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Newsletter von MdHB Olga Fritzsche - Mai 2021                                    View this email in your browser

OLGA
FRITZSCHE


Liebe Leser, liebe Leserinnen,

die Wochen seit dem letzten Newsletter vergingen wie im Flug. Ein prägender Bestandteil waren die Vorbereitungen auf die Haushaltsberatungen. Ein mindestens 1 Meter hoher Stapel von Einzelhaushaltsbüchern wurde gewälzt. Inzwischen sind die Finanzpläne der einzelnen Behörden bereits in allen Fachausschüssen und im Haushaltsausschuss mindestens einmal beraten worden. Unsere Fraktion hat ihre Positionen zum Hamburger Haushalt 2021 und 2022 entwickelt und die letzten Schönheitsreparaturen für die einzubringenden Anträge laufen.

Unsere Online-Veranstaltung zum Sozialhaushalt vom 20. Mai in der wir unsere Anträge vorstellen können Sie hier nachhören.

Im Newsletter finden Sie verschiedene Texte zur aktuellen Einschätzung des Hamburger Arbeitsmarktes, sowie zur Vorstellung unserer parlamentarischen Initiativen im Bereich Arbeitsmarkt und Wirtschaft.

Ich wünsche Ihnen viel Freude und Informationsgewinn bei der Lektüre.

Herzliche Grüße

Olga Fritzsche

Rede zur vierzigsten Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung
(Bürgerschaftsitzung 19.05)
Inhalt:

Der Arbeitsmarkt in Hamburg Ende März 2021

Im März 2021 wurden offiziell 86.117 Arbeitslose in Hamburg registriert (entspricht einer Quote von 8,0%); das sind noch einmal etwas über 3.500 mehr als zum Jahresende 2020. Diese Steigerung ist beispielsweise höher als die Schwankungen zwischen den einzelnen Monaten des 1. Quartals 2021. Mehr noch bleibt es bei einer enormen Steigerung der Arbeitslosigkeit von 29,4% gegenüber den Märzzahlen im vergangenen Jahr. Diese Entwicklung spiegelt sich im sog. Rechtskreis Sozialgesetzbuch (SGB) III im Vergleich zu den Vorjahren stärker ab, was bedeutet, dass die Zunahme der Arbeitslosigkeit überwiegend aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung kommt. Allerdings werden sich mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit die Zahlen zum Rechtskreis SGB II verschieben, nämlich wenn der individuell erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld I ‚aufgebraucht‘ ist und der Übergang ins Arbeitslosengeld II erfolgt.

Zu den nackten Arbeitslosenzahlen müssen noch die Zahlen der Arbeitssuchenden sowie der Unterbeschäftigung hinzugezogen werden, erst dann ergibt sich ein umfassendes Bild: Insgesamt haben sich 35.711 Beschäftigte (pflichtgemäß) arbeitssuchend gemeldet, d.h. deren Beschäftigungsverhältnisse enden innerhalb der nächsten 3 Monate. Erfahrungsgemäß ist damit zu rechnen, dass eine signifikante Anzahl dieser, wenn auch vielleicht nicht auf Dauer, in der Arbeitslosigkeit `landet´. Zur Unterbeschäftigung, die die Arbeitslosigkeit besser abbildet (dazu werden z.B. Teilnehmer:innen in Qualifizierungsmaßnahmen gezählt), wurden im März 2021 über 110.000 gezählt, das entspricht einer Quote von 10,1 %.

Es ist durchaus von einer weiteren Steigerung der Arbeitslosigkeit auszugehen, denn eine bestimmte Personengruppen ist von der dramatisch negativen Entwicklung besonders betroffen: Die Langzeitarbeitslosen. Deren Anzahl ist mit aktuell 27.611 um 65,8 % gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Vergleicht man die Zahlen vom Dezember 2020 mit 48,8 % Steigerung und August 2020 mit 26,9 % Steigerung, mit den jeweiligen Vorjahresmonaten, wird deutlich, wie sich innerhalb der in den letzten Monaten etwa gleich hohen Arbeitslosigkeit die Langzeitarbeitslosigkeit aufbaut – ein direkter Ausdruck der mittlerweile über ein Jahr andauernden Krise. Entsprechend ist auch die Zahl der Arbeitslosen ohne abgeschlossene Berufsausbildung auf 56,4 % gestiegen. Dieser Effekt ist in jeder Krise am Arbeitsmarkt zu beobachten, da leider gilt ‚Je geringer die Qualifikation, desto höher das Risiko, arbeitslos zu werden‘. Die aktuelle Krise trifft den Arbeitsmarkt allerdings so gravierend und anhaltend, dass gerade auch qualifizierte Beschäftigte arbeitslos werden und dies vielfach direkt aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung heraus. Das belegen die gestiegenen Arbeitslosenzahlen im sog. Rechtskreis SGB III.

Daran ändert auch die immer noch vorhandene Dynamik am Arbeitsmarkt, die sich statistisch aus den Zugängen in und Abgängen aus Arbeitslosigkeit ablesen lässt, nichts – auch diese Zahlen sind geringer als in Vorkrisenzeiten.

Eine weitere stark betroffene Gruppe sind weiterhin die 15- bis 25-Jährigen. Hier spielt sicher die hohe Anzahl befristeter Beschäftigungsverhältnisse bei vielleicht erstmaliger Beschäftigung eine Rolle, allerdings hat sich die Situation noch jenseits der Arbeitslosenzahlen verschärft, da die Zahl der Ausbildungsplätze und damit abgeschlossener Ausbildungsverträge deutlich gesunken ist und weiter sinkt.

Mittlerweile sind die September-Zahlen für das ausgezahlte Kurzarbeitergeld (KUG) veröffentlicht worden, ergänzt um Agentur-interne Hochrechnungen bis Dezember 2020. Dabei ist die Zahl der Beschäftigten, für die KUG ausgezahlt wurde, erheblich aussagekräftiger als die Zahl der angemeldeten Kurzarbeiter:innen. Deshalb liegen die bestätigten Zahlen der abgerechneten Kurzarbeit immer erst mit ca. 5 Monaten Verzögerung vor.

Im September 2020 wurden für etwas über 90.000 Beschäftigte in 8.514 Betrieben Kurzarbeitergeld ausgezahlt – allein in Hamburg! Das sind 9 % aller in Hamburg sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Damit ist die Anzahl der Bezieher:innen von Kurzarbeitergeld zwar deutlich geringer als noch im April 2020 mit knapp über 200.000, allerdings steigt diese Zahl laut Hochrechnungen der Agentur für Arbeit Hamburg zum Jahresende 2020 wieder auf über 100.000. Außerdem ist die Zahl der angemeldeten Kurzarbeiter:innen in den ersten drei Monaten 2021 wieder spürbar gestiegen – was angesichts des andauernden Lockdowns nicht überrascht.

Mit den Arbeitsmarktdaten der Agentur für Hamburg für März 2021 sind erstmals auch ergänzende Daten zur Kurzarbeit in Hamburg veröffentlicht worden:

Durch den zweiten Lockdown ist auch die Zahl der angemeldeten Kurzarbeiter:innen im Januar erneut angestiegen. Die geschlechtsspezifische Aufgliederung der Bezieher:innen von Kurzarbeitergeld spiegelt mit Schwankungen die allgemeine Verteilung auf dem Arbeitsmarkt wider. Zudem sind rein numerisch alle Betriebsgrößen in ähnlicher Anzahl bei der genehmigten Kurzarbeit vertreten. Auch die Statistik über den Arbeitsausfall weist eine breite Verteilung auf: glücklicherweise nur knapp 10% mit 75- 100 % Arbeitsausfall, aber auch knapp 20 % mit 50-75% und über 39% der Kurzarbeiter:innen mit einem Arbeitsausfall von 25-50%. Damit wird auch die soziale Dimension deutlich: Wenn es keine betrieblich vereinbarten Aufstockungen des Kurzarbeitergeldes gibt, sind deutliche bis massive Einkommenseinschränkungen in den betroffenen Haushalten sehr spürbar – und das voraussichtlich in nicht wenigen über Monate verstetigt.

Fazit: Die sich bereits in 2019 abzeichnende Wirtschaftskrise, drastisch verschärft durch die Corona-Pandemie, zeigt am Hamburger Arbeitsmarkt tiefe Spuren. Eine wirkliche Entspannung – trotz einiger leicht verbesserter Anzeichen und gesunkener Kurzarbeitergeldbezieher:innen – ist bei weitem nicht in Sicht. Die Krise hält an und baut neue Problemlagen auf (siehe die Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit). Selbst bei einer relativ raschen ‚Erholung‘ des Arbeitsmarktes in 2021, die aktuell überhaupt nicht absehbar ist, werden Folgen dieser Krise den Arbeitsmarkt noch auf Jahre belasten – die gravierenden sozialen Folgen wirken fort.

Die Entwicklung ist schwierig vorherzusehen: Die Krise dauert an, die sozialen Belastungen und Verwerfungen verdichten sich. Insofern sind Prognosen weiterhin schwierig. Wahrscheinlich wird die Anzahl der Kurzarbeiter:innen im Verlauf des Jahres sinken – wie stark ist offen. Dabei muss damit gerechnet werden, dass nicht alle Arbeitsplätze nach dem Ende der Kurzarbeit bestehen bleiben werden. Auch wird diese Entwicklung je nach Branche recht unterschiedlich verlaufen. Ob und wann ein Vorkrisenniveau am Horizont erscheinen könnte, ist völlig offen.

Die Januarüberraschung – ein Hamburger Arbeitsmarktprogramm zur Bewältigung der Folgen der Covid-19-Pandemie

Anfang Januar überraschte der Hamburger Senat mit einem eigenen, zusätzlichen Hamburger Arbeitsmarktprogramm. Überraschend insofern, dass es keinerlei Diskussionen oder Signale vorher gab, überraschend aber auch, da der Hamburger Senat zwar seit mehreren Jahren ein Arbeitsmarktprogramm fortschreibt, in diesem aber überwiegend die Arbeitsmarktmaßnahmen auflistet, die extern oder über Drittmittel finanziert werden – und damit zu verdecken versuchen, dass sich Hamburg von einer eigenen, selbst finanzierten Arbeitsmarktpolitik lange verabschiedet hat. Das war bei den Senaten vor Ole von Beust mal ganz anders.

Sieht man sich die Bürgerschaftsdrucksache zum Arbeitsmarktprogramm vom 5.1.2021 an (vgl. link oben), dann ist an der Beschreibung der Ausgangslage und der durch die Wirtschaftskrise verursachten Probleme wenig auszusetzen; das wird treffend beschrieben. Lediglich die ‚zusammenaddierten‘ 24 Mio. Eigenmittel für den Arbeitsmarkt sind ärgerlich, handelt es sich doch um Kofinanzierung (bei EU-Mitteln) und Beratungsangebote, die parallel zu Hartz IV sowieso von der Stadt übernommen werden müssen.

Schaut man aber genauer auf die angestrebten Ziele, dann wird der Text der Bürgerschaftsdrucksache schon nebulöser: eine stattliche Anzahl von sinnvollen Teilzielen steht nebeneinander – Schwerpunkte sind nicht zu erkennen. Auch die Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Linken / Olga Fritzsche vom 26.2.2021 lüftet den Nebel nur zum Teil: Zuschüsse für Teilnehmer:innen an Qualifizierungsmaßnahmen sind absolut sinnvoll und positiv zu bewerten, ebenso die Qualifizierung für Soloselbstständige, eine genauere Aufteilung der Mittel mit einer groben Quantifizierung sucht man vergebens. Insofern bleibt offen, ob mit den einzelnen positiven Schritten (und vielen bekannten Teilzielen) wirklich neue Impulse in die aktive Arbeitsmarktpolitik in Hamburg kommen. Das muss genau beobachtet werden. Auch warum dieses Arbeitsmarktprogramm mit jeweils 10 Mio. Euro für die Jahre 2021 und 2020 befristet worden ist, bleibt bislang ein Geheimnis des Senats.

Ansichten und Aussichten: Arbeitsmarkt, Ökonomie und Gesellschaft nach der Pandemie. Mitschnitt der Online-Veranstaltung am 28.04. mit Olga Fritzsche (arbeitsmarktpolitische Sprecherin Fraktion DIE LINKE Hamburg), Dr. Tanja Buch (Soziologin, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung - (IAB), Publikationen zu den Auswirkungen der Corona-Krise und Folgen des digitalen Wandels) und Prof. Dr. Ralf Ptak (Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Köln und Mitglied der Memorandumgruppe für alternative Wirtschaftspolitik).

Parlamentarische Initiativen zur Arbeitsmarktpolitik und Hartz IV

Die anhaltende COVID-19-Pandemie betrifft uns nach wie vor und auch arbeitsmarktpolitisch müssen Veränderungen vorgenommen werden, um aktuellen Bedürfnissen gerecht zu werden. Vor diesem Hintergrund haben wir zwei schriftliche kleine Anfragen, sowie einen Antrag eingebracht:

Eine medizinische Maske beim Einkaufen, in Bus- und Bahn etc. ist eine in der aktuellen COVID-19-Pandemie notwendige Maßnahme. Alle müssen eine tragen, doch bedeutet dieser zusätzliche Kostenfaktor für manchen Menschen eine erheblich größere Belastung als für andere. Während das Sozialgericht Karlsruhr ein Urteil erlassen hat dem zu Folge ALG-II-Empfänger/-innen wöchentlich 20 FFP2-Masken als Sachleistung oder als Geldleistung zur Verfügung gestellt bekommen, hält der Senat in Hamburg eine einmalige Geldleistung von 20,00 Euro für Erwachsene, die existenzsichernde Leistungen erhalten, für die Monate Februar und März, für ausreichend (siehe "Was bedeutet das Karlsruher Urteil zu den FFP2-Masken für Hamburg?"). Die Betonung liegt hier auf einmalig. Der März ist seit längerem bereits vorbei, aber die Pandemie besteht weiter und auch der Bund- Länder-Beschluss vom 19. Januar 2021 zum Tragen einer medizinischen Maske wurde auch verlängert. Eine Planung zu einer weiteren Finanzierung scheint der Senat nicht zu haben, das halten wir für inakzeptabel und haken weiter nach.

Eine weitere Anfrage haben wir bezüglich des Vorabhaushaltsplan (Drs. 22/2732) gestellt. Demnach werden immerhin zusätzliche 10 Millionen Landesmittel für ein Arbeitsmarktprogramm zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie aufgelegt. In der Drucksache werden zwar fünf Schwerpunkte genannt, wie der Senat es allerdings konkret schaffen möchte mithilfe dieser das Ziel der Vermeidung von dauerhafter Arbeitslosigkeit zu erreichen, bleicht auch nach unserer Anfrage („Was beinhaltet das Arbeitsmarktprogramm des Senats genauer?“) unbeantwortet und unklar.

Außerdem verkomplizieren pandemiebedingte Schließung vieler Jobcenter für den Publikumsverkehr die Situation von Leistungsempfänger/-innen und Neuantragsteller/-innen, während gleichzeitig die Bedeutung einer guten Beratung aufgrund der fortgesetzten Einschränkungen des Arbeits- und Wirtschaftslebens wächst. Wegen dieses, schon vorher da gewesenen und durch die Pandemie verschärften, Ungleichgewichts haben wir folgenden Antrag eingereicht: „In Zeiten der Pandemie endlich die dringend benötigten unabhängigen Ombudsstellen für Erwerbslose im SGB-II-Bezug einrichten“. Dieser wurde am 24.03.2021 auf Antrag der SPD, GRÜNEN und LINKEN an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überwiesen. Allerdings wurde er auf Bitten der LINKEN am 09.04.2021 auf voraussichtlich den nächsten Zusammenschluss am 10.06.2021 vertagt. In der Überlegung ist vorher eine Expert:innenanhörung einzuberufen, um die Forderungen bestmöglich abzustimmen und anschließend durchzusetzen.


Wer in Hamburg einen neuen Personalausweis beantragen will, sieht sich immer wieder mit nicht zu vernachlässigenden Kosten konfrontiert - Kosten, die auch Menschen im SGBII-Bezug nicht erstattet werden. Wir haben den Senat zu der, unseres Erachtens, notwendige Möglichkeit einer "Befreiung von den Gebühren für einen neuen Personalausweis für Grundsicherungs- und ALG-II-Empfänger/-innen" befragt. Da es tatsächlich eine entsprechende Gebührenverordnung gibt, welche vorsieht, dass die Gebühr für den Personalausweis ermäßigt werden soll oder ganz von ihr abgesehen wird, wenn die Person „bedürftig“ ist (vgl. § 1 Absatz 6 PAuswGebV), wollten wir vom Senat konkret erfahren, wann eine solche „Bedürftigkeit“ vorliegt und unter welchen Voraussetzungen die Gebühren reduziert oder von ihnen abgesehen wird. Der Antwort ist eine unzureichende Definition von „Bedürftigkeit“ in Kombination mit einem Verweis auf einen riesigen Ermessungsspielraum von Seiten der der Sachbearbeiterin bzw. des Sachbearbeiters der Personalausweisbehörde zu entnehmen. Wir aber wollen konkrete Beispiele zur Ausübung des Ermessens kennen, um Handlungshilfen für Betroffene aufzuarbeiten.

Die Antworten des Senats auf unsere Anfragen sind konsequent unzureichend, was uns allerdings nicht davon abhält weitere Nachfragen zu stellen und dranzubleiben.

"Für die einen regnet es Gold, anderen schnürt es die Kehle zu" (Bürgerschaftsitzung 25.2)
 

Ökonomische Auswirkungen der Krise bekämpfen

Mittlerweile sind wir bereits im vierten Monat des Jahres 2021 und noch immer scheint ein Ende des Lockdowns in weiter Ferne. Neben gesellschaftlichen Auswirkungen in Form von „Social Distancing“, der Reduzierung privater Kontakte und somit weitaus eingeschränkter sozialer Interaktionen, beeinflusst die Situation insbesondere auch die wirtschaftliche Sphäre unserer Gesellschaft: Etwa 102.000 Hamburgerinnen und Hamburger sind in Kurzarbeit, die Arbeitslosenquote ist auf 8,0% gestiegen, die Zahl der Erwerbstätigen ist wieder einmal gefallen und das Hamburger Bruttoinlandsprodukt ist 2020 im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich um etwa 5,8 Prozentpunkte gesunken. Die Gesamtsituation ist düster. So düster, dass mittlerweile selbst die Propheten freier Märkte und vermeintlicher Marktreinigungsprozesse zumindest ansatzweise verstanden haben, dass aktiv in die Wirtschaft eingegriffen werden muss. Doch, dass einer Erkenntnis nicht unbedingt kluge Taten folgen müssen, zeigt sich unter anderem im Hinblick auf unterschiedlichste Wirtschaftshilfen vom Bund, aber auch vom Senat: Ganz durchdacht scheinen die meisten nämlich nicht zu sein. So wurden mit dem „Hamburg Kredit Liquidität“ (HKL) kleinen Unternehmen, Selbstständigen und gemeinnützigen Organisationen Darlehen mit einem Gesamtvolumen von 300 Millionen zur Verfügung gestellt. Problem hierbei ist nur, dass es natürlich nicht allzu sinnig scheint, „kleineren“ Wirtschaftsakteuren Hilfen in Form von Darlehen zu gewähren, weil eine Inanspruchnahme von Darlehen für die Hilfesuchenden mit steigender Verschuldung einhergeht. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass deutlich weniger als 5% des Gesamtvolumens beantragt wurden. Aus diesem Grund haben wir als Fraktion beantragt, die 300 Millionen Euro der HKL-Mittel umzuwidmen und als nicht-rückzahlbare Liquiditätshilfen zu gewährleisten (Drs. 22/3222) – der Antrag wurde abgelehnt.

Auch scheint der Senat, neben der falschen Konzipierung der Wirtschaftshilfen, noch weitere Aspekte nicht wirklich zu durchdenken: Zum Beispiel die Informationsflut, der sich potentielle Antragssteller:innen ausgesetzt sehen. Ein Wirrwarr an verschiedensten Hilfen mit unterschiedlichen Anforderungen, Zielgruppen und Hilfsformen (da hilft auch keine Einstündige Fragerunde mit Finanzsenator Dressel). Hinzu kommt mangelnde Planungssicherheit innerhalb der ökonomischen Basis, durch jeweils abwechselnde Lockerungen und Verschärfungen, wechselnder Hygienemaßnahmen, etc., so dass noch immer keine zufriedenstellende Perspektive für die Zeit nach dem Lockdown vorhanden ist. Wir sind der Ansicht, dass die Informationsflut, aber auch die fehlende Planungssicherheit, mit zentralen Beratungs- und Antragsstellen bewältigt werden könnte, die zum einen Informationen bündeln und Antragssteller:innen mit Rat und Tat zur Seite stehen, zum anderen aber auch konkrete Öffnungskonzepte mit den jeweiligen Wirtschaftssubjekten ausarbeiten und zur gegebenen Zeit umsetzen. Diesen Vorschlag haben wir auch in die Bürgerschaft mit einem Antrag eingebracht (Drs. 22/3530). Ergebnis: Antrag abgelehnt. Es lassen sich noch unzählige weitere Beispiele nennen: Eine erweiterte Transparenz- und Korruptionspräventionsstrategie öffentlicher Unternehmen (Drs. 22/3203), Mindesstkurzarbeiter:innengeld und 150€ zusätzlich für sozial Benachteiligte (Drs. 22/3226) – natürlich abgelehnt.

Wir reden uns jedes Mal den Mund fusselig und tun alles dafür, dass die Lasten der Krise gerecht verteilt werden; dass grade Beschäftigte, Soloselbstständige, kleine- und mittlere Unternehmen entlastet werden und dass stattdessen die Superreichen, die mehr als genug haben, die Lasten dieser Krise zahlen müssen. Und jedes Mal scheinen wir gegen eine Wand zu Reden. Konservative, Liberale, aber auch vermeintlich progressive Kräfte scheinen sich nicht daran zu stören, dass existierende soziale Ungleichheiten durch die Corona-Pandemie massiv verschärft werden. Und so geht es munter weiter. Auf den Finanzmärkten feiern die Reichen, der Dax bricht zum ersten Mal die 15.000er Marke. Unternehmen schütten trotz Pandemie und Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld Dividenden aus und fahren teilweise Rekordgewinne ein. Und diejenigen, die diese Profite erwirtschaften, die Arbeiterinnen und Arbeiter, gehen mal wieder mit leeren Händen aus. Zeit, dass sich das ändert.

#reich(t)füralle. Ein LINKER Haushalt für Hamburg
Mitschnitt der Online-Veranstaltung vom 20.5
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