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Weltreporter – für Sie vor Ort 

 

LGBTQ – Zwischen Akzeptanz und Verfolgung


Der Newsletter am 15. Februar 2023

 


Editorial


Liebe Leserinnen und Leser, 
 
wenn dieser Newsletter in Ihrer Inbox landet, steige ich gerade aus dem Nachtzug, der mich von London nach Glasgow befördert hat – es ist eine Reise in den keltischen Norden, und in die progressivste Ecke des Vereinigten Königreichs. Insbesondere Bezug auf die LGBTQ-Rechte ist Schottland seit vielen Jahren ein Vorreiter, laut einer Erhebung vom letzten Jahr zählen Glasgow und Edinburgh zu den LGBTQ-freundlichsten Städten in Europa. 
 
Im vergangenen Dezember ging die schottische Regierung noch einen Schritt weiter: Sie erließ ein Gesetz, das es für Transmenschen leichter macht, ihr Geschlecht gesetzlich ändern zu lassen; unter anderem soll das Alter, in dem man sein Gender ändern kann, von 18 auf 16 gesenkt werden. Aber die britische Regierung sagt: Geht nicht. Die Vorlage vertrage sich nicht mit dem Gleichheitsgesetz. Damit hat Westminster im Königreich einen Riesenkrach ausgelöst, der wohl vor Gericht enden wird. 
 
Wie unser umfassender Fokus in diesem Februar zeigt, sorgen die Rechte von LGBTQ-Menschen in vielen Ländern rund um die Welt für Kontroversen. In Kenia und vielen arabischen Ländern werden Homosexuelle stigmatisiert, auch in China ist das Leben für gleichgeschlechtliche Paare schwieriger geworden. Demgegenüber gibt es superliberale Städte, etwa Tel Aviv, wo mehr als ein Drittel der Kinder in Kindergärten gleichgeschlechtliche Eltern haben. 
 
Zudem haben wir in diesem Newsletter allerhand Neuigkeiten aus unserer Weltreporter-Werkstatt. Wir gratulieren Karim El-Gawhary zum Goldenen Ehrenzeichen, und wir freuen uns, eine neue Weltreporterin in Singapur begrüßen zu dürfen: Herzlich willkommen, Christina!
 
Eine gute Lektüre wünscht 
 
Portraitfoto von Peter Stäuber
Peter Stäuber

Weltreporter in London

staeuber@weltreporter.net


WELTREPORTER AT WORK

 

 

Neue Weltreporterin in Singapur: Christina zur Nedden  

Christina zur Nedden in Singapur
Christina in Siem Reap, Kambodscha. Foto: privat

Seit Februar ist Christina zur Nedden neue Weltreporterin in Singapur, wo sie seit Sommer 2021 lebt. Sie ist Asienkorrespondentin der „Welt“, schreibt und fotografiert aber auch für andere Medien über Politik und Gesellschaft in der Region. Ihr Schwerpunkt sind Südostasien und China, über das sie von Singapur aus berichtet. Ihre bisher außergewöhnlichste Reportage fand komplett in der Luft statt, als sie in einem Tankflugzeug der Luftwaffe mit sechs Eurofighter-Jets mitflog. Ihr Politikstudium führte sie nach Hongkong, und ein Teil ihrer Familie lebt in Indonesien: So interessiert sie sich schon lange für Asien. An der London School of Economics absolvierte sie deswegen einen Global Politics Master mit Schwerpunkt China. Ihre erste Reise als Weltreporterin geht im März nach Indien.

Profilfoto Christina zur Nedden
Christina zur Nedden

Weltreporterin in Singapur

zurnedden@weltreporter.net
 

 

„Goldenes Ehrenzeichen“ von Österreich für Weltreporter Karim El-Gawhary

Weltreporter Karim El-Gawhary erhält vom österreichischen Botschafter Georg Stillfried das „Goldene Ehrenzeichen“. Foto: privat
Weltreporter Karim El-Gawhary ist im Januar auf Vorschlag des österreichischen Bundeskanzleramtes und im Namen des Bundespräsidenten das „Goldene Ehrenzeichen“ für seine Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet worden. Verliehen wurde ihm der Orden in einer feierlichen Zeremonie von Österreichs Botschafter in Kairo, Georg Stillfried. Er würdigte die Arbeit des Weltreporters und freien ORF-Korrespondenten in Ägypten als Brücke zwischen der arabischen Welt und Österreich.
Karim El Gawhary

Weltreporter in Kairo

gawhary@weltreporter.net

 

Die Zukunft des Auslandsjournalismus

Christina Schott auf dem Podium am Tag des Auslandsjournalismus
Von links: Deutschlandfunk-Chefin Birgit Wentzien, Weltreporter-Geschäftsführerin Christina Schott und Susanne Glass, stv. Redaktionsleiterin Ausland beim Bayerischen Rundfunk, diskutieren über die Zukunft des Auslandsjournalismus. Foto: Lucia de Paulis
Im Februar hat Journalists Network zum Tag des Auslandsjournalismus bei der Süddeutschen Zeitung in München geladen. Weltreporter-Geschäftsführerin Christina Schott diskutierte zum Thema „Sinkende Budgets, schrumpfende Korrespondentennetze – Auslandsjournalismus unter Druck“ mit Deutschlandfunk-Chefin Birgit Wentzien, Susanne Glass vom Bayerischen Rundfunk und Crowdnewsroom-Direktor Marc Engelhardt, selbst ehemaliger Weltreporter. Was sich ändern muss, damit Auslandsberichterstattung für den Nachwuchs weiterhin interessant bleibt, haben uns anschließend zwei junge Reporter*innen gesagt.
Christina Schott

Weltreporterin in Berlin und Yogyakarta 

schott@weltreporter.net

 

Jahrestag des Angriffs auf die Ukraine: Der Tod ist allgegenwärtig

Paul Flückiger vor dem Tor des Grabsteinmetz in Izmajl. Foto: Paul Flückiger

In der Ukraine ist der Tod seit der russischen Invasion allgegenwärtig. Das Verteidigungsministerium in Kiew veröffentlicht zwar keine Opferzahlen, doch die hohe Sterblichkeit ist in aller Munde. Allein aus dem kleinen Hafenort Reni im Donau-Delta sind seit 24. Februar 2022 vier junge Soldaten gefallen. Nun wurde der Bürgermeister von Reni wegen Korruption festgenommen, weil er 50.000 Dollar angenommen hat. Das stößt auch in der nahen Hafenstadt Izmajl auf Empörung: Die beiden Städte profitieren vom Getreidehandel, der im Krieg über die Donau weit sicherer ist als über das Schwarze Meer. Dies alles erfuhr Weltreporter Paul Flückiger auf seiner jüngsten Reise in die Ukraine. Dorthin reiste er aus Rumänien ein, wo er zuvor für im Zuge der Verhaftung der US-britischen Internet-Celebrity Andrew Tate zum Thema Frauenhandel recherchiert hatte.

Profilbild Paul Flückiger
Paul Flückiger

Weltreporter in Warschau 

flueckiger@weltreporter.net


Vermeer in Amsterdam: Auf den Spuren der „Sphinx von Delft“

Das Cover der Februar-Ausgabe der Kunstzeitschrift „Art“ mit Vermeers „Mädchen mit dem Perlenohrring“. Foto: Art
Anlässlich der spektakulären Vermeer-Ausstellung im Amsterdamer Rijksmuseum ist Kerstin Schweighöfer auf den Spuren der „Sphinx von Delft“ gewandelt, wie der alte Meister auch genannt wird. Wie sah er aus? Hat er tatsächlich eine „camera obscura“ benutzt? Wie kann es sein, dass von Vermeer weder Zeichnungen oder Skizzen noch Vorstudien oder Notizen existieren? Bis zum 4. Juni präsentiert das Rijksmuseum neue Erkenntnisse und zeigt 28 der 37 Werke, die Vermeer zugeschrieben werden. Die Ergebnisse von Schweighöfers Recherche sind in der Februar-Ausgabe der Zeitschrift „Art“ zu lesen.
Kerstin Schweighöfer

Weltreporterin in Den Haag

schweighoefer@weltreporter.net


Auszeit vom Terror: Der nigerianische Journalist Eric Ojo in der Villa Aurora

Interview zwischen Journalisten: Weltreporterin Kerstin Zilm im Gespräch mit Eric Ojo. Foto: privat
Seit 1999 arbeitet Eric Ojo für Medien in Nigeria, dem bevölkerungsreichsten Land Afrikas – unter anderen für den „African Examiner Online“, der als Pionier unter journalistischen Onlineplattformen auf dem Kontinent gilt. Seine Berichte über ethnisch-religiöse Krisen, bewaffnete Konflikte und Terrorismus haben ihn zur Zielscheibe radikaler Gruppen wie Boko Haram gemacht, was ihn psychisch schwer belastet. In der Künstlerresidenz Villa Aurora bei Los Angeles hat Eric Ojo vorübergehend Zuflucht gefunden. Weltreporterin Kerstin Zilm sprach mit dem Journalisten über seine Arbeit und das Leben im Exil, während in seiner Heimat Freunde, Verwandte und Kolleg*innen weiter vom Leid verfolgt sind. Seine Gefühle von Erleichterung und Schuld, Tatendrang und Hilflosigkeit teilt er mit früheren Flüchtenden des Nazi-Regimes, die in der Villa Aurora bei den damaligen Besitzern Lion und Marta Feuchtwanger zusammenkamen.
Portraitfoto von Kerstin Zilm
Kerstin Zilm

Weltreporterin in Los Angeles 

zilm@weltreporter.net



 

FOKUSTHEMA: LGBTQ – zwischen Akzeptanz und Verfolgung


 
Israel/Palästina: Tel Aviv als LGBTQ-Mekka

Gay Pride in Tel Aviv. Foto: Guy Yechiely/ Press City of Tel Aviv
Während es bei der Gay Pride in Jerusalem oft zu heftigen Protesten und Angriffen durch ultraorthodoxe Juden kommt, sieht es nur 60 Kilometer gen Mittelmeer ganz anders aus: Tel Aviv gilt als LGBTQ-Mekka im Nahen Osten.Ein ganzer Strandabschnitt ist schwul, die besten Partys sowieso, 35 (*)Prozent der Kinder in den Kindergärten haben homosexuelle Elternpaare. Nur den Palästinenser*innen stößt das mächtig auf: Sie halten die Regenbogenfahne, die so plakativ über Tel Aviv weht, für „Pinkwashing“. Also die Weichspülung von Besatzung und Konflikt unter der Flagge der aufgeschlossenen Weltstadt. In den palästinensischen Gebieten und arabischen Orten in Israel wiederum gibt es meist wenig Akzeptanz. Viele suchen deshalb in Jaffa Zuflucht: Im ehemals arabischen Teil von Tel Aviv hat sich eine eigene palästinensische LGBTQ-Szene entwickelt.
Agnes Fazekas

Weltreporterin in Tel Aviv 

fazekas@weltreporter.net



China: LGBTQ-Gemeinde immer mehr unter Druck

Impressionen von der Kunst-Ausstellung „From the Community and the Allies“, organisiert von der Shanghai Pride 2020. Foto: Fabian Kretschmer
Für die chinesische LGBTQ-Gemeinde ist das Leben unter Staatschef Xi Jinping deutlich schwieriger geworden. Dabei richtet sich die Überwachung und Kontrollwut der Behörden nicht gezielt gegen sexuelle Minderheiten, sondern gegen praktisch alle zivilgesellschaftlichen Gruppen, die sich außerhalb der kommunistischen Partei organisieren. Während der Pandemie hat sich die Zensur noch einmal deutlich verschärft: Die Regierung ließ alle Online-LGBTQ-Gruppen an chinesischen Universitäten schließen – für viele Heranwachsende ein Schock, da die gemeinsamen Foren und Chat-Räume der einzige Ort waren, um sich unter Gleichgesinnten auszutauschen und Verständnis zu finden. Zumindest in Shanghai herrscht für LGBT nach wie vor eine relativ freie Atmosphäre, auch wenn die Nischen der Subkultur immer kleiner werden. 
Fabian Kretschmer

Weltreporter in Peking 

kretschmer@weltreporter.net



USA: Von Meerjungfrauen und Wassermännern

Vier gut gelaunte Teilnehmerinnen der Meerjungfrauen-Schule. Foto: Brenda Stumpf
Kalifornien ist Vorreiter unter den US-Bundesstaaten in Sachen LGBTQ. 2008 war Gouverneur Gavin Newsom noch Bürgermeister von San Francisco und als solcher Zeremonienmeister der ersten gleichgeschlechtlichen Eheschließungen in den USA. In diesem Jahr unterschrieb Newsom das erste Gesetz eines US-Bundesstaates zum Schutz von Jugendlichen, die sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterziehen möchten – eine Reaktion auf Bundesstaaten wie Alabama, Arkansas und Alabama, die solche Operationen verbieten. Ein immer beliebterer Trend in Kaliforniens LGBTQ-Gemeinde ist das Wasser: Als Meerjungfrauen, Sirenen, Wassermänner oder Meer-Volk bewegen sie sich außerhalb traditioneller Geschlechterzuordnungen. Weltreporterin Kerstin Zilm hat nachgeforscht,wie aus einem Nischenkult eine lukrative Subkultur wurde und mit Schwanzflosse im Pool ihre eigenen Meerjungfrauen-Talente getestet.
Portraitfoto von Kerstin Zilm
Kerstin Zilm

Weltreporterin in Los Angeles 

zilm@weltreporter.net



Kenia: Scheinbare Liberalität

LGBTQ-Flüchtlinge aus Uganda in einem Safehouse in Nairobi. Foto: Bettina Rühl
Angst ist für viele Homosexuelle in Kenia ein alltägliches Gefühl: Angst vor einem Angriff auf der Straße, vor Übergriffen der Polizei, vor strafrechtlicher Verfolgung. In der kenianischen Gesellschaft ist Homosexualität tabuisiert, homosexuelle Handlungen zwischen Männern können mit bis zu 14 Jahren Freiheitsentzug bestraft werden. Allerdings kam es in den vergangenen Jahren nicht zu strafrechtlichen Verurteilungen. Trotz des Verbots gilt Kenia als vergleichsweise liberal: Es ist das einzige Land in der Region, in dem Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Asyl beantragen können. Sicher fühlen sich LGBTQ-Menschen aber auch dort nicht, und das gilt auch für Flüchtlinge, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Asyl bekommen haben. Sie fühlen sich bedroht und verfolgt und fordern immer wieder besseren Schutz. 
Bettina Rühl

Weltreporterin in Nairobi

ruehl@weltreporter.net



Frankreich: Kaum eine Modenschau ohne LGBTQ

In der ersten Reihe: Diverses Publikum bei der Haute Couture Show von Georges Hobeika. Foto: Barbara Markert
Die Modebranche war schon immer eine Industrie, die sehr offen mit Homosexualität umgegangen ist. Viele berühmte Modedesigner*innen sind schwul oder lesbisch – wie John Galliano, Jeremy Scott, Giorgio Armani, Jenna Lyons und viele andere. Jedoch haben die jüngsten Modeschauen in Paris gezeigt, dass die Designer nicht bei der Homosexualität aufhören, sondern offen sind für viele andere Formen der Queer-Bewegung: Noch nie saßen so viele Transsexuelle in der ersten Reihe oder präsentierten Kollektionsmodelle auf dem Laufsteg. Nachdem die Branche jahrelang Vorwürfen ausgesetzt war, vor allem schwarze Models zu benachteiligen, ist sie seit einigen Jahren bemüht, Diversität zu beweisen. Die Integration der LGBTQ-Vertreter*innen ist als Teil dieser Bemühungen zu werten.
Portraitfoto von Barbara Markert
Barbara Markert

Weltreporterin in Paris 

markert@weltreporter.net



Indonesien: Neues Strafgesetzbuch kriminalisiert gleichgeschlechtlichen Sex

Demonstration gegen das neue Strafgesetzbuch in Yogyakarta. Foto: Bambang Muryanto
Das indonesische Parlament hat Ende 2022 ein neues Strafgesetzbuch verabschiedet, nach dem außerehelicher Sex strafbar ist. Indirekt werden damit auch alle Angehörigen der LGBTQ-Community kriminalisiert, denn gleichgeschlechtliche Paare dürfen in Indonesien nicht heiraten. Zum ersten Mal in der Geschichte Indonesiens ist damit einvernehmlicher Sex zwischen gleichgeschlechtlichen Erwachsenen gesetzlich verboten. Für LGBTQ-Aktivist*innen, die seit Jahrzehnten für mehr Rechte kämpfen, ist das ein herber Rückschlag. Obwohl in mehreren Kulturen Indonesiens das „dritte Geschlecht“ traditionell eine wichtige Rolle spielte, sind LGBTQ-Personen zunehmender Diskriminierung ausgesetzt. Zugleich preisen Ärzte und Medien Konversionstherapien an, um Homosexuelle von ihrer „Krankheit" zu „heilen“.
Christina Schott

Weltreporterin in Berlin und Yogyakarta 

schott@weltreporter.net



Brasilien: Wahlerfolg für LGTBQ

Menschenmenge bei der Gay Pride Brasilien
Volle Straßen bei der Pride Parade 2014 in Sao Paulo. Foto: wikimedia. 
Bei den Wahlen 2022 wählten die Brasilianer*innen 19 LGTBQ-Personen: Homosexuelle, Trans- und nicht binäre Personen zogen als nationale und regionale Abgeordnete im Januar ins nationale und regionale Parlamente ein. Mehr als 350 Kandidat*innen hatte sich selbst als LGTBQ geoutet. Die LGTBQ-Gemeinschaft Brasiliens zählt 19 Millionen Menschen, seit 26 Jahren findet in Sao Paulo die größte Gay Pride Parade der Welt statt, zu der zuletzt 1,6 Millionen Menschen anreisten. Der Wahlerfolg strahlt gerade zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine besondere Symbolkraft aus: In den vergangenen vier Jahren polemisierte der ultrarechte Präsident Jair Bolsonaro massiv gegen LGTBQ-Personen, weil sie angeblich „der Familie schadeten“. 2022 wurden 33 Prozent mehr LGBTQ-Personen ermordet als im Vorjahr, darunter vor allem homosexuelle Männer, Transvestiten und Trans-Frauen.
Christine Wollowski

Weltreporterin in Salvador da Bahia 

wollowski@weltreporter.net



Tunesien: Sieg vor Gericht, aber keine Gesetzesänderung

Es ist ein kleiner Sieg für die LGBTQ-Gemeinschaft in Tunesien: Gut sieben Jahre nach Prozessbeginn hat das Kassationsgericht im zentraltunesischen Kairouan im Januar den Prozess gegen einen queeren Aktivisten wegen eines Verfahrensfehlers eingestellt. Zusammen mit fünf anderen jungen Männern, damals alle Studenten, war er im Winter 2015 festgenommen worden. Der Fall sorgte für besonderes Aufsehen, da die Angeklagten in erster Instanz nicht nur zu drei Jahren Haft verurteilt, sondern auch für fünf Jahre aus der Stadt verbannt worden waren – die maximale Strafe für Homosexualität, die auf ein Gesetz aus der französischen Kolonialzeit zurückgeht. Während die fünf anderen Männer im Ausland Asyl erhalten haben, lebt der jetzt Freigesprochene noch in Tunesien. Homosexualität steht dort nach wie vor unter Strafe. 
Sarah Mersch

Weltreporterin in Tunis

mersch@weltreporter.net



Spanien: Knatsch um das neue Trans-Gesetz 

Das katalanische Küstenstädtchen Sitges bei Barcelona gilt als Hochburg der Gay-Community. Foto: deposit/tbtb
Spanien gilt als Vorreiter bei LGBTQ-Rechten. In dem katholisch geprägten Land dürfen gleichgeschlechtliche Paare bereits seit 2005 heiraten und Kinder adoptieren. Barcelona und Madrid zählen laut Pew Research Center zu den schwulenfreundlichsten Metropolen der Welt. Für den jüngsten Vorstoß der Linkskoalition gab es allerdings heftige Kritik: Laut dem Ende 2022 verabschiedeten Trans-Gesetz können Menschen ab 16 Jahren selbst über ihre geschlechtliche Identität entscheiden und den entsprechenden Eintrag im Personenregister ändern – ohne ärztliches oder psychologisches Gutachten. Bisher war neben Gutachten auch eine Hormonbehandlung notwendig. Manche spanischen Feministinnen fürchten, die unbürokratische Regelung könnte die Rechte „biologischer Frauen“ schwächen. 
Portraitfoto von Julia Macher
Julia Macher

Weltreporterin in Barcelona

macher@weltreporter.net



Naher Osten: Queer ist ein absolutes Tabu

Homosexuelle und queere Menschen werden im Nahen und Mittleren Osten stigmatisiert wie niemand sonst. Und zwar fast überall, mit Ausnahme des Libanon, des liberalsten unter den arabischen Ländern. Doch selbst dort erhöht die schiitische Hisbollah den Druck auf die Regierung, Homosexualität zu ahnden. In Ägypten hat die Polizei kürzlich sogenannte Dating Apps durchsucht, um gegen LGBTQ vorzugehen – obwohl es dort kein Gesetz gegen Homosexualität gibt. Recherchen der BBC haben ergeben, dass die Straftat „Ausschweifungen“ dazu benutzt wird, um Schwule, Lesben und Transsexuelle zu kriminalisieren. Auch im Irak werden Homosexuelle verfolgt. So sind vor einigen Jahren über 90 sogenannte Emos, Anhänger einer Jugendbewegung, die als schwul oder lesbisch galten, auf offener Straße brutal erschlagen worden – mit Zementblöcken, Ziegelsteinen und Hämmern.
Portraitfoto von Birgit Svensson
Birgit Svensson

Weltreporterin in Bagdad 

svensson@weltreporter.net



Südafrika: Gesetze allein schützen nicht 

Fotografie von Zanele Muholi im Zeitz MOCAA Museum Kapstadt. Foto: Leonie March
Südafrika gehört zu den Ländern, in denen LGBTQ-Rechte schon vergleichsweise früh gesetzlich verankert wurden. So waren etwa gleichgeschlechtliche Hochzeiten schon ein gutes Jahrzehnt vor Deutschland möglich. Im Gegensatz zu vielen anderen afrikanischen Staaten muss die LGBTQ-Gemeinschaft in Südafrika keine Strafverfolgung befürchten. Alle Bürger haben unabhängig von Gender-Identität oder sexueller Orientierung dieselben Rechte. Dazu kommen Antidiskriminierungsgesetze. Trotzdem gibt es im Alltag immer wieder Anfeindungen und Diskriminierung, Vergewaltigungen und Morde. Die gesellschaftliche Anerkennung hinkt der rechtlichen hinterher, religiöse und kulturelle Stigmata bestehen weiter. Aktivist*innen aus Sport und Kunst wie Caster Semenya oder Zanele Muholi nutzen ihre Prominenz, um auf diese Missstände hinzuweisen. 
Leonie March

Weltreporterin in Durban 

march@weltreporter.net



Weltreporter-Buch: Mit 50 Euro durch..." 

Collage aus Autorenfotos mit dem Buch "Mit 50 Euro durch..." in der Hand und dem Weltreporter-Logo.
Das neue Buch der Weltreporter: "Mit 50 Euro durch..." Auch mit kleinem Budget kommt man in den aufregendsten Städten erstaunlich weit – man muss nur wissen, wohin und wie. Kostenloser Kunstgenuss in New York beim Street-Art-Spaziergang durch Williamsburg? Zum Lunch in Amsterdam die besten Frietjes ohne Touri-Aufschlag? Für 50 Cent mit der Bootsfähre durch Bangkok? Die WeltreporterInnen sind Experten für die Städte, in denen sie leben, und laden die LeserInnen auf Tagestouren ein, die einzigartige Einblicke auch abseits der großen Touristenattraktionen bieten. Collage: ©Christoph Drösser
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