National- und Ständerat lehnen die Petition «Sterben auf dem Mittelmeer stoppen» ab
Als Mitglied von Schengen/Dublin ist die Schweiz aktiv an der europäischen Migrationspolitik beteiligt. Diese führt dazu, dass Menschen den oftmals tödlich endenden Weg über das Mittelmeer auf sich nehmen müssen, um ihr Recht auf Einreichen eines Asylantrages überhaupt wahrnehmen zu können.
Allein in diesem Jahr sind laut Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR 300 Menschen beim Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, ertrunken. 2019 versuchten gemäss UNHCR 3018 Menschen, Europa von Libyen aus zu erreichen, wurden jedoch wieder dorthin zurückgebracht. Dabei ist allen klar: Menschen, die nach Libyen zurückgeschafft werden, sind schwersten Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt.
Am 7. Januar 2020 haben wir deshalb gemeinsam mit anderen solidarischen Organisationen und fast 25’000 Unterzeichnenden die Petition «Sterben auf dem Mittelmeer stoppen» eingereicht. Die Petition fordert Parlament und Bundesrat auf, umgehend Massnahmen zu treffen, damit Bootsflüchtlinge im Mittelmeer gerettet und aufgenommen werden. So soll sich die Schweiz am Aufbau eines europäisch organisierten und finanzierten Seerettungssystems beteiligen und die rechtlichen Grundlagen für eine rasche und dezentrale Aufnahme in der Schweiz schaffen.
Mitte April erreicht uns nun die Nachricht, dass National- und Ständerat entschieden haben, der Petition keine Folge zu leisten. Insbesondere wird auf eine gesamteuropäische Lösung gepocht, namentlich die Reform des Dublin-Systems, die seit Jahren auf sich warten lässt. Dass während dieser Zeit unzählige Menschen ihr Leben verlieren, wird dadurch und mit voller Absicht völlig ausser Acht gelassen. Ausserdem wird argumentiert, dass sich die Schweiz bereits für den Aufbau von Seenotrettungskapazitäten engagiere. Diese Begründung zielt notabene auf jene Staaten ab, die dafür bekannt sind, systematisch die Menschenrechte und -würde geflüchteter Menschen zu verletzen. Diese «Hilfe vor Ort» soll zynischerweise dazu dienen, Migrationsbewegungen zu verringern.
Trotzdem setzte sich eine Minderheit der National- und Ständerät*innen (u.a. Daniel Jositsch, Samira Marti, Angelo Barrile) dafür ein, dass die Forderungen aufgenommen werden und nicht weggeschaut wird. Sie erkennen das Unrecht an, das diesen Menschen geschieht und betonen den dringlichsten Handlungsbedarf.
Am Ende sind die Argumente einer Mehrheit des Parlaments und des EJDP gegen unsere Petition das traurige Zeugnis einer Migrationspolitik, welche die Verantwortung für Menschenleben an die äussersten Grenzen Europas abschiebt. Zentrales Anliegen einer Mehrheit der Stände- und Nationalrät*innen bleibt es, Migrationsbewegungen zu verhindern. Den Preis dafür zahlen die Menschen, deren Leben auf dem Mittelmeer ein tragisches Ende nimmt. Gegen diesen Missstand wollen und müssen wir weiter ankämpfen!
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