Liebe Freund:innen,
Nun ist fast Weihnachten. Nun ist fast das Jahr schon vorbei. War es ein langes oder ein kurzes Jahr? Ich bin mir auf eine merkwürdige Art unsicher.
Im März wollte ich nach China reisen, das ging dann schon nicht mehr, aber das kommt mir vor wie in einer fern, fern zurückliegenden Zeit. Erinnerungen an Geburtstagsfeiern im Januar, nicht einmal ein Jahr ist es her, und dennoch fühlt es sich so fern an, als wäre das vor Jahrzehnten gewesen.
Andererseits geht die Zeit unglaublich schnell vorbei. Vermutlich auch deshalb, weil so wenig Abwechslung ist. Die Erinnerung an Dinge und Ereignisse hat, glaube ich, einen starken körperlichen Aspekt. Ich erinnere mich zum Beispiel, welche Kleidung ich bei welchem Event getragen habe, dass die Schuhe unbequem waren, dass ich gefroren oder geschwitzt habe. Dass es etwas Leckeres zu Essen gab, dass wir länger stehen mussten, dass meine Sitznachbarin ein angenehmes Parfum trug (oder ein schlimmes).
Diese körperlichen Einschreibungen von Vergangenem sind in letzter Zeit fast ganz ausgefallen. Ich habe zwar durchaus viel erlebt, vielen Gesprächen, Treffen, Veranstaltungen beigewohnt, aber eigentlich immer in denselben Klamotten: untenrum bequem, obenrum fein, ich schminke mich sogar inzwischen vor der Kamera, damit ich nicht immer so glänze im Gesicht. Aber es ist ein körperlich empfundener Einheitsbrei. Egal wo ich (geistig) bin und was ich tue: ich trinke immer meinen eigenen Tee, esse mein eigenes Essen, rieche den Geruch meiner eigenen Wohnung. Und wenn ich rausgehe, dann höchstens in einem Radius von wenigen Kilometern: Ins Büro, an den Main, in den Supermarkt, zum Bäcker.
Mein Zeitgefühl, so scheint mir, ist durcheinandergekommen, weil mein Körper sich nicht mehr so viel im Raum bewegt. Erlebt Ihr das auch?
Noch etwas anderes beobachte ich jedoch, und das ist ziemlich praktisch: Ich ziehe plötzlich Blusen und Pullover an, die ich sonst fast nie getragen habe. Die schon lange im Schrank hingen, sich aber im “On-the-Road”-Alltag nicht bewährt haben. Zum Beispiel besitze ich einen schönen warmen flauschigen Pulli, dessen Ausschnitt aber so groß ist, dass ich ihn fast nie trug, weil es dafür keine richtige Temperatur gibt: Es ist entweder zu kalt für den Hals oder zu warm für den Rest. Oder die Bluse, die zwar sehr schön aussieht, aber spätestens nach einer Stunde zu müffeln anfängt. Jetzt, vor dem Bildschirm kommen solche Teile endlich zum Einsatz!
Andererseits, die Idee, jeden Tag dasselbe Kleid zu tragen, so wie es meine Denkfreundin Michaela Moser seit ein paar Wochen macht, die finde ich auch ziemlich charmant.
Mit diesen Gedanken wünsche ich euch, so gut das in diesen Zeiten möglich ist, ein schönes Weihnachtsfest, ob in Jogginghose oder nicht. Und auch alles Gute für das neue Jahr. Habt ein paar schöne Rauhnächte und die richtige Balance aus Action und Ruhe,
herzliche Grüße,
Antje