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NEWSLETTER DER ABTEI KLOSTER ENGELTHAL
März 2021

Sehr geehrte Empfänger dieses Newsletters,
liebe Freundinnen und Freunde von Kloster Engelthal,
 
Nun ist schon das Ende der Fastenzeit gekommen, wir stehen unmittelbar vor dem Palmsonntag. Und wieder ist der Lockdown verlängert worden. Wieder mussten wir in den zurückliegenden Tagen allen angemeldeten Ostergästen absagen. Auch von den im April geplanten Kursen sind bereits die meisten storniert worden. Niemand kann derzeit voraussagen, wann unser Gästehaus wieder öffnen darf. Es fällt schwer, Menschen, die sich danach sehnen, endlich nach Engelthal kommen zu können, immer von neuem enttäuschen zu müssen.

Als ich darüber nachdachte, welches Bild in dieser Situation für unseren Newsletter passen könnte, fiel mir eine Postkarte ein, die mir meine Freundin zu Weihnachten 1998 schickte: Sie zeigt das Innere des Hügelgrabes Newgrange in der Nähe von Dublin, errichtet in der Jungsteinzeit etwa 3100 v. Chr. Für meine Freundin war es ein Weihnachtsbild, denn die Megalithanlage ist so gebaut, dass genau zur Wintersonnwende das Sonnenlicht durch einen schmalen Spalt fällt und für kurze Zeit das Innere der Grabanlage erleuchtet.

Für mich ist es heute das Osterbild: In das Dunkel der Grabeshöhle fällt von außen Licht durch den Spalt, durch den Riss. Der Spalt ist das Einfallstor des Lichtes, der Riss erst lässt erfahren, dass draußen Licht und Leben auf alle warten, die sich von dieser Verheißung ermutigen und verlocken lassen. Ohne diesen Spalt, ohne diesen Riss wäre die Dunkelheit absolut und total. Aber es gibt diesen Riss!
So hat es schon Leonhard Cohen in seinem berühmten Song "Anthem" beschrieben: „There is a crack in everything“ - „Da ist ein Riss, ein Riss in allem. Das ist der Spalt, durch den das Licht einfällt.“ Und Cohen zitiert all die dunklen sich ständig wiederholenden Unheilserfahrungen unserer Welt: Krieg und Gewalt, Betrug und Verrat, Gesetzlosigkeit und Heuchelei. Doch er betont zugleich: „Da ist ein Riss in allem, der Spalt, durch den das Licht einfällt.“ Und verspricht: „Jedes liebende Herz wird herbeieilen, wenn auch wie ein Flüchtling.“
 
Zum zweiten Mal werden wir die Feier der Heiligen Woche unter Corona-Bedingungen erleben. Niemand hätte das vor einem Jahr gedacht. Nie dagewesene Erschütterungen mit hohen Austrittszahlen führen uns fast täglich die dunkle Seite der Kirche vor Augen. Die weltweiten Kriege scheinen nicht ab-, sondern zuzunehmen. Das Elend der Millionen Flüchtlinge unterwegs und in den Lagern ist unbeschreiblich. Die Corona-Pandemie mit den existenziell bedrohlichen Folgen für so viele Menschen will nicht enden und unsere Gesellschaft ist gespaltener denn je. Es gibt viele Begründungen dafür, warum wir in einer dunklen Zeit, einer „Grabhöhlenzeit“ leben.
Doch vermutlich würde Leonhard Cohen auch heute singen: “There is a crack in everything.” Und er hätte recht.

Denn wenn wir jetzt mit dem Palmsonntag in die Heilige Woche eintreten, dann trauen wir dem Riss, der immer auch da ist und um den wir Christen glaubend-ahnend wissen. Dann wagen wir mit Jesus den Weg seiner Passion zu gehen, durch das Dunkel des Todes und die unfassbaren Dunkelheiten unserer Zeit hindurch, bis tief hinunter und hinein ins Grab. Dann schreien wir mit ihm und verstummen mit ihm.
Und dann hoffen wir mit ihm und glauben an das Licht, das von außen kommend den Riss in allem ertastet, das durch den Spalt in das Grab hinein leuchtet und ins Leben herausruft. Es lässt uns die Perspektive wechseln, dem Sog der Dunkelheit widerstehen und in eine neue Richtung schauen. Es gibt Besseres, es gibt das Licht, es gibt den auferstandenen Christus. Mit ihm brauchen wir das Dunkle nicht abzuwehren oder gar abzuspalten, mit ihm dürfen wir dem Gott des Lebens vertrauen.
Der erste Spiritual Engelthals, P. Ildefons Reinhard OSB, wurde nie müde zu betonen, dass "Wunden das Einfallstor der Gnade" sind. "There is a crack in everything." Das ist das Geheimnis von Ostern. Halleluja!

Einen gesegneten und hoffnungsvollen Weg durch die kommenden Tage wünsche ich Ihnen, Tage im Mitgehen des Passionsweges Jesu, Tage, die dazu ermutigen, den Riss in allem zu entdecken, durch den das österliche Licht scheint und sich ausbreiten wird.

Wir Schwestern freuen uns auf die Feier der Kar- und Ostertage und wissen uns Ihnen darin ganz besonders verbunden. Und wir freuen uns auf die Begegnungen mit Ihnen, die im Sommer sicher wieder möglich sein werden.

Herzliche Grüße im Namen aller Engelthaler Schwestern

Ihre
Sr. Maria Magdalena Hörter

 
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