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1. Ausgabe, März 2021

Thema dieser Ausgabe:

Wohnen

Spezielle Herausforderungen & Bedarfe von Careleavern

Editorial

Über die Notwendigkeit des Wohnens

Wissen Sie, dass 2019 junge Menschen in Deutschland mit knapp 24 Jahren ihr Elternhaus verlassen haben?
Das heißt auch, sie haben den Schritt in die Volljährigkeit bereits vollzogen, vielleicht schon ein FSJ absolviert oder sind fast mit Ausbildung oder Studium fertig. Vermutlich konnten sie in Krisensituationen auch zurückkehren, denn Bildungswege sind nicht immer linear und Familien fangen in der Regel auf.
Careleaver sind dagegen häufig damit konfrontiert mit 18 Jahren die Jugendhilfe verlassen zu müssen – ohne dabei auf eine unterstützende familiäre und finanzielle Ressource zurückgreifen zu können. Gleichzeitig verschärft sich der Wohnungsmarkt, vor allem in den Großstädten, für sozialbenachteiligte, junge Menschen. Auch das Thema Wohnungslosigkeit spitzt sich zu. So konstatiert SOS Kinderdorf Deutschland, dass „ca. 32.000 Jugendliche und junge Erwachsene keine feste Bleibe in Deutschland mehr haben“. Nicht wenige von ihnen sind Careleaver.

 

Alina von Careleaver Weltweit














 
Katja vom Careleaver*Kollektiv Leipzig


Die Brückensteinprojekte sind angetreten, diesem Trend entgegenzuwirken. Es werden bereits verschiedene Lösungsansätze auf struktureller und individueller Ebene erprobt wie zum Beispiel das Trainingsprojekt "Wohnführerschein" (siehe unten) zeigt.

Alex und Karim nehmen Sie außerdem mit auf ihre ganz eigene persönliche Careleaverjourney. In der neuen Ausgabe des Brückensteine Podcasts dreht sich alles um Careleaver und Wohnen. Von Careleavern für Careleaver! Mehr dazu weiter unten.

Als Brückensteine Careleaver sehen wir uns in der Verantwortung für das Thema Wohnen starke Bündnisse einzugehen, um Careleaver bei einem gelingenden Übergang in ihre Selbstständigkeit zu unterstützen. Seien Sie eingeladen, Ihr Engagement und Know-How miteinzubringen.

Guten Input und viel Freude beim Lesen wünschen Ihnen
Alina Kierek (Careleaver Weltweit) und Katja Meier (Careleaver*Kollektiv Leipzig)

Interview mit Antje Krone vom "CLZT"

Welche typischen Probleme im Zusammenhang mit dem Thema Wohnen begegnen euch immer wieder?

Antje: Häufig liegt das Problem nicht im Übergang in die eigene Wohnung selbst, sondern eher in der Gestaltung – das wird manchmal auf emotionaler Ebene zu wenig begleitet. Es ist dann eben nur ein "Vorgang", also der Auszug wird vorbereitet und es wird eine Wohnung gesucht, aber dann werden die Leute quasi in ihre Wohnungen gesetzt, die Betreuer*innen sind "weg" und es findet kein Kontakt mehr statt.

Außerdem gibt es weitere typische Probleme, zum Beispiel, dass die Erstausstattung, die über die Jugendhilfe finanziert wird, regional super unterschiedlich ist. Oder Thema Bürgschaft: die Vermieter*innen sitzen da eben am längeren Hebel und sagen:
Photo: Antje Krone, Antje Müller und Julia Zipper (v. links)
 
"Nimm die Wohnung mit der Bürgschaft, sonst nimmt sie jemand anderes mit Familienhintergrund, der sie vorlegen kann."
Wie unterstützt ihr Careleaver konkret, wenn sie sich mit Anliegen ums Thema wohnen an euch wenden?

Antje:
Das ist immer sehr individuell, wie der- oder diejenige gerade selber drauf ist und ob ich sagen kann, pass auf: hier sind die Wohnungsbaugesellschaften an dem Ort, wo du hinmöchtest, bewirb dich da schon mal, füll einen Bogen aus oder guck bei "WG gesucht", ob du was findest und ich stehe zur Verfügung, wenn du etwas brauchst. Wir sind da auch immer im Austausch mit den stationären Einrichtungen, an die ich Infos weitergebe und erwarte, dass sich auch die Betreuer*innen kümmern. Aber manchmal scheitert es daran, dass die nicht zwei Stunden lang aufwenden können, um jemanden bei der Wohnungsbaugesellschaft telefonisch zu erreichen und da sage ich dann, ich mach das einfach und rufe auch zwanzig Mal an bis dann endlich jemand rangeht.
Was müsste sich ändern, um Careleavern den Übergang in die eigene Wohnung zu erleichtern?

Antje: Ich habe festgestellt, dass das Thema Leaving Care überhaupt nicht präsent ist. Die speziellen Schwierigkeiten dieser Zielgruppe am Übergang in die eigene Wohnung, ins selbstständige Leben, sind nicht bekannt. Ich habe mit Sozialarbeiter*innen in Wohnungsbaugesellschaften gesprochen und die haben gesagt, "Care-Was? Worum geht’s da"? Die Zielgruppe ist ihnen nicht bewusst und die Thematik müsste mehr in die Öffentlichkeit gerückt werden, was ja mit der Kampagne #mehr als careleaver schon begonnen hat. Ich denke, es muss immer wieder ins Gespräch gebracht werden, damit Vermieter*innen klar wird, dass da auch Menschen kommen, die keinen familiären Rückhalt haben, dass dadurch eine Bürgschaft einfach nicht möglich ist und es deshalb Alternativen geben muss.
 
Hier geht's zum ganzen Interview

Diese Memes sind im Rahmen unseres Meme-Wettbewerbs der Kampagne
#mehr als careleaver entstanden. Viele Teilnehmende haben Memes
zu Wohnen, Erstausstattungsgeld oder Hilfebeendigung entworfen.

 
Hier geht's zu unserer Meme Gallery

Careleaver* Haus in Leipzig

Entwicklung eines Careleaver* Haus in Leipzig startet

Inspiriert vom "Bellevue di Monaco" in München und dem Careleaver* Haus der Emmi Luebeskind Stiftung in Berlin, wird in Leipzig in den nächsten 2 Jahren an der Idee eines soziokulturellen, integrativen Stadthauses für und von Careleaver*innen gearbeitet.  Gemeinsam mit u I m I s – Stadtstrategien werden das Projektteam, Careleaver*innen und Aktive aus Leipzig an einem konkreten Nutzungskonzept feilen und Machbarkeitsbedingungen eruieren. Zentrale Zielstellung dabei ist es, nicht nur Wohnraum für Careleaver*innen, sondern einen attraktiven Ort der Begegnung und des Austausches in Leipzig zu schaffen. Careleaver*innen sollen Unterstützung bei ihrem Schritt in die Selbstständigkeit erhalten, sich aber gleichzeitig in den noch zu planenden Angeboten des Hauses engagieren können.

 

Die Leipziger Volkszeitung berichtete kürzlich über die Arbeit und Wirkung vom Careleaver*Kollektiv Leipzig.

Sprechen Sie Projektleiterin Katja Meier gerne an, wenn Sie sich in diesen Prozess einbringen wollen.

Das Trainingsprojekt "Wohnführerschein"

Careleaver-Zentrum Thüringen "CLZT":
Wohnführerscheinkurse als strukturelle Hilfe für Careleaver beim Schritt in die 1. Eigene Wohnung


Im Rahmen der Workshop-Angebote des Careleaver-Zentrums Thüringen wurden Ende letzten Jahres in Kooperation mit JaKus e.V. und fachpool Berlin gGmbH neun Thüringer Fachkräfte der Jugendhilfe bzw. Jugendsozialarbeit als Wohnführerschein-Trainer*-innen qualifiziert.

Unter dem Motto "Train the Trainer" werden mit diesem Kurs pädagogische Fach- und Führungskräfte qualifiziert, Wohnführerscheinkurse für Careleaver bzw. junge Menschen in Thüringen anzubieten. Gespräche zur Vorbereitung und Durchführung eines ersten Kursangebotes laufen bereits im Kyffhäuserkreis.
 
Die zukünftigen Wohnführerscheinkurse helfen Careleavern praxisnah, ihren Schritt aus der stationären Jugendhilfe in ein erstes Mietverhältnis bzw. den eigenen Wohnraum zu erleichtern. Jede*r Teilnehmende erhält neben wertvollen Inputs und praktischen Tipps einen "Wohnführerschein". Dieser kann helfen, Mieter der ersten eigenen Wohnung zu werden und zu bleiben. Erfahrungen zeigen, dass insbesondere kommunale Wohnungsgenossenschaften dieses Zertifikat bei der Mieter-Eignungsprüfung als positiv bewerten.

Das Trainingsprojekt "Wohnführerschein" wurde von JaKuS e.V. in Berlin in Kooperation mit den Wohnungsunternehmen Degewo, allod, Marzahner Tor sowie dem Quartiers-managements Mehrower Allee entwickelt und wird an vielen Standorten in Deutschland bereits erprobt sowie umgesetzt.
Wohnführerschein Schule Jugendarbeit
Film zum "Wohnführerschein"
Mehr Infos gibt's hier

"Weil aller Anfang Wohnung ist"

Über Jugend & Wohnen der
Lawaetz-wohnen&leben gGmbH in Hamburg


Seit über 25 Jahren engagiert sich Jugend & Wohnen der Lawaetz-wohnen&leben gGmbH in Hamburg für junge Erwachsene, die sich im Übergang zwischen stationären Hilfen zur Erziehung (betreute Jugendwohnungen / Mutter-Vater-Kind-Einrichtungen) und dem Einzug in eine eigene Wohnung befinden. Sie arbeitet im Auftrag der Hamburger Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (BAGSFI). Jede einzelne Wohnung, die das Team von Jugend & Wohnen vermittelt, bedeutet für einen jungen Menschen oder eine kleine Familie den Start in ein eigenes Leben. Den Beginn einer planbaren Zukunft. Die Chance, in der Schule, bei der Ausbildung oder bei der Arbeit am Ball zu bleiben und die eigenen Lebensziele zu entwickeln und umzusetzen.

 
Unter dem Motto "Weil aller Anfang Wohnung ist" berät und begleitet das Team von Jugend & Wohnen Careleaver, deren Auszug in eine eigene Wohnung geplant ist gemeinsam mit dem jeweiligen Jugendhilfeträger. Die Stärkung der Eigeninitiative der Wohnungssuchenden sowie die Finanzierbarkeit einer Wohnung sind dabei Beratungsschwerpunkte. Bei konkreten Wohnungsangeboten kann Vermieter*innen eine*n passende*n Interessent*in vorschlagen werden.
Nach Mietvertragsabschluss begleitet die Jugend & Wohnen die Wohnungsübergabe und führt eine obligatorische Mietberatung durch und auch während des Mietverhältnisses werden Careleaver weiterhin individuell beraten. Das etablierte Projekt hat Vorzeigecharakter und kann als Startpunkt für vergleichbare Angebote in anderen Städten stehen.
Mehr Informationen gibt's hier
Der Brückensteine Podcast

Auch Careleaver und Brückensteine Podcaster Karim hat bei seinem Umzug in die erste eigene Wohnung Unterstützung von der Lawaetz-wohnen&leben gGmbH bekommen. Er lebt und studiert in Hamburg. In der neuesten Podcast-Folge sprechen er und Alex, der in Berlin wohnt und arbeitet, über ihre Erfahrungen zum Thema Wohnen: es geht um teuren Wohnungsmarkt, Bürgschaften, Kautionen, den Umzug selbst, Finanzierung von Möbeln und vieles mehr. Ihre Schilderungen verdeutlichen, was für ein enormer Kraftakt der Auszug aus der stationären Jugendhilfe für Careleaver sein kann.

 
Hier geht's zur Brückensteine Podcast Folge 4

Neues von den Brückensteinen

Kampagne #mehr als careleaver
Die Kampagne
#mehr als careleaver ist Ende Februar ausgelaufen. Wir haben über 100.000 Instagram-User*innen erreicht und konnten so mehr Aufmerksamkeit auf die Thematik Leaving Care und auf die Vielfalt der Community lenken. An unseren Formaten haben Careleaver aus unterschiedlichen Ländern und mit vielseitigen Botschaften teilgenommen. Wir möchten uns bei allen Mitwirkenden bedanken und freuen uns über das positive Feedback.

Das Zitat (rechts) stammt von einer Careleaverin, die in einer eindrucksvollen "Traumreise" von ihrem Hürdenlauf durchs Bildungssystem berichtet.
 

 
"Zeig, was Du kannst!" Leipzig
Ein Online-Workshop für die Teilnehmenden von Zeig, was du kannst! aus Leipzig widmete sich im Februar dem Thema Fake News. In Kooperation mit der Aktion Zivilicourage wurde den Teilnehmenden aufgezeigt, wie sie falsche Informationen im Internet erkennen und darauf reagieren können. Die Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren haben außerdem diskutiert, welche Rolle soziale Medien bei der öffentlichen Meinungsbildung spielen und gemeinsam in der Runde Begriffe wie Filterblase, Social Bots und Algorithmus besprochen.
Careleaver-Zentrum Dresden
Das "House of Dreams" mit neuen Angeboten im Lockdown: Unser Programm wurde den  Pandemie-bedingten Bedarfen der Careleaver angepasst. Montags findet das "HoD-working" statt – wir unterstützen bei allen Schul- und Ausbildungsaufgaben. Jeden Dienstag und Freitag finden digitale Spieleabende statt. Mittwoch wird es mit Careleaverin Jessy sportlich. Donnerstags findet weiterhin die offene Beratung statt. Außerdem können alle Careleaver im HoD weiterhin ausdrucken und einscannen, die PCs stehen zur Verfügung. Wenn jemand reden, nicht alleine raus möchte, bieten wir einen gemeinsamen Spaziergang an. Aktuell stellen wir jeden Tag einen Schritt des 100-Schritte-Kalenders bei Facebook vor. 
Facebook: @careleaverzentrumdresden 
Instagram: @houseofdreams_dresden

 
Übergangs­coaching für Careleaver im Kyffhäuser­kreis
Trotz Lockdown: Wir bleiben in Kontakt und stehen unseren Careleavern telefonisch, digital oder via Mail, wenn nötig und möglich aber auch persönlich zur Seite. Zusammen mit dem CLZT organisieren wir regelmäßige Online-Events für Thüringer Careleaver und hoffen, dass im Sommer unsere erste gemeinsame Seminarreihe an den Start gehen kann – die Planungen laufen derzeit auf Hochtouren! Ebenfalls Anfang des Jahres ist auch der Startschuss für die Befragung der Careleaver im Rahmen unserer Projektevaluation gefallen. Diese dauert noch bis zum Frühjahr an und soll im nächsten Schritt von Interviews mit Fachkräften flankiert werden. Wir sind gespannt auf die ersten Ergebnisse.
Ihr findet uns jetzt auch auf Instagram, schaut gern  vorbei: @careleaver_kyf
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Die Initiative Brückensteine Careleaver wird von Social Impact gGmbH koordiniert.

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