auch auf andere Weise ein wenig Freude ins Haus holen. Die Plattform «In Echt» startet heute die Aktion «Bring Eins, nimm Eins». Das ist im Prinzip ein Wichteln mit Fremden: Du schenkst etwas und bekommst selbst auch ein Geschenk. Ziel ist es, dass sich die Menschen nicht nur digital begegnen in diesem Jahr, sondern auch analog - wenn auch nur über ein Präsent. Ich finds toll! Wer mitmachen möchte, kann sein Geschenk heute zwischen 14 und 19 Uhr in der Rebgasse 9 abgeben. Die Bedingungen und weitere Termine findest du hier


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Bajour Clarastrasse 10 4058 Basel Switzerland