Es verging über eine Stunde, da kam die hochzeitlich geschmückte Jungfrau in der Kutsche an die Stelle, wo der Königssohn ihrer wartete. Er war gleichfalls prächtig als Bräutigam gekleidet und setzte sich zu ihr in die Kutsche. Sie fuhren geradewegs zur Stadt und vor die Kirchentür.
Der König und die Königin saßen in Trauerkleidern in der Kirche, denn sie trauerten um ihren Sohn, den man im Flusse ertrunken glaubte, da man Pferd und Kleider am Ufer gefunden hatte. Groß war der Eltern Freude, als der für tot beweinte Sohn lebend an der Seite einer schönen Jungfrau vor sie trat, beide in Prunkgewändern. Der König führte sie selbst zum Altar, und sie wurden getraut. Dann wurde ein Hochzeitsfest veranstaltet, das in Saus und Braus sieben Wochen lang dauerte.
Nun waren sie dreiviertel Jahre verheiratet, und wieder war der Frühling eingekehrt. Eines Tages ging der Königssohn mit seiner jungen Frau im Garten spazieren. Da hörten sie, wie eine Elster vom Wipfel eines Baumes herabrief: »Oh, du Undankbarer, der in den Tagen des Glücks seine hilfreichen Freunde vergessen hat. Sollen die beiden armen Jungfrauen ihr Leben lang Goldgarn spinnen? Wisse, die lahme Alte ist nicht die Mutter der Mädchen, sondern eine Zauberhexe, welche die Jungfrauen als Kinder aus fernen Landen gestohlen hat. Der Alten Sünden sind groß, sie verdient keine Barmherzigkeit. Gekochter Schierling wäre für sie das beste Gericht, sonst würde sie deine gerettete Frau abermals mit einem Hexenknäuel verfolgen.«
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