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509  26.8.2024              

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 KOMMENTAR

Zahlen-Salat

Hektische Zeiten. Streit um Zahlen, Daten und Prognosen - und tapfere Gesichter und angestrengte Zuversicht auf beiden Seiten der Auseinandersetzung um die BVG-Reform. Wir erleben einen Abstimmungskampf der Sonderklasse, in dessen Hintergrund nun auch die Abstimmung um die AHV-Reform in Zweifel gezogen wird. Die Altersvorsorge, welche der Gesellschaft Sicherheit und Stabilität verleihen soll, ist zum Zankapfel geworden. Statt Sicherheit zu geben, dominieren Zweifel, Ängste und Misstrauen.

Nebst den absurd voneinander abweichenden Prognosen zum Ausgang der Abstimmung standen in den letzten zwei Wochen die Daten der proparis im Zentrum der Diskussion. Die Zahlen der Vorsorgestiftung des Gewerbes zu den Folgen der Reform für die Versicherten – gedacht für den internen Gebrach - gelangten via Unia und SGB an den Tages-Anzeiger. Sie schienen den Slogan der Reformgegner – mehr bezahlen für tiefere Renten – zu bestätigen.

Einige wenige kritische Stimmen waren zu vernehmen die sagten, die Zahlen seien nicht plausibel. Sie gelangten auch an uns. Und wurden überhört, bis Medienberichte proparis zur Feststellung veranlassten, die Berichte beruhten auf einem falschen Verständnis der Daten. Sie beträfen nicht die ausbezahlten Renten an die Versicherten, sondern die Auswirkungen der Reform für die Kasse unter Berücksichtigung der Kosten.

Wer einen Blick in die proparis-Unterlagen werfen konnte, sie lagen uns vor, musste allerdings ohne Kenntnis der Vorgaben zum Schluss kommen, dass die individuellen Renten gemeint waren. Als Argument für einen Abstimmungskampf wäre allerdings eine genauere Analyse der Zahlen zwingend notwendig gewesen. Der SGB kann deshalb nicht vom Vorwurf entlastet werden, diese missbräuchlich und gegen besseres Wissen im Kampf um Stimmen verwendet zu haben.

Nicht weniger als vier Mitglieder des 16-köpfigen proparis-Stiftungsrats sind externe Vertreter der Unia, darunter als Vizepräsident Aldo Ferrari, der prominent an vorderster Front gegen die Reform kämpft. Er muss gewusst haben, dass die Zahlen, die so viel Aufregung verursachten, falsch interpretiert wurden.

Es war schliesslich der Stiftungsrat, der die Analyse beim PK-Experten in Auftrag gab und die geleakte Power Point-Präsentation ist den Stiftungsräten zweifellos mit allen Details gezeigt und erklärt worden. Dass jetzt der SGB auf naiv macht und die Feinheiten der Daten schlicht nicht erkannt haben will, kann glauben wer will. Es ist jedoch eine arge Zumutung, eigentlich eine Beleidigung der Stimmbürger.

Allerdings haben sich auch die Reform-Befürworter in dieser Sache nicht eben mit Ruhm bekleckert. SGB-Präsident Maillard hat erstmals an der Mitgliederversammlung des Vorsorgeforums Mitte Mai aus seinen Unterlagen vorgelesen, wie gross der Anteil der Versicherten in diversen Gewerbebranchen sein soll, die wegen der Reform mit tieferen Renten rechnen müssten. Das ging von den vielzitieren Coiffeusen, über die Bäcker, Automechaniker und Schreiner bis zu den Malern und weiter. Es waren jeweils 60 bis 80 Prozent. Wie sich später herausstellte: alles proparis-Zahlen. Und bei genauerer Betrachtung sehr zweifelhaft.

Doch niemand hat die Hand hochgehalten und nachgefragt, woher die Daten kämen. Auch der Schreibende als Geschäftsführer des Vorsorgeforums nicht. Nicht der Moderator des Gesprächs und auch nicht der Gegenpart von Maillard an dieser Diskussion, Arbeitgeberpräsident Moser. Und auch der Geschäftsführer der proparis, der unter den Teilnehmern war, meldete sich nicht.

Die Art und Weise, wie Maillard die Zahlen der Versammlung präsentierte, schien diese sprachlos gemacht zu haben – und es war viel kompetente Prominenz anwesend, die eigentlich hätte rebellieren müssen. Oder doch zumindest freundlich ihre Zweifel anmelden. Und der ASIP, der eine spezielle Seite mit einem Faktencheck zur Reform aufgeschaltet hat? Wir haben nichts gefunden.

Die Vorwürfe an die Adresse der Gewerkschaften sind zu relativieren, die Reformunterstützer müssen sich an der eigenen Nase nehmen. Man hat die Auseinandersetzung schlicht verschlafen, ignoriert oder die Falschaussagen gerne hingenommen - wie jener Versammlungsteilnehmer, ein entschiedener Gegner der Reform, der beim Mittagessen flüsterte, der Maillard werde ihm immer sympathischer. Er sah keinerlei Grund, zu intervenieren. Zu gut waren die Argumente gegen die Reform. Zu gut, um wahr zu sein.

Peter Wirth, E-Mail

PS. Der obige Kommentar – m.E. zeitgemäss «ausgewogen» - verdient einen Nachsatz. Die neuen proparis-Zahlen sind für die Reform weniger schlimm, aber auch keine Empfehlung. Wenn z.B. bei einem Einkommen von rund 67'000 p.a. mehr als ein Drittel der Versicherten mit Einbussen rechnen muss, dann wurde ein wichtiges Ziel der Reform verfehlt. Das wäre immer noch ein Argument gegen die Reform. Dem SGB hätte das reichen sollen.

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